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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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dass alle Leute des POUM Verräter sind? Sie wird doch diesem Russen, Kozlov, nicht allzu ergeben an den Lippen gehangen haben? Mit ihrer Gastfreundschaft nicht vielleicht etwas zu weit gegangen sein?
    An diesem Punkt angelangt, vollzieht sie einen Strategiewechsel: Sie hat ihm nur diesen Rat gegeben, weil sie ihn liebt, Augusto, es war nur gut gemeint. Verletzt schluchzend wendet sie sich von ihm ab, legt mit jedem Schritt mehr Inbrunst in ihr Leid.
    Mit Erfolg. Augusto hält sie zurück, umarmt sie. Wir wollen doch nicht streiten, meine Liebste, nein, wir wollen uns nicht zanken, sagt sie unter Schluchzen, ich liebe dich sehr, ich auch. Er hält sie von sich weg, um ihr in die Augen zu sehen: Aber damit das klar ist, Ethelvina, was du da gerade über den POUM gesagt hast, ist großer Blödsinn.
    Und wie um das zu besiegeln, nimmt Augusto Ramírez Papier und Federkiel und schreibt seinen Vorschlag nieder: An die zweite Kompanie des POUM ergeht das Angebot, sich in die 38. Brigade einzugliedern. Wenn sie einverstanden sind, holen sie sie heute Abend in ihrem Quartier ab.
    »Hauptmann González«, ruft Oberst Ramírez. »Bringen Sie diese Nachricht in das Quartier in der Calle Serrano.«
    Zwei Stunden waren sie gelaufen. An einem Kloster machten sie halt. Vor dem Tor warteten eine Reihe Lastwagen auf sie, in einigen von ihnen saßen bereits Milizionäre. Mikas Laterne, winzig wie ein Glühwürmchen, funkelte in der Nacht. Álvarez, hier, Antolano, hier, sie ging die ganze Liste durch, bevor sie auf die Lastwagen stiegen.
    »Es ist eine Frau!«, rief ein Milizionär, der sich der Gruppe näherte. »Kommt, schaut her, eine Capitana.«
    Und der andere, neben ihm: Ihr steht unter dem Befehl einer Frau?
    »Ja, und das ist uns eine Ehre«, antwortete der Chuni nervös. »Unsere Capitana kann man nicht so leicht an den Eiern packen, sie hat mehr Schneid als ihr alle zusammen. Wollt ihr noch mehr wissen?«
    »Schon gut, Chuni«, sagte Mika. »Der Compañero hat dich nur gefragt …«
    Der Milizionär unterbrach: Er wollte in keiner Weise respektlos sein, Ehrenwort, er war nur überrascht.
    Unbehagen. Ihre Milizionäre hatten sie akzeptiert und waren sogar stolz auf sie, aber aus den Worten des Chuni hörte man die Verunsicherung heraus, in den Kampfeinheiten hatten sonst nur Männer das Sagen.
    »Diese Frau ist wie ein Mann«, hörte sie José Manuel sagen.
    Welch ein Lob. Mika ballte die Fäuste in den Taschen, sie durfte es sich nicht erlauben, dass die Wut mit ihr durchging. Sie hätte ihm gern gesagt, dass sie lieber hören würde: »Diese Frau ist wie eine Frau«, und nicht »wie ein Mann«. Aber das war jetzt fehl am Platz und auch nicht der Moment, um ein Grundsatzgespräch über die Unterschiede zwischen Mann und Frau und ihre Rollen in der Gesellschaft zu führen.
    Das Unbehagen war kaum zu ertragen. Und als sie an ihrem Ziel ankamen, hieb Kommandant Barros mit seinem Vorschlag in dieselbe Kerbe: Sie soll ihre Kolonne einem anderen Befehlshaber unterstellen und ihm zur Seite stehen, er würde sie zur Hilfs-Capitana ernennen.
    »Eine Beförderung?«, fragte Mika schnippisch, sie explodierte fast. »Vergessen Sie es.«
    Aber nicht sie befehligte dieses Bataillon, sondern Barros, der eine ordentliche Militärlaufbahn absolviert hatte. Entweder nahm sie den Vorschlag an oder sie musste gehen und sich aus dem Krieg zurückziehen. Und das kam nicht in Frage, niemals. Sie schluckte schwer, bemühte sich, so liebenswürdig wie möglich zu klingen.
    »Verzeihung, compañero comandante . Noch einmal von vorn. Ich will nur verstehen: Wenn Sie mich beiseiteschaffen wollen, weil die anderen Befehlshaber ein Problem damit haben, dass ich eine Frau bin, dann brauchen Sie mich nicht mit einer Position zu entschädigen, die nach viel klingt und wenig Handlungsspielraum lässt.« Sie wollte sich zusammennehmen, aber die Wut kochte in ihr hoch. »Gern reihe ich mich wieder in meine Kolonne als Kämpferin ein und bitte einen Compañero, die Befehlsgewalt zu übernehmen, das ist mir lieber als ein reiner Verwaltungsposten mit einer hochgestochenen Bezeichnung.«
    Der Mann mit gelblicher Gesichtsfarbe sah sie ernst an. Er sprach langsam, als würde sich eine große Müdigkeit seiner bemächtigen. Seine Worte waren klar:
    »Sie irren sich in zweifacher Weise: Weder ist der Posten ein reiner Verwaltungsposten, noch hat das Entstehen dieses Problems damit zu tun, dass Sie eine Frau sind. Ich möchte mit diesem Posten eine Verbindung zwischen

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