Die Cassini-Division
daher jeder ein rundes blaues Abzeichen mit dem
Sternenpflug der Erde und einem Abbild der Terrible Beauty auf der Brust.
Der große Innenhof lag etwa zwei Meter unter
Bodenhöhe, war nach oben hin offen und hell erleuchtet. An
der linken Seite, oberhalb des umliegenden Walls, befand sich
eine weitere beleuchtete ebene Fläche, auf der ein kleiner
Helikopter parkte. In der Luft schwebte ein größerer
Helikopter, von dem nur das Whop-Whop der Rotoren zu
vernehmen war. Langsam senkte er sich neben dem kleineren
Hubschrauber herab, neben dem er wie ein ausgewachsenes Exemplar
einer fremden Spezies neben seinem Jungen wirkte. Ich glaube, es
lag eher an der Anordnung als am Einsatz moderner Technik, dass
der Luftschwall über uns hinweg- anstatt uns ins Gesicht
wehte.
Die Tür des Helikopters faltete sich zusammen, und eine
Treppe wurde ausgefahren. Mir kam es so vor, als stünden wir
und nicht sie vor der Begegnung mit Aliens.
*
Ein Mann kam die Treppe heruntergeschritten, mit langsamen,
würdevollen Bewegungen, die nur teilweise daher
rührten, dass er mit seinen hohen Stiefelabsätzen
aufpassen musste, wohin er trat. Seine mittlere Größe
und seine schlanke Figur wurden durch einen Zylinderhut und einen
offenen Gehrock betont, unter dem er ein weißes Hemd mit
einer schwarzen Fliege trug. Ein Pistolenhalfter
vervollständigte sein Outfit: das zum Leben erweckte Gesetz
westlich des Rio Pecos. Er schritt bis an den Rand des Innenhofs,
blickte nach links und nach rechts, entdeckte die Treppe und kam
zu uns heruntergestiegen.
Dicht hinter ihm kamen ein Mann und zwei Frauen, gefolgt von
einer Traube von Menschen. Die Zeit reichte gerade aus, um einen
Blick auf den zweiten Mann zu werfen – es war David Reid,
der die Außenweltler und auch einige von unserer Seite mit
Zwangsarbeitern versorgt hatte. Unser alter Feind…
Und dann schüttelte mir der Mann mit dem Zylinder die
Hand.
»Hallo«, sagte er. »Ich bin Eon Talgarth. Es
ist mir eine Freude, Sie sind Ship City willkommen zu
heißen, in der Stadt« – seine Lippen zuckten
ein wenig –, »deren oberster Richter ich bin. Sie
sind wohl Ellen May Ngwethu, die befehlshabende Leiterin dieser
Expedition?«
»Das stimmt«, antwortete ich. »Erfreut, Sie
kennen zu lernen, Nachbar.« Seine Stimme und sein Akzent
erinnerten mich seltsamerweise an die Londoner NiKos; sein Alter
hatte er mit vierzig stabilisiert, war aber viel älter,
wahrscheinlich sogar älter als ich – eine unheimliche
Vorstellung, die mich stärker beeindruckte als sein
lächerlicher Aufzug.
»Ja, ich schätze, wir sind jetzt alle
Nachbarn«, sagte er und wandte sich um, als wollte er uns
unsere neuen Nachbarn vorstellen, doch dafür war es bereits
zu spät: Mittlerweile schüttelten alle irgendwelche
Hände und stellten sich oder andere vor. Talgarth wirkte
für einen Moment verunsichert, sogar bestürzt; dann
zuckte er die Achseln und entspannte sich. Mir fiel auf, dass
Reid sich absichtlich ein wenig abseits hielt –
wahrscheinlich wollte er mir zunächst noch aus dem Weg gehen
und erst einmal einen guten Eindruck auf meine Kameraden machen.
Abigail und Andrew reichten aus einem plötzlichen Einfall
heraus Drinks herum, und bald darauf verhielten wir uns alle so,
als seien wir soeben auf einer etwas steifen Party
eingetroffen.
»Genossin?«, sagte jemand mit einer freundlichen,
aber irgendwie fremdartig klingenden Stimme. Überrascht von
der unerwarteten Begrüßung, wandte ich mich
lächelnd um.
Das vor mir stehende Mädchen hatte langes blondes Haar,
das senkrecht aus ihrem Schädel spross und dann in einer
Mähne zwischen die Schulterblätter hinabfiel. Sie trug
einen gegürteten Overall, der ihre muskulöse, aber
unübersehbar weibliche Figur betonte. Sie war beinahe so
groß wie ich; große blaue Augen, ein breites Grinsen,
eine scharfe Nase; eher auffallend als schön, doch ich war
sowieso unempfänglich für Schönheit.
»Ellen? Hi.« Sie reichte mir zur
Begrüßung die Hand. »Ich bin Tamara
Hunter«, fuhr sie fort. »Sehr erfreut, Sie kennen zu
lernen.«
»Ebenfalls«, erwiderte ich höflich.
»Welche…«
»… Rolle ich hierbei spiele?« Sie kratzte
sich am Kopf. »Ich musste ganz schön kämpfen, um
in die Delegation aufgenommen zu werden. Bloß damit die
Geschäftsleute und der Richter nicht alles unter sich
ausmachen. Ich bin eine Gewerkschaftsfunktionärin, das
heißt, ich gehöre dem Inter-Syndikat
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