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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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entgegen und schien bereit, über
ihre Arbeit zu sprechen. Sie rutschte auf der Liege zur Seite und
winkte mich neben sich. Der Platz reichte aus für zwei,
obwohl ich mehr davon beanspruchte als Yeng.
    Einer der Vorteile dieser Art von Computer gegenüber den
veralteten und verwundbaren elektronischen Rechnern bestand
darin, dass er sowohl als Konstruktionswerkstatt wie auch als
biochemisches Labor diente. Man konnte auf dem Bildschirm einen
kleinen Kasten isolieren – Fixel sagte man dazu – und
darin einen ganzen nanotechnischen Komplex einrichten. Für
das Auge mochte er zu klein sein, ließ sich aber auf dem
Rest des Monitors mühelos darstellen.
    Auf dem Bildschirm, den ich vor mir hatte, war oben eine Linie
zu sehen und darunter etwa ein Dutzend längliche
Kästen. Yeng zeigte darauf. »Das ist die letzte
Variante ihrer Funksendungen«, sagte sie. »Die
Signaldauer beträgt zehn Sekunden. Ich teste es gerade an
verschiedenen Input-Geräten – an Funk-, TV- und
Radarempfängern sowie an mechanischen Computern
unterschiedlicher Größe, die es zufällig
empfangen könnten – sogar an menschlicher Netzhaut.
Abfahren.«
    Die Botschaft wurde abgespielt, ein lautloser und unsichtbarer
Impuls, dargestellt durch eine Wellenfront, die von der Linie am
oberen Bildschirmrand bis zu den Kästen wanderte.
Sämtliche Geräte kamen damit zurecht – oder
reagierten gar nicht erst darauf –, bloß eines nicht,
dessen Kasten zu blinken begann. Yeng löschte den Rest und
steigerte die Vergrößerung. In den Schaltungen der
miniaturisierten Version unseres gebräuchlichen
Radarempfängers hatte sich eine stehende Welle gebildet. Als
Yeng das Radargerät mit mehreren Nanocomputern verband,
breitete sie sich auf diese aus und führte zu
Kurzschlüssen.
    »Hässlich«, sagte ich. »Jetzt bringen
sie auch schon Babbagemaschinen zum Durchbrennen. Das ist
neu.«
    Yeng lächelte. »Schon, aber ich glaube, es gibt
eine Möglichkeit, dies zu verhindern.« Sie markierte
die Funkbotschaft und verschob sie in ein Fixel mit einem
kürzlich entdeckten komplexen organischen Molekül, das
in hoher Konzentration von der Jupiteratmosphäre freigesetzt
wurde. Dieses Molekül hatte interessanterweise das Getriebe
eines unserer zur Wartung der Schiffshülle eingesetzten
Nanoroboters ruiniert.
    »Hm«, machte Yeng und saugte an einer Strähne
ihres langen, blauschwarzen Haars. »Haben wohl etwas von
uns aufgefangen, das in der anderen Richtung unterwegs war. Es
sei denn, die Verzahnung ist zufällig, was ich für
unwahrscheinlich halte.« Sie rief das 3-D-Modell eines
Getriebes auf. »Hmmm«, machte sie erneut. Ich hielt
es für geraten, sie in Ruhe zu lassen.
    *
    »Nachrichten für dich«, sagte Yeng.
    Es war der Morgen des vierten Tages. Mittlerweile war Routine
eingekehrt. Für die Besatzung gab es nicht viel zu tun,
außer zu lesen, Filme zu schauen, die Sterne zu betrachten,
zu spielen oder zu versuchen, Suze in unser kompliziertes, sich
ständig veränderndes Beziehungsgeflecht einzuspinnen.
Malley studierte gerade gespeicherte Beobachtungsdaten zum
Wurmlochtor und starrte stundenlang die seltsamen Fotos an,
worauf er ein Blatt Papier anstarrte, das sich allmählich
mit Berechnungen füllte. Yeng arbeitete sich durch eine
Unmenge vorgefertigter Virensoftware hindurch, warf sie in die
Schlacht gegen die eingesperrten Außenweltlerviren (teils
Computerviren, teils biologische Viren, molekulare
Vernichtungsmaschinen) und entwickelte die überlebenden
Programme fort. (Auch dieser darwinistische
Selektionsprozess bedurfte aufmerksamer Beobachtung – denn
gab es eine bessere Methode, ein System zu infiltrieren, als die
viralen Gegenattacken und die Evolution der
Anti-Infiltrationssoftware zu manipulieren?)
    Soeben hatte sie eine Pause eingelegt, um in ihrer Mailbox
nachzusehen. Die unvermeidliche Real-Time-Kommunikation
(weitgehend auf An- und Abflug beschränkt) wurde direkt
über Funk abgewickelt – wenngleich dabei
Schutzmechanismen aktiv sein mussten. Die Mailbox war für
die weniger dringenden persönlichen Nachrichten gedacht, die
alle eine kryptographische Quarantäne durchliefen, deren
Berechnung Milliarden von Nanotech-Einheiten sekundenlang
beschäftigt hielt. Yeng reichte mir ein Fläschchen mit
einer Kultur von Nanomaschinen, die den Laserfunkspruch
aufgezeichnet und entschlüsselt hatten.
    Mein Anzug verdaute den Inhalt und spielte mir die Nachrichten

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