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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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kümmern, der den Mumm dazu hat. Jemand wie diese Henriette Trubert, die es kaum erwarten kann, sich endlich deine Weinberge unter den Nagel zu reißen.« Clara lachte schrill. »Vielleicht sollte ich ihr nachher einen Besuch abstatten, um ihr zu sagen, dass sie nicht mehr lange warten muss?«
    Starr vor Schock, schaute Isabelle die Freundin an. Das war doch nicht die brave Clara, die so daherredete!
    »Was ist denn in dich gefahren? Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass wir es auf meine Art probieren«, flüsterte Josefine Clara erschrocken zu.
    »Meine Art, deine Art!« Genervt winkte Clara ab. »Da reisen wir tausend Kilometer weit, um Isabelle zu helfen. Wir päppeln die gnädige Frau Tag für Tag hoch wie ein Küken, das zu früh aus seinem Nest gefallen ist. Und wofür? Ich kann nicht, ich will nicht «, äffte sie Isabelles weinerlichen Ton nach. »Leon hat dir zugetraut, das Weingut zu führen, das hast du uns selbst erzählt. Ein Mann schenkt dir sein Vertrauen – und was machst du damit? Und was ist mit dem Kind in deinem Bauch? Willst du ihm irgendwann erzählen, dass seine Mama der größte Feigling von allen ist? Ist das alles, was du aus deinem Leben machen willst?«
    »Was fällt dir ein, so mit mir zu sprechen? Du hast kein Recht –« Zutiefst verletzt wich Isabelle zurück. Jedes Wort von Clara war wie ein Peitschenhieb. Nie hätte sie gedacht, dass die Freundin so gemein sein konnte – ausgerechnet Clara, die doch sonst immer so mütterlich daherkam.
    »Clara, was ist denn in dich gefahren?«, rief auch Josefine entgeistert.
    »Was in mich gefahren ist, willst du wissen? Ich bin zwar keine trauernde Witwe, sondern eine treue und liebende Ehefrau. Aber deshalb herrscht noch lange kein eitel Sonnenschein in meinem Leben.« Noch während sie sprach, sackte sie zusammen wie ein Blasebalg, aus dem die Luft gewichen war. »Ach, das ist alles so unfair!« Im nächsten Moment brach sie in Tränen aus.
    Isabelle und Josefine schauten sich an. Hilflos hielt Josefine Clara dann ein Taschentuch hin.
    Nach einem langen Moment schnäuzte sich Clara ausgiebig. Dann holte sie tief Luft. Mit verquollenen Augen schaute sie auf den Fluss, während sie sagte: »Was würde ich darum geben, solche Chancen zu haben wie du! Etwas selbständig entscheiden zu können. Dinge in Bewegung zu setzen und zu verfolgen, wie sie sich entwickeln. Stattdessen bevormundet mich Gerhard wie ein kleines Kind, ich darf nicht mal selbst aussuchen, welche Suppe auf den Tisch kommt. Das Haushaltsgeld bekomme ich abgezählt, und ich muss ihm darüber auf Heller und Pfennig Rechenschaft ablegen. Den Speiseplan für die Woche muss ich mir von ihm ­absegnen lassen, und wenn ich neue Laken oder eine Tischdecke kaufen will, muss ich bitten und betteln. Über jeden meiner Schritte habe ich ihn zu informieren, ganz gleich, ob ich einkaufen gehe oder einen Spaziergang mache oder die Bücherei besuche. Die Gartenlaube darf ich mir dort ausleihen oder einen artigen Roman, aber wehe, ich wage es, einmal in einem seiner Fachbücher zu blättern! Für so etwas sind Frauen seiner Ansicht nach nämlich zu dumm. Einzig bei der Kindererziehung lässt er mir freie Hand, das ist nämlich ›Frauensache‹. Ansonsten hält er mich so klein, wie es nur geht. Ich habe nicht mehr Freiraum als ein Hund an einer viel zu kurzen Kette.« Sie schaute auf, und in dem Blick, den sie Isabelle zuwarf, lag so viel Verzweiflung und un­terdrückte Wut, dass dieser ein Schauer den Rücken hinablief. Krampfhaft suchte sie nach tröstenden Worten, doch Clara sah sie drohend an und sagte: »Verschont mich bloß mit eurem Mitleid. Ich habe mein Bett selbst gemacht, nun muss ich darin liegen. Aber du, Isabelle … Mach was aus deinem Leben«, fuhr sie heiser fort. »Denk an den Jahrhundertwind. Das bist du mir und allen an­deren Frauen, die wie ich noch immer chancenlos sind, schuldig.«
    Radlerinnen beim Picknick, Holzstich von 1898

27. Kapitel
    An den Fenstersims von Henriette Truberts Büro gelehnt, verfolgte Daniel Lambert, wie seine Chefin ihren Gast verabschiedete. Francois Leblanc war ein von schwerer Arthrose geplagter achtundachtzigjähriger Winzer, dessen Frau schon vor zehn Jahren das Zeitliche gesegnet hatte. Von seinen beiden Töchtern lebte die eine in Australien, die andere auf einer karibischen Insel – wie es die jungen Frauen einst in diese fernen Länder verschlagen hatte, wusste Daniel nicht, und es interessierte ihn auch nicht besonders. Es war jedoch

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