Die Capitana - Roman
schminkte sich, ohne dafür in den Spiegel zu sehen, und schlang den Umhang um sich, der ihr bis zu den Knöcheln reichte.
Im Flur traf sie Corneta: Bist du hübsch, du siehst aus wie meine Mutter.
»Wie elegant«, rief der Chuni. »Darf man den Anlass erfahren, für den du dich so zurechtgemacht hast?«
Die Capitana muss keine Rechenschaft ablegen, wies Valerio ihn zurecht, obwohl sein gespannt auf Mika gerichteter Blick etwas anderes sagte.
»Ich werde mit dem französischen Journalisten über unseren Krieg reden. Im Hotel Gran Vía.«
»Sag ihm, dass wir den Franquisten Beine gemacht haben.«
»Und dass wir keine Verräter sind«, kam es nun auch von Corneta, »und auch keine … Konter … Konterrevolutionäre.«
Wie rührend er war, Mika musste sich sehr zusammennehmen, um ihn nicht zu umarmen: Lass das mit den komplizierten Wörtern, Corneta, gib mir lieber einen Kuss, ich muss los.
Corneta war zugegen gewesen, als der Sprecher der JSU am Morgen Mika angegriffen hatte.
Die vier jungen Männer der Sozialistischen Jugend waren seit Sigüenza in der Kolonne des POUM mit dabei, doch kaum kamen sie nach Madrid, kehrten sie ihnen auf Befehl ihrer Anführer den Rücken: der POUM ist trotzkistisch, und Trotzki ein Konterrevolutionär, ein Verräter, die Anhänger Trotzkis sind Verräter, betete der Verantwortliche seine auswendig gelernte Lektion herunter.
»Verräter?« Sie schäumte fast vor Wut. »Verräter nennt ihr die Männer, die mit euch gekämpft haben?«
Daraufhin der junge Mann mit erschütternder Naivität: Komm doch auch zu uns, unsere Anführer haben nichts dagegen, du behältst auch deinen Grad als Capitana, wenn du nicht noch aufsteigst, denn das hättest du dir verdient.
Was ihnen sagen, dass sie sich irrten, dass es zwischen der Führung des POUM und Trotzki Spannungen gab, vor allem seit dieser ihren Anführer, Andreu Nin, ernsthaft in Frage stellte, weil er der katalanischen Regierung, der Generalitat, angehörte. Doch diese Zwistigkeiten waren nicht ihr Hauptproblem, der Feind war nicht Trotzki, auch nicht diese jungen Leute der JSU , noch nicht einmal die Kommunistische Partei, Mika wollte keinen Streit, auch nicht das rechte Maß verlieren, der Krieg richtete sich gegen den Faschismus.
»Ich bleibe, Compañeros, und erzählt euren Anführern, wie mutig die Milizionäre des POUM gekämpft haben, ihr wart doch bei der Belagerung von Sigüenza dabei, und auch, als man uns zu Ehren für unseren Einsatz in der Schlacht von Moncloa, in Pineda de Húmera die Internationale gespielt hat, oder nicht?«
Nichts zu wollen, sie waren hörig, und Mika wollte sie auch nicht verletzen: alles Gute, wünschte sie ihnen zum Abschied.
Corneta hatte Mikas Hand mit der seinen gesucht und gab ihr jetzt ganz selbstverständlich einen Kuss.
Ein Geschütz donnerte, der Himmel entzündete sich, die Straßen wie aufgerissene Wunden, vorüberhuschende Schatten, in der Ferne das Knattern von Maschinengewehren, Stimmen, erstickte Schreie. Das war das nächtliche, von Franquisten belagerte Madrid, das Mika auf ihrem Weg zum Hotel Gran Vía durchqueren musste. Sie war wie benommen von dieser anderen Welt, sanfte Lichter, weiße Tischendecken, Geschirrklappern, Kellner, Gläser, Menschen, die an Tischen saßen und sich unterhielten, Zivilisten, Offiziere, Milizionäre.
»Ich dachte nicht, dass du kommen würdest«, Roger Kleins warme Hand, die die ihre drückte, sein offenherziges Lächeln. »Was für eine Freude, dich zu sehen.«
Sie fand nichts dabei, dass er sie duzte, auch wenn Klein nicht an der Front stand, war er doch im weiteren Sinn ein Kamerad dieses Krieges, der sie alle zusammenrücken ließ.
Mika zog die Blicke auf sich, sie hätte die Abzeichen von ihrem Mantel abnehmen sollen, sagte sie leise zu Roger Klein, bestimmt dachte man über sie, sie ist so eine nichtsnutzige Capitana, die vor allem ihre Sterne stolz durch die Stadt trug. Nein, man sah ihrem Gesicht an, dass sie von der Front kam, ihre rissige Haut, ihr überlegenes Auftreten, dieser Stolz derer, die kämpfen. Und dabei sah man auch ihm an, dass er stolz war. Stolz auf sie, auf sie alle, die sich einsetzten. Sie war angetan von dem französischen Journalisten.
Gegrilltes Fleisch, Tortilla, zuckersüßer Kuchen und ein alter Rioja. Draußen, der Krieg.
Dieser Krieg, der mit seiner neuerlichen Wendung den revolutionären Schwung der ersten Zeit auszubremsen drohte. Mika pflichtete Roger Klein bei, dass vor den Lieferungen der russischen
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