Die Capitana - Roman
Verantwortung trägt, begreift Mika sofort, dass Hipólito der führende Kopf ist. Und dass er gekommen ist, um sie zu überzeugen, bei Insurrexit mitzumachen.
Francisco Rinesi will ihr klarmachen, wie wichtig es für sie ist, dass Frauen sich ihrer Gruppe anschließen: Um ihr Ziel zu erreichen, brauchen sie Frauen, und Pancho: Jedes Frauenherz, das im Kampf für die Gerechtigkeit erobert wird, bedeutet einen großen Schritt nach vorn, denn die Frauen haben großen Einfluss auf die Menschen um sie herum.
»Alles schön und gut«, kontert Mika, »aber ganz verstehe ich euch nicht. Wollt ihr mich wegen meiner Ideen, meines Beitrags zur Gruppe oder weil ich eine Frau bin?«
Francisco verteidigt sich: Natürlich wegen deiner Ideen, und Pancho: er erinnert sich bis heute, mit welcher Überzeugungskraft Mika vor der Versammlung in Rosario gesprochen hat.
»Alles zusammen ist für uns wichtig«, sagt Hipólito. »Dass du mit anpackst, dass wir unsere Gedanken austauschen; und dass du eine Frau bist, warum auch nicht? Du wirst besser als wir die richtigen Worte finden, um weitere Frauen für uns zu gewinnen. Ohne euch sind wir gerade einmal die Hälfte derer, die die Welt ändern wollen, was ein mühseliges Unternehmen ist, aber wenn wir zusammenarbeiten, nicht unmöglich. Findest du es falsch, dass wir dich auch als Frau ansprechen, wenn das Ziel eine gerechte Welt für alle ist?«
Es kann auch ein Mann sein, der die richtigen Worte findet, wie Hipólito gerade bewiesen hat. Mika ist entwaffnet, darauf fällt ihr keine Antwort ein. Er weiß natürlich, dass er ins Schwarze getroffen hat, und redet weiter: Wir stellen uns eine Zeitschrift vor, in der die neuen Gesellschaftsmodelle diskutiert werden, die sich mit dem Land befasst, und mit der Welt. Eine Zeitschrift, die die Studenten aus ihrer Trägheit aufrüttelt, ihnen die Augen öffnet, die sie anregt, nachzudenken, zu handeln, sich einzumischen, sich für die Gesellschaft zu engagieren.
»Interessant«, sagt Mika vorsichtig. »Gut, eines will ich noch wissen: Ihr seid Reformisten, stimmt das?«
»Wir befürworten die Universitätsreform, aber unsere Begeisterung gehört ihr nicht«, sagt Rinesi. »Sie geht nicht weit genug, ist halbherzig.«
»Und innerhalb eines kapitalistischen Systems wie dem unseren: sinnlos«, übertreibt Pancho Piñeiro. »Wir wissen ganz genau, dass eine Reform nichts bringt, solange das System sich nicht ändert. Die Universität, die wir uns vorstellen, ist in dieser Staatsordnung nicht zu verwirklichen.«
»In der Lage, in der wir uns heute befinden, ist die Universität der ideale Ausgangspunkt einer revolutionären Bewegung, da müssen wir mit unserer Arbeit ansetzen«, sagt Hipólito. »Wir haben uns eine Reihe kurzer Texte ausgedacht, die sich an junge Leute richtet: ›Verpasst ihr gerade Ereignisse, die für den Wandel in der Welt verantwortlich sind?‹, ›Wisst ihr, dass die Proletarier die Macht erobern wollen, um vollständige wirtschaftliche Gleichstellung zu erreichen?‹«
»Wir können auch noch deutlicher werden«, regt Pancho an: » ›Glaubt ihr, dass die Studenten im derzeitigen Kampf für eine bessere Gesellschaft Position beziehen?‹ «
»Wir wollen das Bewusstsein dafür wecken, dass die Zukunft von uns abhängt«, erklärt Hipólito ihr mit erhobener Hand, als würde er die Worte in die Luft zeichnen: » ›Mach dich mit den neuen Gesellschaftstheorien vertraut. Denk nach. Mach mit.‹ «
Mika beobachtet seine schlanken, nervösen Hände. Und sie hört auf seine Stimme, die ernst und ruhig klingt, energisch und sanft, und sieht die jungen Studenten vor sich, all die zukünftigen Ärzte, Anwälte, Ingenieure, Philosophen, die aus ihrem bürgerlichen Phlegma erwachen, in Politik und Gesellschaft mitreden wollen, sich organisieren. Und gemeinsam mit den Arbeitern auf die Straße gehen.
»So wie Louise Michel damals in Paris«, begeistert sich Mika. »Ich bin bei einer Gruppe Mitglied, die nach ihr benannt ist«, klärt sie Hipólito auf, denn die anderen wissen es schon. »Anarchistische, frei denkende Frauen.«
Hipólito weiß, wer Louise Michel ist. Er hat das Buch von Marx, Engels’ Vorwort und Lissagarays Geschichte der Pariser Kommune gelesen und eingehend studiert, denn obwohl das Experiment nur von kurzer Dauer war und in einer Tragödie endete, ist es ein erwägenswertes Vorbild. Sie müssten sich organisieren wie die Pariser 1871, schwärmt Hipólito, alle zusammen, Arbeiter, Akademiker,
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