Die Cassini-Division
war, tat den Verdacht aber
sogleich wieder ab.
»Also gut«, sagte ich. »Wir werden es
versuchen.«
»Wie?«, fragte Malley.
»Kurz nach unserem Eintreffen«, antwortete ich,
»wird eine Flotte ferngesteuerter Sonden in die
Atmosphäre des Jupiter eindringen – hauptsächlich
um zu spionieren, um bessere Bilder von den Zielen zu bekommen,
welche die Kometen treffen sollen. Ihre Telemetrieausrüstung
– Funk, Radar, Laser – lässt sich für einen
Kontaktversuch umrüsten. Ich werde mich nach Kräften
dafür einsetzen, und Sie und Suze können ebenfalls
dafür eintreten, wenn Sie glauben, dies wäre vielleicht
hilfreich.«
Erstaunen spiegelte sich in Yengs Augen wider; Missfallen
furchte ihre Stirn.
»Aber das ist gefährlich!«, wandte sie
ein.
»Allerdings«, sagte ich. »Aber wenn jemand
Firewalls programmieren kann, dann du. Irgendwo muss es
Notfallpläne und entsprechende Hardware- und Software geben,
oder?«
Sie nickt widerwillig. »Gut geraten.«
Es war mehr als eine Vermutung, doch Yeng brauchte nicht zu
wissen, dass ich mehr wusste, als ich zu wissen brauchte.
»Also mach dich an die Arbeit«, sagte ich.
»Wir sollten die verbleibenden neun Tage gut nutzen.«
Ich wandte mich an Malley. »Und Sie werden uns mit dem
Wurmloch helfen?«
»Wenn Sie Ihre Ankündigung wahrmachen, dann
ja.« Er nahm seine Pfeife auf, streifte mit dem Stiel
über seine Oberlippe, atmete durch die Nase ein, dann legte
er die Pfeife wieder weg. »Ich mache mich gleich an die
Arbeit – ich meine, ich kann kaum an etwas anderes denken.
Sobald wir angekommen sind, werde ich sämtliche zur
Verfügung stehenden Forschungseinrichtungen nutzen, und wenn
Ihre Leute den ernsthaften Versuch unternommen haben,
einen… Krieg zu vermeiden, denn um nichts anderes handelt
es sich, dann werde ich Ihnen meine Ergebnisse zur Verfügung
stellen.«
»Also abgemacht«, sagte ich. Malley nickte; Suze
lächelte mich an; Yeng schaute ein wenig verdutzt drein.
»Wir haben einen Plan«, setzte ich um ihretwillen
hinzu.
»Ich habe eine Menge Pläne«, sagte Yeng.
»Das ist großartig! Welch eine
Herausforderung!« Sie grinste mich an, ihr hübsches
kleines Gesicht hatte sich wieder aufgehellt. »Keine Angst,
Ellen May, du wirst den bestmöglichen Schutz
bekommen.«
Sie sprang auf und eilte im Laufschritt zur Wendeltreppe, so
begierig war sie, die Arbeit an der Anti-Viren-Software
aufzunehmen.
»Was hat sie gemeint?«, fragte Malley.
»Weshalb sollten ausgerechnet Sie den Kommunikationsversuch
unternehmen?«
Ich kippte den Rest des mittlerweile kalten Kaffees in mich
hinein. »Aus dem gleichen Grund, aus dem ich Sie aufgesucht
habe«, antwortete ich. »Wenn jemand einen Vorschlag
macht und eine verrückte, gefährliche Idee verfolgt,
dann soll er sie auch ausprobieren dürfen.«
Malley blickte mich merkwürdig an. »Da müssen
Sie wohl erst noch eine Menge Führungskader
überzeugen.«
»Bei uns gibt es keine
›Führungskader‹«, sagte Suze.
»Bei der Division schon«, erwiderte ich.
»Bloß führen wir nicht im Hintergrund.«
Suze schaute so besorgt drein, dass ich mich erweichen
ließ.
»Aber wir legen Backups an«, versicherte ich
ihr.
*
Backups waren umstritten. Ich verabschiedete mich, damit
Malley sich mit Andrea über die verfügbaren
Beobachtungsdaten zum Wurmloch und Suze sich mit Tony über ihre Interessen und Beobachtungen unterhalten konnte,
setzte mich an einen anderen Tisch, trank noch einen Kaffee und
dachte über die Backups nach.
Im Prinzip gab es mehrere Methoden, Backups anzulegen:
nicht-invasive Scantechniken für die Lebenden, Infusionen
von intelligenter Materie für die frisch Verstorbenen. Alle
führten zum gleichen Ergebnis, nämlich einer
gespeicherten Momentaufnahme des Gehirnstatus bis zum letzten
Neuron und zur letzten Synapse. Dieser Status ließ sich in
einem ›leeren‹ Gehirn replizieren, meistens, aber
nicht notwendigerweise, in einem schnell gewachsenen Klon des
Originals. Die Außenweltler hatten diesen Vorgang schon in
den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts
perfektioniert, und wir hatten von ihnen gelernt.
Anschließend hatten sie die viel kompliziertere Aufgabe
perfektioniert, das kopierte Bewusstsein ›laufen‹
zu lassen und den aufgezeichneten Gehirnstatus von seinem letzten
Moment zum nächsten und wiederum nächsten
weiterzubefördern… ganz gleich, ob er nun einen
Roboterkörper steuerte oder sich in
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