Die Champagnerkönigin
aber sagen Sie das mal meinem Chef!«
»Feininger?« Der Amerikaner links außen merkte auf. »Steht dieser Name nicht ebenfalls auf unserer Liste?«
Bevor der picklige Assistent die Liste weitergereicht hatte, sagte Daniel: »Die veuve Feininger wird Sie gleich im Anschluss beehren. Beehren – dies ist bei dieser Dame wörtlich zu nehmen. Ich weiß nicht, welcher Ruf Ihnen vorauseilt …« – er musterte die drei Amerikaner von oben bis unten –, »aber es muss ein guter sein, denn sonst würde sich Isabelle Feininger niemals höchstpersönlich die Ehre geben.«
»Feininger? Seltsam, den Namen habe ich nie gehört. Ich habe vielmehr damit gerechnet, heute hier Repräsentanten der Häuser Moët & Chandon, Roederer oder Heidsieck begrüßen zu dürfen«, sagte der links sitzende Amerikaner.
Der Wortführer der drei warf ihm sogleich einen tadelnden Blick zu. »Mein lieber Steven, du bist und bleibst ein Banause. Es weiß doch wirklich jedes Kind, dass die Witwe Clicquot sowie die Witwe Feininger zu den ganz Großen der Champagner-Branche gehören.« Er lächelte Daniel hoheitsvoll an. »Vielen Dank, Monsieur, dass Sie uns Ihren Tropfen vorgestellt haben, aber er trifft leider nicht den Geschmack unserer Kunden. Wenn Sie uns bitte Madame Feininger hereinschicken möchten …«
Als Daniel aus dem Salon trat, war Isabelle gerade dabei, sich die Nase zu pudern. Am frühen Morgen hatten sie sich in dem Hotelzimmer, das sie zu dritt für eine Nacht bewohnt hatten, gegenseitig Schminke aufgelegt. Schwarz umrahmte Augen, Wangenrouge, dazu kräftig-rote Lippen – wenn sie schon auftreten wollten wie elegante französische Damen, dann auch richtig, darauf hatte Isabelle bestanden. Claras altmodischer Dutt hatte einem eleganten französischen chignon weichen müssen, Josefines Kurzhaarschnitt musste bleiben, wie er war, doch sie bekam ein freches Hütchen verpasst. Alle drei trugen sie Kleider aus Isabelles Bestand, dazu den kompletten Schmuck, den sie noch besaß. Der Effekt überraschte sie selbst: Sie sahen elegant und selbstbewusst aus und ein bisschen wie wahre Französinnen.
Seit ihrem Aufbruch in Hautvillers schwankte Isabelle zwischen leiser Hoffnung, dass es für das Weingut und sie doch noch eine Chance gab, und dem Gefühl, auf der Stelle flüchten zu müssen. Doch dann hätten Clara und Josefine sie eigenhändig umgebracht, so viel stand fest.
» Bonne chance! «, sagte Daniel augenzwinkernd, als er ihnen die Tür aufhielt. Einen Wimpernschlag lang sah er Isabelle in die Augen. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Jetzt nur keine Nerven zeigen, befahl sie sich stumm.
»Dann wollen wir mal«, flüsterte sie Clara und Josefine zu.
Sie hatten den Tisch, hinter dem die amerikanischen Geschäftsleute saßen, noch nicht erreicht, als alle drei Herren von ihren Stühlen aufsprangen.
»Madame Feininger!« Schon kam der Herr vom mittleren Platz um den Tisch herum auf sie zu. »Sie glauben gar nicht, was für eine große Ehre Ihr Besuch für uns ist!« Sein breites Lächeln reichte von einem Ohr zum anderen.
Isabelle runzelte die Stirn. »Wie –«, hob sie an, wurde jedoch sofort von Clara unterbrochen.
»Wie Sie sich vorstellen können, ist Madame Feiningers Zeit äußerst begrenzt – wenn wir also bitte baldmöglichst zum Geschäftlichen kommen könnten?« Sie klimperte mit ihren geschminkten Augenlidern.
Sowohl Isabelle als auch Josefine starrten die Freundin erstaunt an.
Josefine holte zwei Flaschen Champagner aus der Holzkiste und stellte sie auf den Tisch. »Bitte öffnen!«, wies sie den pickligen Assistenten, der jetzt neben dem Tisch stand, in einem barschen Befehlston an.
Aber das kann ich doch selbst machen, wollte Isabelle schon sagen, als sie es sich gerade noch anders überlegte.
»Bloß nicht bedürftig auftreten!«, hatte Josefine im Vorfeld geraten. »Kunden spüren sehr genau, wenn jemand aus Geld- oder anderen Nöten verkaufen muss. Das wird rücksichtslos ausgenutzt, der Preis wird gedrückt, alle möglichen Zugeständnisse werden dem Verkäufer abgerungen! Das willst du doch nicht, oder? Deshalb sollten wir die amerikanischen Herren mit Selbstsicherheit und einer Spur Arroganz blenden. Du musst so tun, als hättest du das alles gar nicht nötig.«
Genau daran erinnerte sich Isabelle, als sie mit einem Wink in Richtung Clara und Josefine sagte: »Darf ich vorstellen: meine beiden Assistentinnen Claire und Joséfine.« Sie sprach die beiden Namen betont französisch aus. »Bei einem so
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