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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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gefallen«, murmelte Isabelle leise seufzend vor sich hin.
    Claude, der in ein Gespräch mit seinem Gegenüber verwickelt war, wandte sich unvermittelt ihr zu und sagte anerkennend: »Mit dieser gelungenen Ernte haben Sie Ihrem Mann die größte Ehre erwiesen – besser kann man ein Erbe nicht verwalten.«
    Isabelle lächelte traurig. »Meinen Sie wirklich?«
    Der Verwalter nickte bestätigend. Dann wandte er sich wieder seinem anderen Gesprächspartner zu.
    Wahrscheinlich hatte Claude recht, und sie konnte wirklich stolz darauf sein, dass alles so gut verlaufen war. Doch was sie tief in sich spürte, war nicht allein Stolz oder Erleichterung, sondern eine Mischung aus vielen noch tiefer gehenden Gefühlen. Mit dem heutigen Tag war die Ernte vollbracht. Doch eine Ruhepause würde ihr nicht vergönnt sein, schon warteten neue Aufgaben auf sie. Würde sie allem, was kommen sollte, ebenfalls gewachsen sein?
    Sie war so tief in Gedanken versunken, dass sie Gustave Grosse erst bemerkte, als er neben ihr stand. Er roch nach Schweiß und Schmutz. Seine Augen waren rot gerändert, sein Blick fast irr, als er ihr ein kleines Gläschen mit einem rötlichen Saft entgegenhielt.
    »Madame, hier! Der letzte vin de cuvée , den wir in diesem Jahr gepresst haben. Wollen Sie probieren?«
    Isabelle hielt das Glas kritisch gegen das Kerzenlicht. »Ist der Traubenmost nicht zu rötlich?«
    Der Kellermeister winkte ab. »Keine Sorge, die Farbe wird noch von den Hefen aufgefressen.«
    Halbwegs beruhigt nickte Isabelle, dann hob sie das Glas an ihre Lippen. Unwillkürlich verstummten alle Gespräche um sie herum, erwartungsvolle Blicke ruhten auf ihr.
    Der Traubenmost schmeckte süß und klebrig, mehr konnte sie beim besten Willen nicht sagen. Lächelnd schaute sie auf und rief: »Das wird bestimmt ein großartiger Jahrgang!«
    Begeisterter Jubel folgte. Jeder hatte zum Erfolg dieser Ernte beigetragen. Nun genossen alle den Moment des Triumphs.
    Isabelle stiegen Tränen in die Augen.
    »Ich danke euch allen!«, rief sie mit belegter Stimme. »Ihr wart wunderbar.«
    Weiterer Jubel folgte. Angestachelt von seinen Freunden, sprang ein attraktiver glutäugiger Bursche – einer von Àlvarez’ Männern – auf, ging auf Isabelle zu und machte vor ihr eine tiefe Verbeugung.
    »Chefin – darf ich Sie zum ersten Tanz des Abends bitten?«
    Irgendwann wurde Isabelle der Frohsinn zu viel. Das Kind in ihrem Bauch war auch schon ganz unruhig geworden. Ein bisschen Ruhe und Alleinsein war das, was sie jetzt brauchte. So unauffällig wie möglich schlich sie sich davon und ging in Richtung der Weinberge.
    Mondlicht lag über der Landschaft, die Umrisse der Rebstöcke wirkten darin, als wären sie wie bei einer Tuschezeichnung mit einer feinen Feder nachgezogen. Wie still es hier war, wie friedlich. Selbst die Wildtiere, die nachts auf Nahrungssuche gingen, gaben keinen Laut von sich.
    Auf halber Höhe der Weinberge ließ sich Isabelle auf einer verwitterten Bank nieder. Tief atmete sie die Luft ein, die noch immer durchdrungen war vom süßen Geruch der Trauben und von den vielen Lagerfeuern, die nicht nur auf ihrem Hof, sondern überall brannten und wie Glühwürmchen die Nacht erhellten. Auch im Himmel schien jemand ein Freudenfeuer angezündet zu haben – eine Flut von Sternen funkelte wie wertvolle Diamanten vom Firmament herab. Direkt vor ihr glitzerte der Abendstern besonders hell. Isabelle lächelte. Ein tiefer Frieden erfüllte sie, willig gab sie sich diesem Gefühl hin.
    Was keiner glaubte, war wahr geworden. Sie hatte es geschafft. Ihre erste Ernte war eingefahren. Ab jetzt würde sie auch wieder ein wenig Zeit für andere Dinge haben. Seit Tagen hatte sie weder Micheline noch Ghislaine gesehen, ein gemütlicher Schwatz auf dem Dorfplatz, statt nur gehetzt Einkäufe zu machen – wie sehr sie sich darauf freute! Und Briefe wollte sie schreiben, an Josefine und Clara, ausführlich wollte sie ihnen von dem Abenteuer Ernte berichten. Und dann … Gedankenverloren strich sie sich über den Bauch. Ab jetzt würde sie sich auch besser um das Kind kümmern. Leons Kind. Statt es zu ignorieren, würde sie es hegen und pflegen wie die Weinberge.
    Sie seufzte tief auf. An die anderen Pflichten und Aufgaben, die vor ihr lagen, wollte sie im Moment nicht denken. Es tat viel zu gut, einfach nur dazusitzen und die Stille zu genießen.
    Im nächsten Augenblick sah sie eine dunkle Gestalt den Weg heraufkommen. Sie runzelte missmutig die Stirn. Wer wollte

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