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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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zugleich an. »Am Ende des morgigen Abends möchte ich Isabelle Feininger am Boden sehen – sie und ihre schlauen Freundinnen gleich dazu. Ich hoffe, du weißt nun, was du zu tun hast.«
    Troyes war eine mittelalterliche Stadt, an der Seine und etwa hundertfünfzig Kilometer südlich von Reims gelegen. Statt breiter Boulevards und prachtvoller Sandsteingebäude wie in Reims gab es hier kopfsteingepflasterte Gassen und Fachwerkhäuser, die sich in drangvoller Enge aneinanderschmiegten. Bis ins siebzehnte Jahrhundert hinein war Troyes ein zentraler Handelsplatz für Waren aller Art gewesen: Seide aus dem Orient, Tuchwaren aus den Niederlanden, feinste Spitze aus Kalabrien, Orangenbäume aus Spanien und vieles mehr. Die Waren wurden auf dem Seeweg und über die Seine angeliefert und dann von den Kaufleuten in Troyes in Empfang genommen. Danach fuhren die ausländischen Händler aber nicht etwa mit leeren Schiffen wieder zurück, sondern füllten die Schiffsbäuche mit Kisten über Kisten Champa­gner, vorzugsweise aus der nahe gelegenen südöstlichen Champagne. So machte sich die Stadt außerdem einen Namen als großer Handelsplatz für Champagner. Die Bürger von Troyes waren auf diese Tatsache so stolz, dass sie behaupteten, ihre historische Altstadt habe, wenn man von oben daraufschaue, die Form eines Champagnerkorkens, womit bewiesen wäre, dass Troyes für den Champagnerhandel mindestens so wichtig sei wie Reims.
    Während Daniel durch die schmalen Gassen der Stadt in Richtung Rathausplatz lief, rätselte er, ob den amerikanischen Geschäftsleuten diese historischen Fakten bei der Wahl ihres Einkaufsortes bewusst gewesen waren. Doch noch viel mehr beschäftigten ihn andere Fragen.
    Warum schwand seine Loyalität gegenüber Henriette immer mehr? Die Weinberge, die Weinkeller, der Champagner – eigentlich hätten sie und er so viele Gemeinsamkeiten haben müssen, stattdessen bemerkte er eine immer größere Distanz zwischen den Wünschen seiner Chefin und seinen eigenen Zielen.
    Seufzend schob er seinen Rucksack, in dem sich zwei Flaschen vom feinsten Trubert Millésime befanden, zurecht und ging weiter. Er würde gewiss das Beste aus diesem Besuch hier machen, er wusste bloß noch nicht genau, wie …
    Das Hotel l’Esplanade lag gegenüber dem Rathaus auf einem kleinen Platz. Hier herrschte geschäftiges Treiben, Marktstände wurden aufgebaut, Kutscher drängten sich mit ihren Gefährten rücksichtslos zwischen den Marktleuten und ihren hölzernen Gestellen und Planen hindurch. Erst bei näherem Hinsehen erkannte Daniel, dass es sich um einen Stoffmarkt handelte, der später am Tag die Besucher anlocken sollte. Stoffballen um Stoffballen wurden von den Wagen abgeladen, wer den Platz passieren wollte, dem blieb nichts anderes übrig, als über den einen oder anderen Stoffberg zu springen, was ihm nicht gerade das Wohlwollen der Tuchhändler eintrug.
    Daniel war gerade dabei, einen aufgebrachten Tuchhändler zu besänftigen, dessen Ware er ohne Absicht touchiert hatte, als er sie um die Ecke kommen sah. Drei junge Frauen, hübsch zurechtgemacht, gehüllt in feinste Seidenkleider, auf dem Kopf aufwendige Hüte, dazu passende spitzenbesetzte Handtäschchen. Einzig die Holzkiste, die zwei der Frauen schnaubend zwischen sich trugen, passte nicht in das ansonsten elegante Bild. Der Tuchhändler, der Daniel gerade noch übel beschimpft hatte, pfiff anerkennend durch die Lippen. »Mesdemoiselles – wohin so rasch des Wegs? Darf ich Ihnen meine Waren feilbieten? Feinste Seide und Spitze, feiner Musselin …«
    »Die Damen haben Besseres zu tun«, sagte Daniel und machte einen Schritt auf die drei Frauen zu. »Madame Feininger – Sie erlauben?« Er zeigte auf die Kiste, die Isabelles Freundinnen mühevoll schleppten.
    »Monsieur Lambert, Sie sind auch hier?«, sagte Isabelle, und Daniel kam es so vor, als sähe er ein leises Aufflackern von Freude in ihren Augen. Während er die Kiste, in der Champagnerflaschen aneinanderschlugen, an sich nahm, versuchte er, seinen Schrecken über ihr Aussehen zu verbergen. Wie blass sie war! Wie schmal ihr Gesicht und nicht nur das – bis auf den spitzen Bauch bestand Isabelle Feininger aus Haut und Knochen, darüber täuschten auch die vielen Rockbahnen nicht hinweg. Die Zerbrechlichkeit, die diese einstmals so starke Frau ausstrahlte, berührte Daniel tief. Ein seltsames Flattern ging durch seinen Bauch, wie der Flügelschlag unzähliger Schmetterlinge.
    Bisher hatte sich Daniel

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