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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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diesem Moment an fiel mir auch der seine nicht mehr auf. Vor
allem wirkte ihre Stimme warmherzig. Als ich die anderen
Besatzungsmitglieder vorstellte, begrüßte sie auch
diese wie alte Freunde. Von Malley hatte sie bereits gehört
und wirkte schwer beeindruckt, ihm leibhaftig zu begegnen. Als
die Vorstellung abgeschlossen war, hatte Andrew – oder
jemand oder etwas – den Tisch mit einer stattlichen Menge
von Flaschen und Gläsern gedeckt. Unsere Gastgeber
nötigten uns, auf den größten Sofas Platz zu
nehmen, und servierten uns Drinks, dann nahmen sie uns
gegenüber am Tisch Platz und bedienten sich selbst.
    Andrew Powell hob das Glas. »Auf den Frieden und die
Freiheit!«
    Wir tranken darauf. Ich hatte ein beklommenes Gefühl, als
ich mir vorstellte, wie wir wohl in Kürze auf diese
Begegnung zurückblicken würden; aber man sollte stets
das Beste hoffen. Es entstand eine Verlegenheitspause, was mich
nicht verwunderte: schließlich steckte die Etikette des
Erstkontakts von Menschen aus lange Zeit getrennten
Gesellschaften noch in den Kinderschuhen.
    »Es war sehr tapfer von Ihnen«, wandte ich mich an
Andrew, »uns bloß mit einer Flinte bewaffnet
entgegenzutreten. Schließlich wussten sie nicht, mit wem
Sie es zu tun hatten und wie wir reagieren
würden.«
    »Tapfer kann man eigentlich nicht sagen«,
entgegnete er. Er und seine Frau lächelten sich an.
»Abigail hat mir vom Haus aus Feuerschutz gegeben, und die
Feuerkraft hätte ausgereicht, ein ganzes Regiment zu
stoppen.«
    »Ah«, meinte ich nachdenklich. »Aber dann
hätten Sie doch in der Schusslinie gestanden?«
    Er zuckte die Achseln. »Hab erst vergangene Woche ein
Backup machen lassen. Hätte bloß ein paar Erinnerungen
verloren.« Er und Abigail stupsten einander kichernd an.
»Aber eigentlich hatte ich keine Bedenken. Schon als die
ersten Meldungen kamen, hab ich mir gedacht, dass es sich wohl um
eine Expedition von der Erde handeln muss. War halt ein
verrückter Zufall, dass Ihr ausgerechnet auf meinem Feld
gelandet seid. Jetzt kann ich die Stelle jahrelang vorzeigen und
wahrscheinlich sogar Eintrittsgeld verlangen!«
    Abigail hatte unsere verdutzten Mienen wohl missdeutet.
»Ach, wissen Sie, wir haben kein Problem mit der
Wiederauferstehung. Im einundzwanzigsten Jahr sind wir beide
eingeschlafen und wurden erst vor fünf Jahren wieder
aufgeweckt. Das ist der Grund« – sie deutete ein
wenig verlegen umher –, »weshalb wir so bescheiden
leben. Ich meine, Kinder können wir uns wirklich noch nicht
leisten. Aber wir haben einander und unsere kleine Farm, und Gott
hat es gut mit uns gemeint.«
    Sie blinzelte mit ihren dicken Wimpern.
    »Bis zu meinem Tod hatte ich mit Religion nichts am
Hut«, meinte Andrew verlegen. »Aber diese Erfahrung
zwingt einen dazu, über spirituelle Fragen nachzudenken, und
als ich splitternackt und tropfnass zu dem Rotkreuz-Hubschrauber
hochgesehen hab, da bin ich auf die Knie niedergefallen und hab
den Herrn gelobt, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Also könnte man Sie als wiedergeborene Christen
bezeichnen«, bemerkte Malley. Wir verstanden nicht so
recht, weshalb Andrew und Abigail so sehr lachten, dass sich sich
aneinander festhalten mussten.
    »Könnte man so sagen«, japste Andrew, sich
die Lachtränen abwischend. Er atmete tief durch, dann fuhr
er, wieder ernst geworden, fort: »Aber von meiner…
äh… Erleichterung und Dankbarkeit und so weiter mal
abgesehen, als ich Zeit zum Nachdenken hatte, hab ich mir
gedacht, also, wenn schon der Mensch dazu imstande ist, dann
wäre man doch wirklich bescheuert, wenn man glauben tat, der
Allmächtige könnte am Tag des Jüngsten Gerichts
nicht ebenfalls die Toten wiederauferstehen lassen, und da wusste
ich, dass mir an diesem Tag nur Jesus gegen Seinen gerechten Zorn
würde beistehen können.«
    Er grinste in unsere höflich versteinerten Mienen.
»Okay, jetzt hab ich vor Euch gottlosen Kommunisten Zeugnis
abgelegt, und jetzt bekommt Ihr auch kein Gefrömmel mehr von
mir zu hören, es sei denn, Ihr bittet mich darum, dann
täte ich es mit Freuden. Aber in der Bibel steht, man soll
seine Perlen nicht vor die…«
    »Schon gut«, warf Abigail mit unnötiger Eile
ein. »Jetzt hole ich erst mal
Getränkenachschub.«
    *
    Etwa vierzig Minuten lang genossen wir die Gastfreundschaft
von Andrew und Abigail, wenngleich wir uns nur unvollständig
entspannten, da uns der Gegensatz zwischen der gefährlichen
Landung

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