Die Catilina Verschwörung
eine Nachricht vom Capitol warten, dass der Aufstand begonnen hatte. Das würde ihm kostbare Wochen ersparen in einer Jahreszeit, in der die Schiffahrt beschwerlich war.
»Ich werde dich nicht fragen, wie du an diese Information gekommen bist«, sagte ich, »und ich weiß deine Warnung zu schätzen. Nun höre meine. Komm mir nicht ins Gehege! Ich denke, du weißt, dass ich nichts tun würde, was Rom schaden könnte.«
»Was spielst du dann für ein Spiel, Decius?«
Ich dachte kurz darüber nach. »Ein Spiel mit präparierten Figuren«, antwortete ich.
»Was?«
»Quintus, gibt es noch jemanden in Rom, der nicht irgendein Spiel spielt? Senat und Volksversammlungen sind der Schleier geworden, hinter dem wir unsere Spiele spielen. Ich habe langsam den Eindruck, als sei Rom der Hauptpreis, der am Ende dem besten Spieler zufällt.«
Er sah mich fest an. »Ich glaube, du bist verrückt geworden, Decius.«
»Dann bin ich das Opfer einer Volksseuche geworden. Steh nicht so dicht neben mir, Quintus, es ist ansteckend.«
»Einen guten Tag noch«, sagte er und marschierte steif von dannen.
Meine Gedanken gingen in verschiedene Richtungen.
Offenbar wahrten die Verschwörer ihr Geheimnis etwa so gut, wie ein Korb Wasser hält. Wer hatte mich an Nepos verraten?
Dann fiel mir ein, dass der gewählte Tribun Bestia mit ihm zusammen gesehen worden war. Ich blieb wie angewurzelt stehen und schimpfte mich einen Idioten. Bestia war Pompeius’ Spion unter den Verschwörern.
Das bedeutete, dass Pompeius wahrscheinlich von Anfang an über den Plan Bescheid gewusst hatte. Wenn Catilina mit seinem Aufstand ernst machte, würden die Tribunen Bestia und Nepos im Senat ein Gesetz einbringen, Pompeius, ausgestattet mit Notstandsvollmachten, aus dem Orient zurückzurufen. Damit würde Pompeius ein prokonsularisches Imperium über Italien erhalten, eine Defacto-Diktatur, die nur anders hieß.
Und dann stand uns, wie ich mit kaltem Schweiß auf der Stirn erkannte, eine Zeit ins Haus, in der es denkbar ungünstig war, als Feind von Gnaeus Pompeius Magnus zu gelten.
XI
Ich entschied mich dafür, dass Aurelia an allem schuld war. Hätte sie mich nicht umgarnt, dann hätte mein Verstand ganz normal funktioniert. Welcher Mann kann schon vernünftig planen und intrigieren, wenn sich alle seine höheren Fähigkeiten und Körperfunktionen der von einer Frau geweckten Fleischeslust ergeben haben? So wahrte ich meinen Stolz, wie junge Männer es schon immer getan hatten. Doch das schwächte meine Gefühle für die Dame in keinster Weise ab. Ich träumte ständig von ihr und klammerte mich an die perverse Hoffnung, dass sie völlig unschuldig sei.
So verbrachte ich die beiden Tage nach dem Familientreffen in Unruhe, ohne von Catilina zu hören, und auch ohne eine Idee, was ich selbst als nächstes tun konnte. Als ich dann am Nachmittag des zweiten Tages den Tempel verließ, um die Bäder zu besuchen, sprach Valgius mich bemüht unauffällig an.
»Wir treffen uns heute abend in Laecas Haus«, sagte er, die Worte beinahe zischend. »Sei unmittelbar nach Einbruch der Dunkelheit dort. Die Zeit ist bald gekommen.«
Endlich. Catilina musste auf jeden Fall bald etwas unternehmen, wenn die Verschwörung sich nicht in bloßem Gerede erschöpfen sollte. Und es hatte bereits zu viele Morde gegeben, als dass sich diese Männer nur auf Worte beschränken konnten. Ich ging weiter, als ob alles in Ordnung wäre, und nahm mir die Zeit, mich im besten Badehaus Roms zu aalen. Ich stieg zunächst in kalte, lauwarme und heiße Becken, bevor ich im Dampfraum schwitzte, dann wieder ins kalte Becken tauchte und mich zuletzt von einem Masseur durchkneten ließ. Ich wusste, dass es vielleicht sehr lange dauern würde, bis ich dieses ruhige Vergnügen wieder genießen konnte.
Zu Hause setzte ich ein Testament auf, etwas, das ich in Zeiten der Unsicherheit und außergewöhnlichen Belastung häufig tat. Nachdem ich meinen kaum nennenswerten Besitz verteilt hatte, bewaffnete ich mich und trat auf die dunkler werdende Straße. Einer der ärgerlichsten Begleitumstände einer Verschwörung ist die Tatsache, dass sie einen zwingt, nächtens auf Straßen herumzustolpern. Bei dem Versuch, das Haus von Laeca zu finden, verirrte ich mich mehrmals, und es ist immer peinlich, an fremde Türen zu klopfen und nach dem Weg zu fragen. Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang fand ich das Haus. Thorius ließ mich ein. Offenbar hatte man die Sklaven für die Dauer des Treffens
Weitere Kostenlose Bücher