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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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weit entfernt von den
Verschwörungen von Nicht-Kooperateuren, ihren verstockten
Rettungsdiensten, ihrem Grundsatz, viel zu viel der Natur und
einer prähistorischen Vorstellung von Menschlichkeit zu
überlassen, die jede Schwäche unerbittlich
rächte.
    »Behaltet den Himmel im Auge«, sagte ich.
»Die Terrible Beauty wird jeden Moment
landen.«
    *
    Malley sah das Schiff als Erster, einen neuen und helleren
Abendstern inmitten des Sonnenuntergangs. Obwohl es bereits im
Landeanflug war, schien es zu steigen, denn es entfernte sich im
Näherkommen vom Horizont. Zweimal schien es aufzuleuchten,
und breitere Sekundärblitze gingen davon aus. Als es
näher gekommen war, flammte es tatsächlich auf,
einhergehend mit einem Donnerschlag, der ihm meilenweit
vorauseilte und ersetzt wurde vom kreischenden Pfeifen der
Bremsfallschirme. Wolken überhitzter Luft schossen von der
Schiffshülle empor, dann wurde der dritte und letzte
Bremsschirm gezündet, ein Baldachin aus
Monolayer-Karbongewebe von einer halben Meile Durchmesser, an dem
das Schiff schwebte wie der Samen unter der Distelwolle.
    »Steuern Sie in die Mitte des Kanals«, sagte ich
zu Carla. Sie gehorchte, obwohl sie den Blick kaum vom sich
herabsenkenden Schiff abwenden konnte. Die Verfolgerboote flohen
aus seinem sich ausweitenden Schatten. Wir hielten darauf zu, als
wollten wir der Panik der anderen tollkühn trotzen.
    »Ach, ach!«, rief Suze. »Es ist
wunderschön – schrecklich schön, wie der Name
sagt!«
    Die Schiffshülle glühte wie eine Laterne, war
geschwungen wie eine Muschel, zart wie eine Porzellanvase; sie
hatte die Form eines paradoxen Alieneis, des Eis einer
Vogelspezies aus höheren Dimensionen; der Lärm, den es
verursachte, hörte sich an wie ein Chor zorniger Engel oder
anbetender Teufel. Dann gab die Terrible Beauty den
Bremsfallschirm frei, der die glücklichen Finder zweifellos
reich machen würde, zündete die Steuerdüsen und
feuerte den letzten Rückstoß ab, der brodelnde Wolken
von Wasserdampf auf uns zurollen ließ, dann setzte sie
mitten im Fluss auf.
    »Eine solch empörende Verschwendung von kinetischer
Energie«, sagte Malley, »habe ich noch nie erlebt.«
    *
    Carla blickte mich an. Ich nickte: »Nur zu.« Das
Tragflächenboot legte die letzten paar hundert Meter
zurück, die uns noch von dem imposanten Flugobjekt trennten.
Als wir näher kamen, begann das Wasser zu brodeln, und die
Tragflächen vermochten das Boot nicht länger zu tragen.
Carla drückte einen Hebel vor, worauf der Rumpf tiefer ins
Wasser sank; sie regelte die Geschwindigkeit so weit herunter,
dass wir unmittelbar unter dem geschwungenen Überhang des
Raumschiffs zum Stehen kamen. Ringsumher funkelten im
aufgewühlten Wasser die silbrigen Bäuche toter oder
betäubter Fische. Einige waren zweifellos bei lebendigem
Leib gekocht worden; mir ging der Gedanke durch den Kopf, dass
die bereits geöffneten Einlassventile, die gierig Wasser
einsaugten, um die verbrauchte Reaktionsmasse zu ersetzen, sie
möglicherweise ausfiltern und der Kantine zur Verfügung
stellen würden: wie viele andere Apparate der Division hatte
auch das Schiff eine empfindliche Nase für alle brauchbaren
organischen Stoffe – und einen ungeheuren Appetit.
    Etwa fünfzehn Meter über uns, dort, wo der Umfang
der Terrible Beauty am größten war, glitt eine
Luke auf, und ein Gesicht blickte auf uns nieder: Tony Girard,
gegenwärtig der Sicherheitsoffizier des Schiffes.
    »Hallo, Ellen!«, rief er. »Ich lass dir eine
Leiter runter.«
    Ich fing die Plastikleiter auf und wandte mich an Malley.
»Nach Ihnen.«
    Malley grinste mich ohne jede Spur von Zynismus an. Er wirkte
wie ein kleiner Junge, den man eingeladen hat, im Karneval auf
einem Wagen mitzufahren. Er schulterte seine Reisetasche und
machte sich an den Aufstieg.
    »Carla«, sagte ich, »wir werden mit dem
Start natürlich warten, bis Sie sich in Sicherheit gebracht
haben, aber ich hoffe doch, Sie werden keine Schwierigkeiten
bekommen, was meinen Sie?«
    Sie beschattete demonstrativ die Augen und blickte sich auf
dem mittlerweile nahezu menschenleeren Fluss um. »Ich komme
schon klar«, sagte sie. »An der Mündung des Lee
ist eine Unionsstation. Ich werde mich dort mal erkundigen,
weshalb niemand Ihren – und meinen – Anruf nicht
beantwortet hat und weshalb uns keine anderen Patrouillenboote zu
Hilfe gekommen sind.« Ihre Miene verdüsterte sich. »Irgend jemand wird da

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