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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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erfolgreich dagegen geschützt, tiefere Gefühle für einen anderen Menschen – von seiner Schwester Ghislaine abgesehen – zu entwickeln. Er mochte die Frauen, und sie mochten ihn, gewiss, aber mit wahrer Liebe hatten seine Beziehungen nichts zu tun. Wer nichts erwartete, konnte nicht enttäuscht werden. Wahre Liebe hingegen hatte hohe Erwartungen und machte verletzlich. Wahre Liebe konnte einem das Herz brechen. Wie sich das anfühlte, hatte er als kleiner Junge erlebt. Damals, als sich sein Vater das Leben genommen und Ghislaine und ihn allein gelassen hatte. Verlassen zu werden – vielleicht hatte er davor am meisten Angst. Was das aus einem Menschen machte, konnte er an Isabelle sehen! Und nun stand er hier, vor der blassen, rothaarigen Deutschen, und es drängte ihn danach, sie in den Arm zu nehmen und zu beschützen. Nichts und niemand sollte Isabelle Feininger weh tun.
    »Ich nehme an, wir haben denselben Weg«, sagte er mit rauher Stimme und nickte in Richtung des Hotels, in dem die Amerikaner warteten.
    »Warum sind Sie hier? Wollen Sie etwa auch Restposten Champagner verkaufen? Ich dachte, daran hätte niemand ein Interesse«, sagte die Braunhaarige verwirrt, die ihn im Le Grand Cerf auf den Zeitungsartikel angesprochen hatte. Heute sah sie ele­ganter und selbstbewusster aus als bei Ghislaine in der Bar. ­Das­selbe traf auf die zweite Berlinerin zu, die ein verwegenes Hütchen mit Federn und Perlen trug. Auch sie schaute ihn vorwurfsvoll an.
    Daniel lächelte besänftigend. »Keine Sorge, ich komme Ihnen gewiss nicht in die Quere.«
    Außer Daniel Lambert und Isabelle war aus der Gegend rund um Reims und Épernay niemand angereist – sich auf derlei Geschäfte einzulassen empfanden die wohlhabenden, prominenten Champagnerwinzer als unter ihrer Würde. Aus der südlichen Cham­pagne hatten sich jedoch zwei Winzer in der Hotellobby eingefunden. Ihre Weinberge waren wie so viele in den letzten Jahren von der Reblaus heimgesucht worden, und Geld für eine Wiederaufforstung hatten sie nicht, erzählten sie ungefragt. Bei dem Champagner, den sie den Amerikanern anbieten wollten, handelte es sich tatsächlich um kleine Restbestände aus den Ernten besserer Tage, von dem Geld würden sie wenigstens eine Zeitlang die Mäuler ihrer Familien stopfen können. Als die Männer erfuhren, dass Daniel Repräsentant des großen Weinguts Trubert war, wurden ihre Rücken noch krummer – welche Chance sollten sie da noch haben?
    Um zwei Uhr am Mittag wollten die Amerikaner die Winzer empfangen. Eine Viertelstunde vorher erschien ein junger Mann mit Pickeln und spärlichem Bart und rief die versammelten Winzer dazu auf, selbst festzulegen, in welcher Reihenfolge sie vor den Amerikanern erscheinen wollten. Aus lauter Ehrfurcht vor dem Namen Trubert überließen die Winzer aus dem Süden Daniel den Vortritt. Sogleich begannen Josefine und Clara zu protestieren, doch Daniel hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wenn ich als Erster vor die hohen Herren trete, soll Madame Feininger nach mir an die Reihe kommen.«
    Auch damit waren die beiden anderen Winzer einverstanden. Während sie dem Amerikaner ihre Namen buchstabierten, flüsterte Daniel Isabelle mit einem fast unmerklichen Augenzwinkern zu: »Glauben Sie mir, manchmal ist es kein Fehler, die Nummer zwei zu sein.«
    Stirnrunzelnd schaute Isabelle ihm nach, wie er eilig die Hotellobby durchquerte, um dann durch eine Hintertür zu verschwinden.
    Die drei Amerikaner hatten einen Salon des Hotels gemietet, der durchaus Platz für eine größere Veranstaltung geboten hätte. Raumhohe Sprossenfenster fluteten den Raum mit Licht, das von der Stuckdecke aufs rotgoldene Nussbaumparkett zurückgeworfen wurde. Im hinteren Drittel des Raumes hatten die Amerikaner einen langen Tisch aufbauen lassen, hinter dem sie in Reih und Glied saßen. Ihr Assistent hatte ein Stück von ihnen entfernt Platz genommen. Eine ganze Armada von Champagnergläsern stand für die Verkostung bereit, dazu etliche Karaffen mit Wasser. Allem Anschein nach hatten die Amerikaner mit einem größeren Ansturm von Anbietern gerechnet.
    Nach einer kurzen, fast beiläufigen Vorstellung des Weingutes Trubert öffnete Daniel unter den interessierten Blicken der Geschäftsmänner die erste Flasche Champagner. In der Stille des Moments ertönte ein lautes Magenknurren.
    »Damned, I’m hungry«, sagte einer der Amerikaner lachend. »Dieses Frühstück mit Croissants und Milchkaffee ist einfach nichts für

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