Die Cassini-Division
richtig geraten. Sie hat mir gesagt,
sie würde sich für den Neuen Mars
begeistern.«
»Das tut Sam Malley auch. Und das hat er mir gesagt.
Wenn Suze sich tief in ihrem Innern wünscht, aus der
Sackgasse herauszukommen, dann…«
»Dann wäre sie vielleicht für unseren Weg zu
gewinnen, sollte es dazu kommen, meinst du das?«
»Ja. Sie könnte dann Einfluss nehmen auf Malleys
Sichtweise, zumal dann, wenn… na ja, wenn sie viele
Gemeinsamkeiten haben.«
Tony starrte mich an, das Gesicht von der Biolumineszenz in
Streifen zerlegt. »Ellen, du bist
unverbesserlich.«
Ich zuckte die Achseln. »Ich muss zugeben, er sieht von
Tag zu Tag besser aus und riecht auch immer
besser…«
»Sollte ich Suze’ süßen jungen
Körper an diesen alten Reaktionär verlieren, bist du
mir was schuldig.«
»Wenn du darauf bestehst.«
»Wie auch immer«, fuhr er nach kurzer Pause fort,
»wir dürfen die Gang nicht in dem Glauben lassen, wir
planten etwas im Geheimen.«
»Nein«, meinte ich und tastete nach dem
Freigabeschalter für die nahezu undurchdringlichen inneren
Schichten des Anzugs. »Das könnte Gerede
geben.«
*
Nach dem Abendessen sprach ich Suze an und setzte mich mit ihr
in einen stillen Winkel.
»Hattest du ein interessantes Gespräch mit
Boris?«
Ihre Augen leuchteten. »Ein erstaunlicher Mann! Ein
richtiger Shinisow-Veteran! Jemanden wie ihn habe ich noch nie
kennen gelernt. Er kommt mir vor wie… wie ein wandelndes
Geschichtsbuch.«
»Na ja«, meinte ich, »seine Geschichten sind
möglicherweise nicht immer ganz verlässlich. Sein
Erinnerungsvermögen ist vielleicht nicht mehr ganz das, was
es einmal war.«
(Das war noch freundlich ausgedrückt.)
»Was? Also gibt es keine Völker mit zwei
Köpfen? Keine Yetis? Keine vergessenen Legionen reanimierter
US-UN-Gefallener?« Sie lächelte.
»Wohl kaum. Jedenfalls nicht in dem Sinn, wie er sie
schildert. In der Steppe und in den europäischen
Wäldern gab es tatsächlich seltsame Dinge, und dazu
gehörten auch halluzinogene Waffen. Das wissen wir mit
Sicherheit, deshalb ist alles andere mit Zweifeln
behaftet.«
»Ja, ich weiß«, sagte Suze bedauernd.
»Wie auch immer.« Sie musterte mich nachdenklich.
»Aber du wolltest bestimmt nicht über die Schlacht um
die Demokratie mit mir reden, sondern über den
bevorstehenden Kampf.«
»Das stimmt«, sagte ich. »Es tut mir Leid,
wenn ich…«
»Schon gut«, meinte Suze. »Solche
Unterhaltungen habe ich auch schon früher geführt. Man
sagt etwas völlig Abwegiges, und es passiert nichts weiter,
als dass die Leute mit einem diskutieren, aber dann schaut
unweigerlich ein alter Genosse zu einem freundlichen Schwatz
vorbei, um einen wieder auf den richtigen Weg zu
bringen.«
»Ich bin keine alte Genossin!«
»Aber sicher doch«, sagte Suze. »Diesen
Blick kenne ich gut. Toleranz, die der festen Überzeugung
entspringt, Recht zu haben.«
Ich musste lächeln und nicken und die Achseln zucken,
denn ich kannte diesen Blick ebenfalls; ich hatte ihn selbst im
Spiegel gesehen.
»Also, Suze, die Sache ist die – wir müssen siegen. Sie plagen uns, und wir bekämpfen
sie jetzt schon seit Jahrhunderten. Bislang hat uns noch niemand
deswegen kritisiert. Jetzt geht es darum… die Sache zu
beenden.«
Suze machte ein bedrücktes Gesicht. »Ja, schon,
aber es ist so endgültig! Das wird alles
verändern.«
Ich nickte energisch. »Das stimmt. Aber wenn wir es
nicht tun, wird das auch alles verändern, und zwar zum
Schlimmeren. Endlich werden wir in der Lage sein, richtig zu
expandieren. Und das müssen wir. Ist dir eigentlich schon
mal aufgefallen, wie viele Kinder die Leute heutzutage
haben?«
Suze lächelte schief. »Schon. Aber was ihr da
vorhabt, erinnert mich an… an Dinge von früher, von
denen ich gelesen habe. Lebensraum. Bestimmung. All
das.«
Beinahe bedauerte ich, ihr und Malley (nahezu) alles gestanden
zu haben. Allerdings würden wir diese Auseinandersetzung
schon bald mit jedermann führen müssen. Wenn die
Vertreterin des Solaren Rats eintraf, würde sie sich nicht
zum Narren halten lassen und alles herumerzählen. Dabei
würde eine Menge Wasser auf die Brennstäbe
gegossen.
»So ist es nicht, Suze«, sagte ich.
»Ehrlich. Die Außenweltler – die Jupiteraner
– sind keine Menschen. Mit Menschen haben sie nicht das
Geringste gemeinsam. Sie sind nichts weiter als intelligente
Computerviren, und jetzt bietet sich uns die Gelegenheit,
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