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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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und dieser luxuriösen Umgebung ein wenig unwirklich
vorkam. Als sie ›Zeugnis abgelegt‹ hatten, wozu sie
sich Fremden gegenüber offenbar verpflichtet fühlten,
plauderten sie wieder locker mit uns. Hauptsächlich
erzählten sie von sich, doch auch das war Ausdruck ihrer
Höflichkeit, denn sie wollten uns nicht das Gefühl
vermitteln, gelöchert zu werden. Uns allen war bewusst, dass
sich das bald ändern würde.
    Sie bezeichneten sich stolz als ›Dreckfarmer‹;
auf dem Feld angebautes Gemüse war hier ein Luxus für
die exklusiven Restaurants, deren Gäste behaupteten, sie
könnten mit ihren verfeinerten Geschmacksnerven den
Unterschied zu kopiertem Gemüse erkennen, und denen der
offenbar nicht unerhebliche Preisunterschied nichts ausmachte.
(An dieser Stelle sah ich mich genötigt, Yeng einen
unauffälligen Stupser zu versetzen.) Vielfalt war ihre
Spezialität – Andrew erklärte uns, wie viel Zeit
er auf die Durchforstung von Genbanken verwenden musste, um mit
den wechselnden Moden Schritt halten zu können. Der
Großteil der Farmarbeit wurde von so genannten
›dummen Maschinen‹ und nicht von
›angeheuerten Hilfskräften‹ erledigt.
(Abermals stupste ich Yeng an, damit sie den Mund hielt.)
    Ihre Fragen zum Sol-System waren mit Bedacht allgemein
gehalten. Wir beantworteten sie mit gleicher Zurückhaltung.
Sie taten ihre Erleichterung darüber kund, dass die Erde
stark bevölkert war, nahmen unsere Versicherung, dass dort
allgemeiner Wohlstand herrsche, mit Respekt auf, und bedauerten
lediglich, dass die Erde seit ihrem Ableben ›durch und
durch kommunistisch‹ geworden sei, wie sie sich
ausdrückten.
    »Ich bin sicher, dass es Euch gefällt«,
meinte Abigail beschwichtigend. »Wir aber leben gerne
hier.«
    »Ein jeglicher wird unter seinem Weinstock und
Feigenbaum wohnen ohne Scheu«, setzte Andrew hinzu.
    »Seit Jonathan Wildes Fortgang hat sich bestimmt einiges
verändert«, bemerkte ich.
    »Seit seinem Fortgang? Oh – ich verstehe,
was Sie meinen.« Abigail schüttelte den Kopf.
»Also, wenn jemand eine zweite Kopie von sich herumlaufen
lässt, das nenne ich unnatürlich. Aber Sie haben Recht,
seitdem hat sich eine Menge verändert. Wissen Sie, damals
vor der Abolition hat man Robotern, die ebenso intelligent waren
wie ein Mensch, wenn nicht gar klüger, nicht mal die
Grundrechte zugestanden!«
    »Damals liefen Androiden und Gynoide herum, die genau
wie Menschen aussahen«, sagte Andrew. »Weiß der
Himmel, ob sie eine Seele haben, aber jedenfalls haben sie ein
Bewusstsein, trotzdem hatten sie einen Besitzer, als
wären’s dumme Tiere!«
    Ehe wir darauf etwas entgegnen konnten – unser
Erstaunen, das in meinem Fall sogar an Entsetzen heranreichte,
deutete Andrew als Einverständnis mit seinen Ansichten zu
diesen uneinsichtigen Zeiten – ertönte ein fernes
Läuten.
    »Das ist bestimmt die Delegation der hohen Tiere«,
meinte Andrew. Er warf einen Blick auf ein in die Tischplatte
eingelassenes Anzeigefeld, das beim letzten Hinsehen noch grau
gewesen war. »In ein paar Minuten werden sie landen. Am
besten gehen wir hoch zum Innenhof.«
    Als wir uns erhoben, sagte Abigail: »Da wäre noch
etwas… Es war sehr höflich von den Damen unter Ihnen,
diese hübschen Kleider anzulegen, aber ich glaube, wenn Sie
im Fernsehen sind, sollten Sie besser so auftreten, wie Sie aus
dem Raumschiff gekommen sind, und nicht wie Nachtschwärmer
auf dem Weg zum Tanzclub, wenn ich mir die Bemerkung erlauben
darf.«
    Meinetwegen, dachte ich, es gibt bestimmt noch andere
Gelegenheiten zum Angeben. Trotzdem verspürte ich einen
Anflug von Bedauern, als mein mehrlagiger Chiffon, Yengs
geschlitzter Brokatrock, Andreas Bahnenrock und Suze’
Futteralkleid aus silberfarbenem Samt dahinschmolzen und wieder
der an hohe Schwerkraft angepassten Einsatzkleidung Platz
machten.
    Andrew grinste, als die Verwandlung abgeschlossen war.
»Im Netz melden sich schon Leute zu Wort, die der Ansicht
sind, das alles sei ein Fake der Schutzfirmen, die lediglich ihr
Geschäft ankurbeln wollten. Vielleicht ist man ja weniger
misstrauisch, wenn Sie tatsächlich wie Raumfahrer
aussehen.«
    Abigail gefielen meine Bluejeans und die hohen Stiefel.
»Vielleicht sollten Sie die Jacke etwas dunkler
einfärben, und ein paar Abzeichen wären auch nicht
schlecht…« Als wir alle die Treppe hochmarschierten,
um den Balkon herumgingen und in den Innenhof hinaustraten,
trugen wir

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