Die Capitana - Roman
Brigade. Du wirst dein Ansehen verlieren, deine Macht einbüßen.«
»Es reicht.« Mit hochrotem Gesicht kommt er auf sie zu, doch er bremst sich. »Es reicht.«
»Es reicht«, sagte Mika zu Ramón. »Sei still.«
Sie durfte nicht dulden, dass Ramón weiter so gegen Ramírez stänkerte: Was dieser Kerl sich überhaupt einbildet, mit einer Frau an der Front anzutanzen, Befehlshaber einer Brigade hin oder her, und dann ist sie noch nicht einmal seine Frau, sondern seine Geliebte, und wie dieses Weib sich aufführt, unglaublich.
Vielleicht ist Ramírez krank und braucht deshalb eine Frau bei sich, wandte Mika ein, aber Ramón schimpfte und schimpfte in einem fort. Die Sache machte ihr zu schaffen. Sie kam aus dem Haus des Befehlshabers der 38. Brigade und wurde von einem Milizionär in den Klatsch über dessen Lebenswandel hineingezogen. Nein, dem musste sie einen Riegel vorschieben.
»Es reicht.«
Auch wenn Mika sich kein Urteil erlauben wollte, war sie doch kurzzeitig befremdet, wie gemütlich es in Ramírez’ Landhaus war, das war unsensibel, eine unschöne Geste gegenüber den vielen Kämpfern, die unter der Kälte, Hunger, Krankheiten, den Läusen litten und nicht das Privileg genossen, mit ihrer Frau zusammensein zu dürfen.
Bedauerlich, sie mochte Ramírez, wenn sie über diese Frau hinwegsah – wie sie es fast den ganzen Abend getan hatte –, sie konnte gut mit ihm reden, so gut, dass Mika sich erlaubt hatte, ihn auf die Eroberung des Cerro de Ávila anzusprechen.
»Sie wissen, dass durch zu viel Gerede zum falschen Zeitpunkt schon große Katastrophen hervorgerufen wurden«, antwortete er ihr sehr freundlich, voller Verständnis. »Man muss vorsichtig sein.«
Sie fragte auch am nächsten Tag Cipriano Mera, als sie mit Corneta, unter dem Vorwand, sie würde eine Nachricht von Barros überbringen, nach Puerta de Hierro ging.
»Was hast du, Mika, vertraust du uns nicht?«
»Nicht so ganz«, scherzte sie, obwohl etwas Wahres daran war.
»Ich weiß nicht, wann der Kampf losgeht.«
»Auch wenn du es wüsstest, würdest du es mir nicht sagen. Aber ich habe ja auch nichts mehr zu melden, als Hilfs-Capitana«, bemerkte sie ironisch.
Mika vertraute Cipriano Mera, dem Anführer der CNT , der jetzt Kommandant war und den kompromisslosen und strengen Anarchismus verkörperte, dem auch sie in jungen Jahren angehangen hatte. Sie bewunderte ihn.
»Gib zu, dass du mit dem Kommunismus nie so richtig warm geworden bist«, sagte Mera zu ihr, »tief drinnen bist du immer noch Anarchistin.«
Danach zu urteilen, wie sie sich gegen auferlegte Hierarchien sträubte und den Grundsatz der Gleichheit hochhielt, war sie noch immer Anarchistin. Wie schwer fiel es ihr, einfach die Befehle des Kommandanten ihres Bataillons zu befolgen, immer musste sie ihre Meinung vorbringen, diskutieren, sich in alles einmischen.
Dann fragte Mera sie, mit gesenkter Stimme, damit Corneta nicht mithören konnte, ob sie noch keine Probleme im Bataillon hatten, weil sie vom POUM waren.
»Du kannst vor Corneta offen reden, er ist einer von uns.«
»Ach ja?«, bemerkte Mera interessiert.
»Ich bin beim POUM «, sagte Corneta stolz.
Cipriano war sehr in Sorge, weil die Kommunistische Partei die Behauptung verbreitete, der POUM wäre konterrevolutionär, und die Regierung tat wenig, um das zu verhindern, diese Arschlöcher, mehrere ranghohe Militärs hatten es schon nachgeplappert, einige aus Unbesonnenheit, andere glaubten es wirklich. Seiner Organisation brauchten sie mit ihrer Kampagne gegen den POUM nicht zu kommen, die mächtige CNT war für den Krieg unverzichtbar.
Mika wollte nicht weiter darüber reden, um nicht noch bedrückter zu werden, ausgerechnet jetzt, da der Kampf bevorstand.
Niemand hatte es ihr bestätigt, aber sie verließ Puerta de Hierro mit dem Gedanken, dass es zum Kampfeinsatz nicht mehr lang hin sein konnte. Auch Corneta war das Warten leid: Leihst du mir deinen Karabiner für die Schlacht? Der Junge konnte es nicht erwarten zu kämpfen.
Ethelvina López Maló, Ramírez’ Gefährtin, und Andrei Kozlov, der sowjetische Berater, durften nicht das Risiko eingehen, in einem Café in Madrid zusammen gesehen zu werden. In diesen Zeiten durfte man auf keinen Fall unvorsichtig sein. Andrei hatte ihr das letzte Mal, als er bei ihr war, eine Telefonnummer gegeben, die sollte sie anrufen, wenn sie reden wollte, er könnte sie in seinem Büro empfangen, dort waren sie vor unerwünschten Blicken sicher.
Nicht der Streit mit
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