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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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dürfen nicht davon ausgehen, dass sie den Schaden meinen,
den sie uns zugefügt haben! Es könnte auch sein, dass
sie den Schaden meinen, den wir ihnen zugefügt haben. Einige
der Außenweltler waren sehr reich und könnten nun
behaupten, wir – das heißt, die Union –
hätten sie bei der Revolution ihres Eigentums beraubt. Ihrer
eigenen Rechtsauffassung zufolge gehörte den verdammten
Wucherern die halbe Erde, und die könnten sie
zurückfordern und den Rest als Zins und Zinseszins noch
dazu! Wie ich den Jupiteraner verstanden habe, bleibt die
Entscheidung, vor der wir stehen, jedoch die gleiche: entweder
wir beharken sie mit den Kometen, oder wir leben unter ihrer
Knute und erdulden die Sklaverei, um sie für ihr so
genanntes Eigentum zu entschädigen.«
    »Ach, Ellen!«, sagte Clarity. Sie blickte Tatsuro
an. »Äh… tut mir Leid, Genosse Vorsitzender.
Ich fürchte, wenn wir Ellen folgen würden, wäre
dies genau die falsche Herangehensweise. Zu glauben, diese
posthumanen Wesen könnten ein Interesse an der Erde oder an
Zinsen haben – was immer das ist –, während
ihnen doch das Universum offen steht und sie die ganze Zukunft
vor sich haben, hieße, alten Zwist neu aufzuwärmen.
Ich finde, wir sollten das nicht einmal erwähnen. Ich
sage damit nicht, wir sollten sie beim Wort nehmen, aber wir
sollten ihnen doch den gleichen guten Willen entgegenbringen wie
jedem anderen Fremden, und zwar ohne in grauer Vorzeit zu
wühlen.«
    Die KK-Mitglieder reagierten amüsiert darauf, dass diese
Dreiundfünfzigjährige die Jugend der meisten Anwesenden
quasi dem Altertum zurechnete.
    Suze hob die Hand. Tatsuro nickte.
    »Genosse Tatsuro«, sagte Suze, »Clarity hat
meine volle Sympathie, aber ich muss sagen, Ellens Einwand ist
nicht unberechtigt. Falls die Jupiteraner tatsächlich so
denken, wie sie es ausgeführt hat, lassen sie sich in ihrem
Handeln durch nichts einschränken. Sollten sie hingegen
einer Spielart des wahren Wissens anhängen, dann wäre
alles, was sie uns antun wollen, aus sich heraus gerechtfertigt,
vorausgesetzt, sie verfügen über die erforderliche
Macht. Es wäre ausgesprochen hilfreich, wenn wir sie dazu
bringen könnten, klarzustellen, was sie als ihren und was
als unseren Besitz betrachten, und diese Unterscheidung in alle
zukünftigen Versionen ihrer selbst einzubauen – sodass
sie ohne größere interne Konflikte nicht wieder davon
abrücken könnten. Dann würden sie uns auch in
Zukunft respektieren, ganz gleich, ob sie nun Moralisten oder
Egoisten sind.«
    Tatsuro schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln und sagte:
»Genossin Suze, Sie könnten Recht haben, aber dies
liefe trotzdem darauf hinaus, ihnen zu vertrauen. Ohne Macht
stirbt die Achtung. Unsere militärische Macht aber muss
nicht unbedingt ausreichen, sie zu vernichten – unsere
eigenen Kinder und viele niedere Tiere besitzen Macht über
uns, weil diese Wertschätzung im Laufe der natürlichen
Auslese in unser Nervensystem eingebaut wurde, sodass wir nicht
einmal mehr etwas daran ändern wollen, obwohl wir zweifellos
dazu imstande wären, wenn wir es denn wollten. Das ist etwas
Elementares: die zweite Iteration des wahren Wissens. Die Frage,
die wir dann wirklich beantworten müssten, lautet: Haben die
Jupiteraner unsere unabhängige Existenz wertschätzen
gelernt?«
    »Das«, ergriff plötzlich Joe Lutterloh das
Wort, »läuft darauf hinaus, ob wir als Wildtiere oder
Haustiere überleben wollen.«
    Die Diskussion wurde daraufhin hitziger, bis Tatsuro sie nach
etwa einer Stunde mit lediglich einem ungeduldigen Fingertrommeln
auf der Tischplatte abschloss.
    »Genossen«, sagte er energisch, »ich glaube,
wir haben die Angelegenheit so weit diskutiert, dass der
Gesprächsstoff für den nächsten Kontakt mehr als
ausreicht. Wie immer dieser verlaufen mag, bin ich mehr denn je
überzeugt davon, dass Dr. Malley seine Arbeit hinsichtlich
des Wurmlochs parallel fortführen sollte.« Er blickte
erst Malley an und dann mich. »Ich habe Verständnis
dafür, dass Sie am Erstkontakt teilnehmen und sich von
unserer Ernsthaftigkeit überzeugen wollten – darf ich
davon ausgehen, dass Sie nun zufrieden gestellt sind?«
    Malley nickte.
    »Also gut. Ich bin sicher, Sie brennen darauf, sich
wieder dem Wurmloch-Problem zuzuwenden. Ellen, ich glaube, Sie
haben alles gesagt, was gesagt werden musste. Ich wüsste
nicht, was Sie noch zur Diskussion oder zu weiteren Verhandlungen

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