Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
jemanden im Voraus
verwarnte, davon hatte ich noch nicht gehört. Dies erschien
mir ziemlich illiberal.
    »Übermäßiger Eifer«,
überlegte ich laut; teilweise war es auch ein Bluff.
»Ich werde mich drum kümmern. Aber ich versichere
Ihnen, dass die Division nichts damit zu tun hat. Wir
möchten Ihnen einen ganz anderen Vorschlag
unterbreiten.«
    »Ja«, seufzte er. »Das glaube ich wohl.
Harter Cop, weicher Cop.«
    War das möglich? Die Vorstellung, dass jemand von der
Division oder aus dem Apparat der Solaren Verteidigung in meiner
Mission herumpfuschte, erboste mich so sehr, dass ich
vorübergehend und zu meinem Glück sprachlos war. Nach
einer Weile beruhigte ich mich wieder: ich mochte zwar im
Hinblick auf Verschwörungen aus der Übung sein, doch
für meine Selbstbeherrschung galt das nicht.
    »Davon weiß ich nichts«, sagte ich.
    »Also, was wollen Sie von mir?«
    »Dr. Malley«, sagte ich lächelnd,
»wissen Sie, wie die Menschen auf der anderen Seite, von
denen Wilde uns berichtet hat, das Wurmloch nennen? Sie nennen es
Malley Mile.«
    »Ich habe die Aufzeichnungen gesehen«, erwiderte
Malley trocken. »Schmeichelhaft, nicht wahr?«
    Darauf hatte ich gehofft. Es war an der Zeit, ein bisschen
nachzulegen.
    »Wir befinden uns in einer Lage, die es dringend
erforderlich macht, das Wurmloch zu verstehen. Und Sie sind als
Einziger dazu imstande. Möchten Sie mich zum Jupiter
begleiten und ernsthafte Physik betreiben?«
    Malley hatte gerade Whisky im Mund und verschluckte sich
daran. Er spuckte, hustete, dann lehnte er sich lachend
zurück.
    »So weit ist es also gekommen! Dreißig Milliarden
Menschen leben in Eurem Utopia, und Ihr müsst ausgerechnet
zu mir kommen! Ihr seid wirklich eine
Enttäuschung!«
    Ich lächelte. »Ich weiß, was Sie meinen, Dr.
Malley. Und ich glaube, was wir vorhaben, könnte diesen
Zustand auf lange Sicht ändern. Mehr möchte ich im
Moment nicht sagen.«
    Er stützte das Kinn auf die gefalteten Hände und sah
mich an.
    »Hm«, machte er. »Interessant. Das nannte
man früher ein Wolff-Gambit.«
    Ich hob die Brauen; er zuckte die Achseln. »Schlagen
Sie’s nach.« (Was ich nie tat.) »Aber Sie
kommen zu spät«, fuhr er fort. Er schenkte sich Whisky
nach und prostete mir ironisch zu.
    »Auf den genialen Wissenschaftler Isambard Kingdom
Malley.« Er leerte das Glas und setzte es hart auf den
Tisch. »Und auf das, was verloren ist. Und auf das
fortschreitende Alter und die Korrumpierung der
Jugend.«
    »Nein!« Ich erhob mich. »Sie irren sich! Das
sind bloße Symptome. Ihr wirkliches Problem ist Folgendes:
Sie haben die schönste und erfolgreichste physikalische
Theorie ausgearbeitet, die je ein Mensch entwickelt hat, und dann
haben übermenschliche Wesen sie benutzt, angewendet,
über ihre Grenzen hinausgeführt und schließlich widerlegt! Und Sie sind nie über den Verdacht
hinweggekommen, dass Sie ihre menschlichen Beschränkungen
überschreiten müssten, um Ihre Theorie auszuweiten.
Denn dazu sind Sie nicht imstande!«
    »Richtig«, sagte er. Er schenkte sich erneut nach.
»Und daran seid Ihr schuld!«
    »Wir?«, sagte ich, verletzt von der ungerechten
Unterstellung.
    »Ja, Ihr mit Eurer Behinderung der Raumfahrt- und der
Computertechnik, Ihr mit Eurem endlosen kalten Krieg gegen die
Jupiteraner. Die Cassini-Division schiebt dort draußen eine
echt ruhige Kugel, während der Rest der Menschheit mit einer
Art von statischem Komfort abgespeist wird. Eingeschränkt,
ohne es zu bemerken, auf Rationen gesetzt, ohne sich bewusst zu
werden, was ihr fehlt. Die Rationen sind großzügig,
das gebe ich zu, aber was Ihr mit dem großen Wort
Solarunion belegt, ist in Wirklichkeit das zivile Hinterland
einer Kriegswirtschaft.«
    Das war so lächerlich, dass man darüber nicht
streiten konnte.
    »Glauben Sie, was Sie wollen«, sagte ich.
»Aber weshalb begleiten Sie mich nicht und schauen sich
selber mal um?«
    Malley holte ein Taschenmesser hervor, klappte einen
gelblichen Dorn aus und stocherte damit im Pfeifenkopf herum. Ich
wandte den Blick ab. Das Feuerzeug klickte, dann wurde der
mittlerweile vertraute Geruch von brennendem getrocknetem
Tabakkraut erneut aufgefrischt.
    »Verlockend ist es schon«, räumte Malley ein.
»Ehrlich gesagt würde ich das Tor – das Malley
Mile, haha! – schon gern einmal aus der Nähe sehen.
Ich würde mit Freuden einen Weg zu der von Wilde
erwähnten Welt finden, die mir interessanter zu

Weitere Kostenlose Bücher