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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Faden sogleich auf und sagte ironisch: »Und weil du so viel Mitleid mit den verwaisten Kunden hattest, hast du ihnen sogleich deinen Trubert-Champagner angeboten, nicht wahr?« Dann drehte er sich den anderen zu. »Der Hurensohn war wieder einmal schneller als wir.«
    »Sie … haben … Jacques’ Kunden weggeschnappt?« Leon war plötzlich so aufgeregt, dass sich seine Stimme überschlug. Die Blicke der Wirtin und ein paar anderer Gäste fuhren zu ihm herum.
    Sein Nebenmann klopfte ihm tröstlich auf die Schulter. »Machen Sie sich nichts daraus. Das nächste Mal sind Sie es, der einem anderen Winzer ein paar Kunden ausspannt.«
    »Tja, so wird das Spiel nun mal gespielt«, fügte der Pommery-Verkäufer hinzu. »Das Gute daran ist, dass Sie sich nun eine Reise nach Amerika vorerst sparen können.«
    Erneut setzte das rauhe Lachen der Männer ein.
    »Lasst uns darauf trinken, die nächste Runde geht nochmals auf mich!«, rief Simon Souret großspurig.
    Leon knallte das Glas so hart auf den Tresen, dass es klirrte. »Mir ist die Lust zu trinken vergangen!«

    Isabelle war schon bei Claude Bertrands Tisch angekommen, als sie erkannte, wer neben ihrem Verwalter saß. Unter niedergeschlagenen Lidern zwinkerte sie Micheline Guenin verschwörerisch zu. Doch ihr Lächeln erstarb, als sie einen Tisch weiter Daniel Lambert entdeckte. Der Mann mit seinem losen Mundwerk hatte ihr gerade noch gefehlt! Aber zum Glück bemerkte er sie nicht. Vielmehr schien er mit einer Weinprobe beschäftigt zu sein, denn vor ihm standen mehrere Gläser und Flaschen. Der Anblick, wie er sein Glas schwenkte, hineinroch und die roséfarbene Flüssigkeit betrachtete, strahlte eine seltsame Intimität aus. Als wäre sie beim Blick durch ein Schlüsselloch ertappt worden, schaute Isabelle eilig fort und ging zu einem der wenigen freien Tische vor den raumhohen Sprossenfenstern.
    Wie lange Leon wohl noch mit den Männern am Tresen herumzustehen gedachte?, fragte sie sich verärgert, als von der Gruppe lautes Lachen ertönte. Sie hatte keine Lust, allein hier herumzusitzen. Vielmehr wollte sie von Leon erfahren, wie viel Geld er heute durch den Champagnerverkauf eingenommen hatte und wie seine weiteren Pläne aussahen. Dass ihr Mann sie zum Essen ausführte, war schon einmal ein gutes Zeichen.
    Ein abgehetztes Schankmädchen kam an ihren Tisch, und Isabelle bestellte ein Glas Wasser. Das Mädchen machte einen wohlerzogenen Knicks und ging wieder davon. Isabelle nutzte die Zeit, um sich in dem Restaurant ein wenig genauer umzusehen.
    Fast alle Tische waren besetzt, überall wurden angeregte Gespräche geführt. Bier, Wein und auch Champagner flossen in Strömen, die Wirtin hinter dem Tresen hatte alle Hände voll damit zu tun, die Bestellungen auszuführen. Isabelle erkannte sie sofort wieder: Es war die junge Frau mit dem nachlässig hochgesteckten Zopf, die Isabelle bei ihrer allerersten Kutschfahrt durch Hautvillers vor dem Gasthof gesehen hatte. Das war also la Maîtresse … Von nahem war sie noch attraktiver, dachte Isabelle neidlos. Nicht die kleinste Unebenheit störte ihren Teint. Augen, Lippen, Nase – alles schien in einem perfekten Verhältnis zueinander zu stehen. Dasselbe galt für ihre Figur: Sie war zierlich wie eine Ballerina, ihre Taille schmal, die Beine, die sich bei ihren Schritten unter dem wallenden Stoff des Rockes abzeichneten, so lang wie die eines Rennpferdes. Diese sehr schöne und vital wirkende Frau hätte ohne weiteres auf einer Berliner Theaterbühne bestehen können, aber verrucht oder gar irgendwie verkommen wirkte la Maîtresse nicht. Besonders freundlich wirkte sie allerdings auch nicht, dachte Isabelle, als sie sah, wie die Frau Leon mit zusammengepressten Lippen ein Glas Wasser reichte.
    »Man sieht ihr den Lebenswandel nicht an, nicht wahr?«, flüsterte eine Stimme so plötzlich in Isabelles Ohr, dass sie zusammenzuckte.
    Die Stimme gehörte Carla Chapron, der Küfersfrau.
    »Können Sie Gedanken lesen?«, flüsterte Isabelle lächelnd zurück.
    »Ignaz, darf ich dir unsere neue Nachbarin vorstellen – das ist die Frau, die mit dem deutschen Kaiser zusammen Sekt getrunken hat«, sagte Carla Chapron mit Stolz in der Stimme zu ihrem Mann. »Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?«
    Isabelle nickte eilig, erleichtert, nicht mehr allein sitzen zu müssen.
    »Sehen Sie den Herrn, der ganz links am Tresen steht, abseits von allen anderen?« Unauffällig zeigte Carla Chapron auf einen Mann Anfang sechzig. Er war nicht so

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