Die Capitana - Roman
Sie wollte nicht, dass ihre Männer von den Beschimpfungen der Kommunistischen Partei demoralisiert würden.
Eine Mischung verschiedener Gerüche schlug ihr entgegen, als sie die Küche betrat. Geröstetes Brot, ranzige Butter und Feuerholz überlagerten den Raubtierkäfiggestank. Es war ihre letzte Nacht in diesem Küchenquartier mit dem schlammigen Boden, mitten auf dem Feld. Ja, sie würde es vermissen. Sie zog sich die Stiefel aus und hielt ihre Füße ans Feuer.
»Oberst Ojeda ist draußen, mit einem Ausländer«, meldete ihr Corneta, »willst du rausgehen oder soll ich sie reinbitten?«
Die Küche war die Privatsphäre ihrer Milizionäre, hier hatte der Kommandant nichts zu suchen. Sie zog sich die Stiefel an und ging raus.
»Ich darf Ihnen Roger Klein vorstellen, Capitana. Er schreibt für eine französische Zeitung über unseren Krieg.«
Der große, gut aussehende Mann mit dem durchdringenden Blick reichte ihr die Hand.
»Wie lange wollen die Franzosen von der Volksfront eigentlich noch mit den Händen im Schoß dem spanischen Volk beim Kämpfen zusehen?«, griff Mika ihn an. »Warum schicken sie keine Waffen, um den Faschismus zu bekämpfen? Sie kommen, um uns beim Krieg führen zuzuschauen, wie in einer Stierkampfarena.«
Es war nicht seine Entscheidung gewesen, den spanischen Arbeitern die Unterstützung zu versagen, sagte der Journalist mild, und Mika wusste, dass er recht hatte, es war nicht seine Schuld, niemand trug Schuld für das Verbrechen, das die sogenannten demokratischen Staaten mit ihrer Nichteinmischung begingen, aber sie war in Rage und konnte nicht mehr zurück: Was wollte er? Eine hübsche, vielleicht sogar anteilnehmende Chronik über Pineda de Húmera schreiben, voller gutem Willen, über eine Handvoll Milizionäre, die vier Wochen lang in Pineda de Húmera saßen und nur mit Dynamit und Granaten den Maschinengewehren der Faschisten standgehalten haben?
Roger Klein schien ihr ihre Aggressivität nicht übel zu nehmen. Er wollte nur mit ihr reden, hören, was immer Mika ihm zu erzählen hätte, er sah ein, dass das kein passender Moment war, darum lud er sie für den nächsten Abend zum Essen ein, in Madrid ins Hotel Gran Vía, wo er wohnte, es wäre ihm eine Ehre. Bedauerlicherweise, fügte er schelmisch an, konnte er Frankreich und England nicht dazu bewegen, für die spanische Revolution das zu tun, was die europäischen Faschisten für die spanischen Faschisten taten, er konnte nur eines, schreiben, so gut wie möglich, über ihre Lage an der Front. Eine nette Unterhaltung, warmes Essen, ein guter Wein.
»Vielleicht.« Zu einem Lächeln konnte sie sich nicht durchringen, aber ihre anfängliche Feindseligkeit war gewichen. »Vielleicht, wenn ich nach dem Baden und Schlafen Lust auf Gesellschaft habe, komme ich ins Hotel, gegen neun. Aber es ist nicht sicher.«
Nichts ist sicher, dachte Mika am nächsten Morgen, als sie aufbrachen, noch nicht einmal, dass diese dezimierte Kolonne des POUM , die unter ihrem Befehl stand, zurück an die Front kommen würde. Man beglückwünschte die Truppe zu ihrem heldenhaften Einsatz. Corneta nahm Haltung an und reckte sich, um größer auszusehen, als man sie mit der Internationale verabschiedete. Auch Mika war stolz.
24. Kapitel
Madrid, Januar 1937
Nach dem reichhaltigen Essen, mit dem Bernardo sie im Quartier in der Calle Serrano empfangen hatte, dem benebelnden Wein und Cognac, fiel Mika in ihren Kleidern auf das weiche Bett. Wie müde sie war! Die unangenehme Begegnung mit den jungen Leuten der Sozialistischen Jugendorganisation JSU hatte ihr den Rest gegeben. Sie würde schlafen bis in den nächsten Tag, in die nächste Woche, den nächsten Monat hinein. Aber um acht wachte sie auf. Neun Uhr, hatte sie dem französischen Journalisten gesagt, und obwohl sie ein paar Stunden zuvor entschieden hatte, nicht hinzugehen, sagte ihr Bauch ihr etwas anderes. Sie hatte Lust, Abend essen zu gehen und sich mit diesem Herrn zu unterhalten.
Zu baden in warmem Wasser und mit Seife, sich mit einem weichen Handtuch abzutrocknen, mit der Bürste durch die nassen, sauberen Haare zu fahren, das waren Freuden, die sie in den klammen Schützengräben und dem stinkenden Küchen-Quartier vergessen hatte.
Sie hätte sich gern ein Kleid angezogen, normale Kleidung für ein normales Leben, aber nein: die blaue Skihose und den neuen Winterumhang. Sie besaß keinen Damenmantel, aber immerhin den Lippenstift, den Katja Landau ihr in Paris geschenkt hatte. Sie
Weitere Kostenlose Bücher