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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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er fasziniert von ihrem langsamen Fall. Er stellte die
Sitzlehne wieder höher, blickte auf den Bildschirm und
hantierte auf seinem virtuellen Arbeitsplatz herum.
    »Wieder an die Arbeit«, sagte er.
    Er arbeitete eine Stunde lang, dann hörte er auf einmal
auf. Ich unterhielt mich gerade leise mit Suze, die meine
Erinnerungen an die Feinheiten der anarcho-kapitalistischen
Rechtstheorie auffrischte – mit der mich die
Außenweltler damals auf dem Wrackdeck gelangweilt hatten
und welche die logische Konsequenz der Gesellschaftsordnung auf
dem Neuen Mars war. Das ähnelte einem ptolomäischen
Epizykel, dem ständigen Hinzufügen neu erfundener
Rotationen. Warum, fragte ich mich, begreifen diese Leute nicht,
wohin das führt?
    Malleys frustriertes Gebrumm schreckte uns auf.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte ich.
    »Allerdings, und zwar ein Scheißproblem.«
Malley holte wieder die Pfeife hervor, stopfte sie diesmal,
zündete sie an und paffte hektisch. Winzige Maschinen
hielten in ihrer Tätigkeit inne und schnüffelten die
Luft. Einige improvisierten eilig
Feuerbekämpfungsausrüstung und sammelten sich in der
Nähe.
    »Ich schaff es nicht«, sagte Malley. »Alles
hängt vom Winkel bei der Ansteuerung des Wurmlochs ab.
Anhand des Kurses von dem Meutererschiff, das im Jahr 2093 den
Rückweg geschafft hat, kann ich ihn nicht berechnen –
das Wurmloch durchläuft einen Zyklus von unbekannter Dauer,
somit sind uns bislang zu viele Größen unbekannt.
Irgendeinen Schlüssel muss es geben, aber mathematisch ist
er nicht auffindbar. Man müsste das Wurmloch nachbauen, um
herauszufinden, wie es funktioniert.«
    »Wie wär’s mit einer
Näherungsrechnung?«
    »Ja, klar«, erwiderte Malley. »Möglich
wär’s schon. Aber mein Leben würde ich nicht
drauf verwetten.«
    »Das brauchen Sie auch nicht!«, sagte ich.
»Wir machen erst einen Test mit einer Sonde. Und wenn die
zurückkommt…«
    Malley tippte mit dem Pfeifenstiel auf den Bildschirm.
»Sicher«, meinte er. »Das Problem dabei ist
aber, wir könnten Sondentests bis zum Sanktnimmerleinstag
durchführen. Ich meine, meine Schätzung wäre nicht
besser als das, was Ihre Leute bislang zu Tage gefördert
haben, und das ist so gut wie gar nichts.«
    Ich bemühte mich, mein Erschrecken zu verbergen. Die Zeit
reichte für ausgiebige Sondentest keinesfalls aus. Wir
hatten uns auf Malley verlassen, hatten darauf vertraut, dass er
mit seinem tiefen theoretischen Verständnis und unserer
Datensammlung einen Weg finden würde.
    Malley musterte mich forschend.
    »Etwas wundert mich«, sagte er.
    »Ja?«
    »Wie kommt es eigentlich, dass wir den Weg durchs
Raum-Zeit-Kontinuum vom Neuen Mars hierher kennen, aber nicht
umgekehrt?«
    »Also«, antwortete ich, »das ist schon
komisch. Wilde hatte die Route im Bordrechner gespeichert, und
wir konnten uns Zugang dazu verschaffen. Den Rückweg –
der vielleicht eh keine gültige Lösung mehr darstellt
– hatte er sozusagen im Kopf. Ich meine, es gab mal eine
Zeit, da war sowohl sein ›Kopf‹ wie auch der
Rückweg im selben Computer gespeichert, aber selbst wenn wir
Zugang dazu gehabt hätten, können wir bislang doch noch
kein menschliches Bewusstsein hacken, selbst dann nicht, wenn es
in einem Rechner gespeichert ist. Kein Zugangspfad, keine
Speicheradressen…«
    Malley lächelte verkniffen. »Das weiß ich.
Ich wüsste bloß gern, wie es Wilde geschafft hat, den
Rückweg vom Neuen Mars zu berechnen. Verfügen die
Neumarsianer über besonders hoch entwickelte Computer oder
superschlaue Physiker oder was?«
    »Nicht unbedingt«, sagte ich. »Aber sie
verfügen über die gespeicherten
Original-Bewusstseinszustände der Außenweltler und die
Bewusstseine einiger ›Makros‹ aus der Zeit vor der
Katastrophe. Davon – wenn ich daran denke, kriege ich immer
noch eine Gänsehaut – haben sie Kopien angefertigt und
diese dann in einer kontrollierten Umgebung –
wahrscheinlich einem Nanotech-Tank – laufen lassen und sie
gebeten, die Rückflugroute zu berechnen, und als sie die
hatten und auch die Antworten auf einige andere Fragen, wie zum
Beispiel, wie man die vielen gespeicherten menschlichen
Bewusstseine und Körper wieder zum Leben erweckt…
tja, da haben sie sie mächtig eingeweicht! Genau genommen
mit so einem Zeug, das sie Blue Goo nannten, einem
Nanotech-Mittel zum Löschen von Nanoware.«
    »Du meine Güte!«, sagte Malley. »Soll
das heißen, sie hätten im

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