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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Schmiede, vermutete ich und überlegte
müßig, wie die richtige Bezeichnung dafür
lautete. Die wenigen Erwachsenen waren mehr als nur ein wenig
unkooperativ, ignorierten demonstrativ meine Anwesenheit und
zerrten die zutraulicheren Kinder weg. Ich ließ das
Gepäck im Kofferraum – es konnte wie ein scharfer
Wachhund selbst auf sich aufpassen –, vergewisserte mich
jedoch, dass das Pistolenhalfter deutlich zu sehen war, als ich
mich dem Tor näherte.
    Das aus massivem geöltem Holz erbaute Tor war bloß
angelehnt und sollte offenbar vor allem Tiere fern halten, die
weniger intelligent waren als ein Hund. Ich schloss es hinter mir
und schritt über einen zehn Meter langen mit Steinplatten
gepflasterten Weg zum Haupteingang. Beiderseits des Weges lagen
Gemüsegärten, die einzelnen Parzellen mit gespannten
Schnüren abgetrennt und säuberlich beschriftet. Ein
junger Mann, der auf einem alten Sack kniete und in der Erde
herumstocherte, sah gleichgültig zu mir auf.
    Den alten Namen auf der Betontafel über der
Schwingtür des Eingangs hatte man weggemeißelt und
einen neuen angebracht, verziert mit jeder Menge Blätter,
Hämmer, Sicheln und Glasornamenten, die diesen notwendigen
Akt des Vandalismus kaschieren sollten. Die Fenster im
Erdgeschoss waren kaum breiter als Schießscharten; auf den
anderen Stockwerken waren sie größer. Als ich
hochschaute, bemerkte ich, dass mehrere Scheiben schon vor so
langer Zeit geborsten waren, dass sich entlang der Zickzackrisse
Grünalgen oder Moos angesiedelt hatten. Zähes Glas. Die
Wände waren natürlich mit Efeu bedeckt.
    Ich drückte die Tür auf, die sich auf ein breites
Foyer mit zwei Steintreppen rechts und links öffnete. In der
Mitte war eine breite U-förmige Holzbarriere, hinter der ein
junger Mann Pfeife rauchend in einem Buch las. Sonst war niemand
zu sehen, wenngleich aus anderen Gebäudeteilen
Stimmengemurmel und Maschinengesumm herüberdrang. Es roch
stark nach Erdöl, das wohl entweder als Schmiermittel oder
zum Kochen verwendet wurde. Das Licht fiel ein durch die
Tür, über die Treppenaufgänge und durch eine sehr
helle Röhre oberhalb des sitzenden Mannes. (»Ich bin
noch nie einem NiKo begegnet«, hatte Suze gesagt,
»der sich zu schade gewesen wäre, Strom zu erzeugen
oder ihn zu stehlen, wenn er zu arm dazu war.«)
    Als die Tür hinter mir zurückschwang, schaute der
Mann hoch, legte beiläufig die Pfeife weg und hielt die Hand
hinter der Theke versteckt. Er beäugte mich misstrauisch,
als ich mich ihm näherte. Er hatte ein schmales Gesicht und
einen schmalen Bart und trug ein selbst gewebtes
Baumwollhemd.
    »Guten Tag, Lady«, sagte er.
    »Guten Tag, Sir«, erwiderte ich nicht minder
förmlich. »Könnte ich Dr. Malley
sprechen?«
    Er musterte mich abweisend. »Das geht leider
nicht«, sagte er. Die Muskeln seines rechten Arms spannten
sich an.
    »Wenn er beschäftigt ist, kann ich warten«,
meinte ich und blickte mich nach einer Sitzgelegenheit um.
    »Das ist nicht der Grund«, sagte er. »Warten
würde Ihnen nichts nützen. Dr. Malley will niemanden
mehr von Ihnen empfangen.«
    »Wen meinen Sie damit?«
    Er wandte den Blick ab, dann musterte er mich
herausfordernd.
    »Raumleute.«
    Aha.
    »Jetzt hören Sie mir mal zu, junger Mann«,
sagte ich. »Ich habe einen weiten Weg zurückgelegt, um
mit Dr. Malley zu sprechen. Einen weiteren Weg, als Sie meinen.
Und ich werde mich weder von Ihnen noch von der lächerlichen
Waffe, die Sie in der Hand halten, daran hindern lassen. Es
braucht Übung, um die zu benutzen, und darin habe ich einen
Vorsprung von zweihundert Jahren.«
    Er zog die Hand verlegen zurück.
    »Und jetzt«, sagte ich höflich,
»möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie mich zu
ihm führen wollen.«
    Er ging mir mürrisch voran, zwei Treppenabsätze hoch
und dann durch einen düsteren Gang bis zu einer Tür,
auf deren bronzenem Namensschild (umrahmt von weiteren
Laubschnörkeln, aus denen die Antiqualettern wie Ruinen
aufragten) der Name Dr. I. K. Malley stand.
    »Anklopfen und eintreten«, befahl ich leise, und
er gehorchte. Ich folgte ihm in ein kleines Büro mit einem
breiten Fenster, dessen alte, dicke Glasscheibe den Blick nach
draußen verzerrte. Die Holzregale an den Wänden bogen
sich unter der Last der Bücher und Papiere, die auch einen
Teil des Bodens bedeckten. Es roch nach altem Papier, modrigem
Teppich, Pfeifenrauch, Whisky und Schweiß. Es gab zwei
Stühle,

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