Die Champagnerkönigin
malte, schützen.
»Reden wir doch lieber über Ihre Wünsche«, sagte er unwirsch. »Warum ist es Ihnen eigentlich so wichtig, auch noch das Feininger-Land zu besitzen? Ihnen gehört doch inzwischen fast die ganze Gegend. Warum kaufen Sie nicht einfach nur Isabelle Feininger die Traubenernte ab? Das Ergebnis wäre doch dasselbe – wir hätten mehr Trauben und könnten noch mehr Champagner produzieren.«
»Und ich dachte, wenigstens du würdest mich verstehen.« Enttäuschung schwang in Henriettes Stimme mit, aber auch Bitterkeit. Diese verstärkte sich noch bei ihren nächsten Worten. »Nicht genug, dass mein verehrter Gatte sich um alles andere lieber kümmert als ums Geschäft – allem Anschein nach habe ich auch noch einen Kellermeister, der nicht die geringste Spur von Ehrgeiz besitzt.« Sie schnaubte abfällig.
»Was hat denn mein Ehrgeiz mit Ihrem Landbesitz zu tun?«, erwiderte Daniel ebenso abfällig. »Sind es nicht immer wieder meine Champagner, die schon heute bei den großen Verkostungen einen Preis nach dem anderen einheimsen? Wie, wenn nicht ehrgeizig, würden Sie mein Bestreben nennen, den besten Champagner aller Zeiten zu kreieren?« Wie konnte sie es wagen, ihn derart anzugreifen? Tag und Nacht gab er sich dem Champagner hin, ja selbst im Traum noch hatte er die Eigenheiten der einzelnen Trauben auf dem Gaumen, stets besessen davon, die perfekte Cuvée zu finden. Glaubte sie etwa, dass er das allein fürs Geld tat? Die Liebe zum Champagner, die Leidenschaft für die Trauben, der Ehrgeiz, allen zu zeigen, wozu ein Lambert fähig sein konnte – das waren seine Antriebsfedern.
»Aber verstehst du denn nicht?«, rief Henriette Trubert schrill. »Trubert-Champagner kann nur aus Trubert-Trauben hergestellt werden, und diese können einzig auf Trubert-Land wachsen! Natürlich könnte ich Trauben zukaufen, aber das wäre einfach nicht dasselbe.« Nun war sie es, die für eine Sekunde die Augen schloss. Daniel wusste nicht, welchen inneren Dämonen sie dabei begegnete. Als sie ihn wieder anschaute, sagte sie: »Glaubst du etwa, ich weiß nicht, wie sehr die Affäre meines Mannes mit deiner Schwester den Namen Trubert beschmutzt, wie die Leute sich ständig ihr Maul hinter meinem Rücken zerreißen? Er sehnt sich nach der großen Liebe – wie lächerlich!« Die letzten Worte spie sie regelrecht aus. »Ich sehne mich nach etwas viel Höherem, Größerem. Liebe vergeht, Land besteht – so sagt man doch, nicht wahr? Ich werde dafür sorgen, dass Trubert zum größten Namen der ganzen Champagne wird! Eines Tages soll es so sein, dass jemand, der ein Glas Champagner trinken möchte, sagt: ›Lasst uns eine Flasche Trubert öffnen!‹ Und jeder, der diesen Namen in den Mund nimmt, soll es nur noch voller Ehrfurcht tun. Niemanden wird es mehr interessieren, was mein kleiner ehebrecherischer Ehemann treibt. Trubert gleich Champagner – so soll die Rechnung lauten. Und deshalb habe ich nochmals intensiv über dein Treffen morgen in Troyes mit den Amerikanern nachgedacht.«
»Ach ja?«, sagte Daniel scharf. »Sie wissen, was ich von der ganzen Angelegenheit halte. Wären derzeit nicht all Ihre Handelsvertreter auf Reise, hätte ich mich so kurz vor der Ernte nie zu dieser Fahrt überreden lassen. Aber sei’s drum! Ich werde die Amerikaner aufsuchen, werde kurz unsere Weine vorstellen und somit die Tür für zukünftige Geschäfte öffnen. Und dann heißt es schon wieder au revoir !« Er machte eine flatternde Handbewegung, die seinen Abschied demonstrieren sollte.
»Und genau das wirst du nicht tun. Stattdessen wirst du den Amerikanern voller Leidenschaft und Überzeugung Trubert-Champagner verkaufen. Wenn du unseren lieben Freund Raymond Dupont in Reims besuchst, bist du des Verkaufens schließlich auch mächtig. Und noch etwas wirst du tun, nämlich unseren Champagner zu einem solch unschlagbaren Preis anbieten, dass nicht einmal die kleine verzweifelte Madame Feininger dagegen ankommt. Wie ich es sehe, ist das Geschäft mit den Amerikanern der letzte Strohhalm, nach dem sie greift. Wenn das misslingt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als an mich zu verkaufen.«
»Aber –«, hob Daniel an, wurde jedoch sofort unterbrochen.
»Kein Aber. Du genießt bei mir Freiheiten, um die dich jeder Kellermeister beneiden würde. Oder hast du jemals erlebt, dass ich dir bei der Kreation eines Champagners dreinrede? Nun bitte ich dich ausnahmsweise um einen Gefallen …« Sie schaute ihn flehend und unnachgiebig
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