Die Cassini-Division
transparentem Plastik
verwoben, in denen die Algen zirkulieren. Im Falle eines
Sonnensturms kann sich die ganze Besatzung –
einschließlich der Passagiere (bis zu sechzig Personen)
– hierher zurückziehen, doch die meiste Zeit über
ist nur die Dienst habende Besatzung zugegen. Auf dieser Fahrt
gab es keine Passagiere, deshalb waren wir alle da.
Mein wundervolles Team, meine Gang. Tony Girard saß
neben mir, mein Sicherheitsexperte, dessen
Verschwörerqualitäten von den früheren
Faktionskämpfen in Lagrange herrührten. Jaime Andrades,
der Navigator, der bisweilen scherzhaft behauptete, seine
Begabung von seinen portugiesischen Vorfahren geerbt zu haben, in
Wirklichkeit aber ein schwarzhäutiger Überlebender der
berüchtigten angolanischen Mondkolonie war. Boris Grobowski,
der Geschützoffizier, der sein erstes Lebensjahrhundert bei
der sinowjetischen Artillerie verbracht und sie bei ihrem
langsamen, aber stetigen Vormarsch auf Lissabon begleitet hatte,
bis die Demokratie von Meer zu Meer erstrahlte. Andrea Gromowa,
die Pilotin, die schon vor der Herbstrevolution angefangen hatte,
uralte, mit Zwangsarbeitern aus den privatisierten Gulags voll
gestopfte Energias zu den Bergbaucamps im Asteroidengürtel
zu fliegen, und sich bei der Schlacht von New South Yorkshire der
Revolution angeschlossen hatte. Lu Yeng, die
Computerspezialistin; mit siebzig war sie die Jüngste,
geboren auf Callisto. Ihre Eltern waren im Zuge der Verhandlungen
zwischen Union und Division dorthin gekommen. Ihre Erfahrung bei
der Neutralisierung von Außenweltlerviren machte ihre
relative Jugend mehr als wett, wenngleich sie etwas naive
politische Vorstellungen hatte und Kim Nok-Yung, Shin Se-Ha und
den anderen Begründern des wahren Wissens nach wie vor eine
merkwürdige Verehrung entgegenbrachte.
Kein Besatzungsmitglied sah mich wegen meines Aufzugs schief
an, als ich mit Tony das Mitteldeck betrat. Exzentrizität
ist die Regel. Suze und Malley saßen nebeneinander auf
einer Beschleunigungsliege und mussten sich zusammennehmen, um
nicht laut zu lachen. Ich bedachte sie mit einem vernichtenden
Blick, dann grinste ich und winkte der Besatzung zu, die auf etwa
einem Dutzend kreisförmig angeordneten Beschleunigungsliegen
Platz genommen hatte.
»Ich danke euch allen«, sagte ich. »Das war
eine ausgezeichnete Landung. Gratulation an Jaime und
Andrea.« Der Navigator und die Pilotin winkten zurück.
Ich legte mich auf die erstbeste Beschleunigungsliege. Tony
machte es sich neben mir bequem, zog einen Apparat zu sich
herunter, der einem Fernsehschirm mit Handgriffen ähnelte,
und machte sich an die Arbeit.
»Tony«, fragte ich nach einer Weile, »sind
im Umkreis von einer Meile Menschen anwesend?«
Er drehte kurz an den Griffen.
»Nee«, meinte er. »Auf dem Wasser hält
sich jedenfalls niemand auf, und die im Wald kann ich nicht
erfassen. Aber die müssten eigentlich außerhalb der
Gefahrenzone sein.«
»Gib trotzdem Alarm«, sagte ich.
Der Bordalarm eines Kampfbombers ist ohrenbetäubend. Der
Außenalarm eines Fusionsclippers vor dem Start ist dazu
geeignet, die Toten aufzuwecken und in heller Panik flüchten
zu lassen. Wir hörten ihn nur stark gedämpft, trotzdem
ging er uns durch Mark und Bein. Ich ließ den Alarm zehn
Minuten lang schrillen, während wir die Checkliste
durchgingen: alle angeschnallt, Wassereinlassventile geschlossen,
Fusionslaser hochgefahren, Flugbahn frei…
»Okay, Genossen«, sagte ich, »lasst uns
abheben.«
Andrea fuhr den Fusionsgenerator hoch, worauf das Schiff,
bebend vom Bug bis zum Heck, Fahrt aufnahm, ganz langsam
zunächst.
»Fünfzehn Meter«, verkündete Andrea.
»Fünfzig, hundert, zweihundert…«
»Schalte bei zweitausend den Brenner ein«, sagte
ich.
»Schluck Protonen, Canary Wharf!«, rief Suze.
»Komm schon«, meinte ich. »Ein paar
zerbrochene Fensterscheiben.«
Zehn Sekunden später gab Andrea Vollschub, worauf
unsichtbare, unfreundliche Menschen ausprobierten, wie viele sich
auf mich legen konnten. Als wir den Orbit erreichten, waren sie
siebenfach übereinander gestapelt.
Der Antrieb schaltete ab, und plötzlich war das Gewicht
von mir genommen. Ich schnallte mich los und ließ mich
einen Moment treiben, kostete das Gefühl aus, so lange es
anhielt. »Alle in Ordnung?«, rief ich. In der Tat
hatten alle den Start unbeschadet überstanden.
»Okay«, sagte ich, »richtet euch nicht zu
sehr im freien Fall ein. Wir
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