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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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können, dass die vorherrschende Ideologie der NiKos ein
vollkommen paranoides System voller Selbsttäuschungen
war.
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Malley. Er
hatte sich wieder einigermaßen in der Gewalt. »Aber
ich bezweifle doch sehr, dass sie das in einer halben Stunde
bewerkstelligen könnten.«
    Der hoch gewachsene Mann wirkte ganze zwei Sekunden lang
konsterniert.
    »Also gut«, sagte er mit unwiderlegbarer Logik,
»dann hat sie Ihnen also gedroht. Damit, dass sie das Dorf
auslöschen würden oder etwas in der Art. Sie
können es uns ruhig sagen, Dr. Malley! Wir haben keine Angst
vor denen!«
    »Ich versichere Euch…« setzte Malley an,
doch ich wusste, es hatte keinen Sinn. Argumente führten
hier nicht weiter. Malley konnte ich nicht glaubhaft drohen, und
mit meiner Pistole (die sich innerhalb meines Anzugs befand und
schmerzhaft gegen meine Hüfte drückte) konnte ich gegen
die Gewehre nichts ausrichten. Ob der Anzug in der Lage war, den
Helm schnell genug wiederherzustellen, um mich vor einem
abgefeuerten Schuss zu schützen, wollte ich lieber gar nicht
erst testen.
    »Helm schließen«, flüsterte ich und
ließ den Motor an. Während es momentweise dunkel um
mich wurde, langte ich hoch und packte Malley bei der
Schulter.
    »Runter!« schrie ich und zog ihn nieder. Mit der
anderen Hand packte ich das Steuer. Ich tastete mit dem Fuß
nach dem Gaspedal und drückte es durch. Der Buggy machte
einen Satz nach vorn, und als ich wieder sehen konnte, sprang der
große Mann im letzten Moment beiseite. Auch die anderen
spritzten auseinander wie Kegel, wenn es ›Alle
Neune!‹ heißt. Und dann waren wir durch und
kariolten inmitten eines Steinschauers die Dorfstraße
entlang, während vor uns Hühner auseinander stoben. Ein
paar Schüsse wurden abgefeuert, doch die schwirrten
über uns hinweg – ich glaube nicht, dass sie gezielt
waren. Den wenigen Leuten, die sich noch zwischen uns und dem
Dorfausgang befanden, war es eher darum zu tun, sich in
Sicherheit zu bringen, als dass sie uns aufhalten wollten. Einer
aber hatte ein längliches Plastikteil mit einer einen Meter
langen Antenne in der Hand. Das eine Ende hielt er sich an den
Mund und das andere ans Ohr, und er sprach aufgeregt hinein.
    Ich hatte den bösen Verdacht, dass es sich um ein
Funkgerät handelte.
    *
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich Elektronik
unterrichtet habe«, meinte Malley nach einer Weile, als wir
über einen weiteren Waldweg holperten, und zwar in die genau
entgegengesetzte Richtung, wenn wir zum Alexandra Port
wollten.
    »Wie leichtsinnig von Ihnen!«, rief ich.
»Funkgeräte können Viren übertragen, das
wissen Sie doch.«
    »Ja, und manchmal schmelzen sie in der Hand –
also, was soll’s!«
    »Was ist mit Bewusstseinsviren? Haben Sie daran schon
mal gedacht?«
    »Selbstverständlich«, sagte Malley,
während er den Gurt anzulegen versuchte. »Das ist
bloß eine Umschreibung für Ideen, die Euch nicht in
den Kram passen.«
    »Die wem nicht in den Kram passen?«
    »Euch«, sagte Malley und schwenkte die Hand
über dem Kopf. »Der Union. Der Division. Das ist
nichts anderes als Zensur.«
    Ich lachte so heftig, dass der Buggy gefährlich ins
Schwanken geriet, als ich einem umgestürzten Baumstamm
auswich. »Das ist so, als wollten Sie es Rationierung
nennen, wenn man sich nimmt, was man haben will!«
    »Genau darauf wollte ich hinaus«, sagte Malley mit
unerklärlichem Triumphgefühl.
    Ich seufzte. »Dr. Malley, ich empfinde große
Bewunderung für Sie und Ihre wissenschaftliche Leistung und
sehe sogar ein, dass Sie diesen Menschen Gutes getan haben,
möchte aber respektvoll darauf hinweisen, dass Sie nicht
mehr auf dem Laufenden oder vielleicht auch desinformiert
sind…«
    »Ha!«
    »… und dass Sie die Dinge ganz anders sehen
werden, sobald wir die Division erreicht haben.«
    »Das glaube ich gern«, kicherte Malley schnaufend.
»Das glaube ich gern.«
    Der Karte – die mir noch immer eingeblendet wurde
– war zu entnehmen, dass wir uns nahe Gunnersmere befanden,
einem Sumpf im Mündungsdelta der Themse. Das Dorf Under
Flyover bestand aus ein paar an der Küste verstreuten
Häusern. Vor uns dünnte der Wald bereits aus, Erlen und
Birken traten an die Stelle von Eichen und Buchen.
    »Mit wem hat der Mann mit dem Funkgerät wohl
gesprochen, was meinen Sie?«, fragte ich.
    Malley lächelte boshaft. »Ach, der hat uns wohl
eine Warnung

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