Die Cassini-Division
NiKos, wenn sie uns darum bitten.«
»Meistens denen, die es am wenigsten verdient
haben«, brummte Malley. »Nämlich
Dorfschlägern oder Dieben.«
Suze stimmte ihm zu, und die Suchmannschaften kamen immer
näher.
»Jetzt reicht’s mir aber«, meinte ich.
»Ich werd euch sagen, was wir tun.«
*
Wir nahmen die Beine in die Hand und rannten zum Ufer. Ich
pflügte durchs hohe Gras, ohne mich zu bücken, rutschte
Böschungen hinunter, spürte Kies unter den
Füßen und riss an der Leine, mit der das Boot
aufgeblasen wurde.
Das Dinghy entfaltete sich innerhalb von fünf Sekunden,
während ich es ins Wasser schleuderte. Suze tauchte keuchend
hinter mir auf, dann folgte der japsende Malley. Wir wateten in
die Themse und schoben das Boot bis ins knietiefe Wasser, dann
kletterten wir hinein. Dies alles dauerte kaum eine Minute, die
jedoch ausreichte, um jede Menge Geschrei und Hektik ausbrechen
zu lassen. Als die ersten Verfolger auftauchten, lief bereits der
Motor, und wir waren etwa zehn Meter vom Ufer entfernt. Zwei
Männer wateten uns nach, und ein Hund sprang ins Wasser und
paddelte uns tapfer hinterher.
Ich blickte mich um. Sie holten auf, doch als das Wasser
tiefer wurde, hatte es damit ein Ende. Als sie nicht mehr waten
konnten, hatten wir es geschafft. Jemand pfiff den Hund
zurück. Mittlerweile waren sechs Männer am Ufer
versammelt, und als wir uns flussabwärts wandten, sah ich,
dass einer von ihnen in ein Funkgerät sprach.
»Was glauben Sie, was er da macht?«, fragte ich
Malley. Statt zu antworten zeigte Malley ans Ufer, zum lang
gestreckten Holzsteg von Under Flyover. Vier Männer rannten
gerade den Steg entlang. Sie kletterten eine Leiter hinunter und
stiegen in ein Boot. Sie setzten sich an die zwei Paar Ruder und
nahmen die Verfolgung auf.
»Das ist aussichtslos«, sagte Malley, gerade als
zwei der Männer ihre Ruder losließen und erst einen
Mast aufrichteten und dann ein Segel hissten.
»Vielleicht auch nicht«, meinte Suze.
Mit dem Segel wurden sie merklich schneller, wenngleich ich
schätzte, dass sie etwa eine halbe Stunde brauchen
würden, um uns einzuholen. Ich steuerte vom Ufer weg, um die
Strömung besser auszunutzen.
»Was soll das eigentlich?«, wandte ich mich an
Malley. »Das ist doch Wahnsinn. Sie müssten inzwischen
doch eigentlich wissen, dass Sie freiwillig mitgekommen sind,
denn andernfalls wären Sie längst geflohen. Die
können doch nicht ernsthaft glauben, ich hätte eine
Gehirnwäsche bei Ihnen vorgenommen. Aber weshalb jagen sie
uns dann?«
Er zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Noch mehr wundert
mich allerdings, weshalb Ihre Leute nicht auf den Hilferuf
reagiert haben.«
Meine Leute waren das nicht gerade, aber er hatte trotzdem
Recht. Es war ausgesprochen beunruhigend.
Ich blickte mich um. Die Sonne stand mittlerweile sehr tief,
und die ganze Szenerie – die Wasserfläche, auf der wir
uns bewegten, das bewaldete Ufer zu unserer Linken –
wäre unter anderen Umständen idyllisch gewesen.
Wasservögel schwammen auf dem Wasser oder flogen über
den breiten Flusslauf hinweg, außerdem waren ein paar
andere kleine Boote zu sehen…
»Was ist mit den anderen Booten?«, fragte ich
Suze. »Ein paar gehören doch bestimmt Besuchern aus
der Union?«
»Ja, aber es ist schwer zu sagen, welche das sind
– ah!«
Sie deutete flussabwärts auf ein kleines V aus
weißem Gischt. »Wir sind gerettet! Das ist ein
Patrouillenboot!« Von Erregung übermannt schwenkte sie
die Arme und rief, obwohl das Boot – ein
Tragflächenboot, wie ich nun sah – noch gut zwei
Meilen entfernt war. Nach einer Weile beruhigte sie sich wieder,
zog das Hemd aus und schwenkte es.
»Welche Aufgaben hat ein Patrouillenboot?«, fragte
ich.
»Vor allem soll es Ertrinkende retten«, antwortete
Malley.
»Und Präsenz zeigen, wie man so sagt«,
bemerkte Suze, die um ein Haar aufgestanden wäre.
»Befassen sie sich auch mit NiKos?«
Malley schüttelte finster den Kopf. »Vielleicht
sollten sie das besser – die Bootsfahrer auf der Themse
nehmen, was der Verkehr hergibt. Das ist offener Raub.«
Ich verstand das nicht, Suze aber lachte zustimmend.
Das Tragflächenboot änderte leicht den Kurs.
»Sie haben uns gesehen«, sagte ich und blickte mich
über die Schulter um. Die Männer im Verfolgerboot
machten sich wieder am Segel zu schaffen. Nach wenigen Minuten
drosselte das Tragflächenboot – ein weißes
Neun-Meter-Boot mit dem
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