Die Champagnerkönigin
Josefine Isabelle zu, die daraufhin leise kicherte.
»Dann wollen wir mal«, sagte Josefine laut und nickte den aufgeregten Fahrerinnen aufmunternd zu.
Die Fahrt führte sie durch Hautvillers hinunter in die sanfte Hügellandschaft der Champagne. Als sie die Marne erreichten, hielten sie kurz an, um zu entscheiden, in welcher Richtung sie dem Fluss folgen sollten. Ghislaine plädierte dafür, links in Richtung Tours-sur-Marne zu fahren. Die andern willigten sogleich ein.
»Ich wusste nicht, dass du Rad fahren kannst«, sagte Isabelle kurzatmig, während sie neben Ghislaine herfuhr.
»Du weißt so gut wie gar nichts von mir«, erwiderte die Restaurantchefin lächelnd und radelte nach vorn zu Josefine.
Zähneknirschend ließ Isabelle sie ziehen. Verflixt, sie hatte wirklich nicht die geringste Kondition, sogar Clara fuhr ihr davon! Ihre Beine zitterten, während sie zusammen mit Sophie hinter den anderen herfuhr.
Die Sonne schien von einem blankpolierten Himmel herab, schon morgens um zehn war es so heiß, dass die Luft über dem Rebland flimmerte. Doch kaum waren sie ein paar Meter der Marne gefolgt, wurde es spürbar angenehmer. Eine frische Brise wehte vom Fluss herauf zu ihnen, es roch angenehm nach Wasserkresse, Algen und frischgeschnittenem Gras. Isabelles Hände, die zuvor so krampfhaft den Lenker festgehalten hatten, entspannten sich, und auch ihre Atmung wurde wieder regelmäßiger. Die Straße vor ihnen war angenehm leer, nur hier und da kam ihnen ein Pferdefuhrwerk entgegen. Die meisten Bauern waren in ihren Weinbergen oder auf den wenigen Ackerflächen, die es in der Champagne gab, beschäftigt – auf den Feldern war Erntezeit, und außer ihnen schien sich niemand den Luxus eines freien Tages zu gönnen.
Hier ist Leon bestimmt oft entlanggefahren, dachte Isabelle. Hier ist er in die Pedale getreten, um für seine große Leidenschaft, den Rennsport, zu trainieren, der verrückte Kerl … Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, und plötzlich fühlte sie sich ihrem Mann näher als in all den Wochen der Trauer zuvor.
Sie waren eine gute Stunde geradelt, als sie an eine von alten Buchen und Tannen bewaldete, schattige Aue kamen, die bis zum Flussufer reichte – der ideale Platz für ein Picknick, beschlossen sie spontan.
Mit ungewohntem Hungergefühl schaute Isabelle zu, wie Ghislaine auf der von Clara ausgebreiteten Decke ein Festmahl herrichtete. Gebratenes Huhn, ein Salat mit Oliven und Artischocken, Käse und Weintrauben. Und Champagner! Während die Frauen noch bewundernd staunten, öffnete Ghislaine mit geübter Hand die erste Flasche.
» À la vôtre!« Schon erhob sie ihr Glas.
»Zum Wohl«, sagten Josefine und Clara. »À la vôtre«, wiederholten Isabelle und Sophie, dann machten sie sich über das Essen her.
Satt und zufrieden legten sie sich anschließend ins weiche Gras. Bevor Isabelle sichs versah, fielen ihr die Augen zu. Die frische Luft, die körperliche Anstrengung, das viele Essen hatten sie müde gemacht. Es tat gut, mal wieder aus dem Haus zu kommen, erkannte sie, und dass ihre Freundinnen dabei waren, machte alles noch besser. Ein schöner Ausflug, der noch schöner dadurch wurde, dass sich Josefine und Clara endlich einmal mit guten Ratschlägen zurückhielten …
Isabelle wurde davon wach, dass die Sonne langsam über ihre linke Gesichtshälfte kroch. Als sie eingenickt war, hatte sie im Schatten einer riesigen Buche gelegen – seitdem musste einige Zeit vergangen sein, wenn die Sonne so weit gewandert war. Benommen rappelte sie sich auf. Im nächsten Moment starrten zwei Augenpaare sie erwartungsvoll an.
»Na endlich. Ich dachte schon, du wirst gar nicht mehr wach. Wir müssen mit dir reden, und zwar dringend!«, sagte Josefine, und Clara nickte gewichtig dazu.
»Wo ist Ghislaine? Ist etwas passiert?« Schlagartig war Isabelle ganz wach, vor Schreck schlug ihr Herz bis zum Hals. Rad fahren war gefährlich … Zu ihrer Erleichterung sagte Josefine jedoch: »Alles ist gut, Ghislaine und Sophie sind ins nächste Dorf gefahren, um jemanden zu finden, der uns auf seinem Fuhrwerk nach Hautvillers zurückfährt. Sie sind schon eine Weile fort, wahrscheinlich kommen sie jeden Moment um die Ecke. Wir müssen uns wirklich dringend unterhalten!«
»Und worüber?«, fragte Isabelle unwillig. Der Tag hatte so schön begonnen …
»Über die Chance deines Lebens!«, sagte Clara triumphierend.
Schweigend hörte Isabelle zu, wie die beiden Freundinnen von der Zeitungsannonce
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