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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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elegant gekleidet wie die Gruppe, mit der Leon gerade zusammenstand, seine Hose und seine Jacke wirkten eher ländlich, so wie der Aufzug von Claude Bertrand. Sein buschiger Schnurrbart war grauschwarz meliert, er hatte ein Doppelkinn, eine rote Nase und Hängewangen, und sein Bauch war so dick, dass er an die Theke stieß. Gerade schien er sich köstlich über einen Scherz zu amüsieren, den la Maîtresse gemacht hatte, sein ganzer Körper bebte vor Lachen.
    »Das ist Alphonse Trubert«, raunte die Frau des Küfers bedeutungsvoll. »Ghislaines Liebhaber, oder sagen wir besser, einer ­ ihrer Liebhaber.«
    Fassungslos starrte Isabelle auf den eher unattraktiven Mann, der bestimmt fünfundzwanzig Jahre älter war als seine Geliebte.
    »Und was sagt Madame Trubert zu dem Umstand, dass ihr Mann in aller Öffentlichkeit bei seiner Geliebten hockt?«, flüsterte sie zurück.
    Carla Chapron hob zu einer Antwort an, klappte ihren Mund jedoch wieder zu, als Leon an den Tisch trat.
    »Darf ich bekannt machen – mein Mann Leon Feininger. Und das sind unsere Nachbarn Ignaz und Carla Chapron. Hattest du ein nettes Gespräch mit den Herren am Tresen?«, fragte sie spitz, nachdem sich alle die Hände geschüttelt hatten.
    »Wie man es nimmt«, knurrte Leon. »Du hast jedenfalls nichts verpasst.«
    Im nächsten Moment erschien statt des Schankmädchens la Maîtresse und knallte eine Wasserkaraffe sowie einige Gläser auf den Tisch.
    »Wollen Sie auch noch etwas zu essen?« Selten hatte eine Frage so feindselig geklungen.
    Stirnrunzelnd warf Isabelle Leon einen Blick zu, und weil er nicht reagierte, sagte sie: »Ja gern.«
    Jetzt umspielte ein kleines Lächeln die Lippen von la Maîtresse . »Aber sicher, Madame. Ich empfehle die gebratenen andouillette .«
    Isabelle hob fragend die Brauen.
    »Eine Spezialität der Champagne, allerdings eine sehr eigenwillige«, sagte Carla Chapron in einem Ton, den Isabelle nicht einordnen konnte.
    »Gebratene Wurst? Die mögen wir in Deutschland sehr gern. Zwei große Portionen bitte«, sagte Leon, ohne Isabelle zu fragen.
    Die Wurst sah aus wie eine deutsche weiße Bratwurst. Sie war kross gebraten und mit gebräunten Zwiebelringen überhäuft. Zwei Scheiben Baguette lagen am Rand des Tellers – Isabelle fand den Anblick so appetitanregend, dass ihr Magen ein leises Knurren von sich gab.
    Sie hatte eine erste Scheibe Wurst abgeschnitten, als sie den Geruch wahrnahm. Nach etwas Muffigem und Vergorenem. Und nach … Pferdepisse. Stirnrunzelnd schaute sie sich um. Woher kam denn das? Und warum machte niemand die Fenster zu? Beim Essen war solch ein Gestank wirklich alles andere als appetitlich. Außer ihr schien jedoch niemand etwas bemerkt zu haben, Leon und der Küfer langten bei ihrem Essen beherzt zu. Isabelle riss sich zusammen und schob sich den ersten Bissen in den Mund.
    Der Würgereiz kam unvermittelt und heftig. Nur mit Mühe gelang es ihr, die Wurst zu schlucken, danach kämpfte sie hinter vorgehaltener Hand gegen ihr Husten und Prusten an. Was … war … das?
    Die fragenden Blicke ihrer Tischnachbarn ignorierend, unterzog sie die Wurst einer genaueren Untersuchung. Schwabbelige, gallertartige Brocken in diversen Weiß- und Rosatönen waren zu einer Art Sülze zusammengepresst – mit einer deutschen Bratwurst hatte das nichts zu tun. Isabelle wandte sich zögerlich an Carla Chapron. »Woraus werden denn diese … andouillette gemacht?«
    »Oh, es sind unzählige Zutaten nötig, um diese spezielle Wurst herzustellen, und jeder Metzger hat sein eigenes Rezept.« Die Augen der Nachbarin leuchteten, es machte ihr sichtlich Spaß, die Deutsche bezüglich der besonderen Speise aufzuklären. »Die einen verwenden nur die Mägen von Kälbern, Kühen und Enten, unser Metzger hier in Hautvillers jedoch schwört auf die Zugabe von Lämmermägen. Hinzu kommen die Därme dieser Tiere sowie deren Nieren, die Milz und die Euter. Alles wird sehr fein geschnitten, das hebt den Eigengeschmack. Um ihn nicht zu stören, wird so gut wie kein Gewürz verwendet. Kalt ist die Wurst übrigens auch ein Hochgenuss.« Carla Chapron klang so stolz, als hätte sie selbst das Rezept für die Wurst erfunden. »Schmeckt sie Ihnen?«
    Isabelle, der bei der Aufzählung noch schlechter geworden war, sagte kläglich: »Die Wurst ist wirklich sehr speziell …« Sie konnte den Geruch der Innereien kaum mehr ertragen.
    Kurze Zeit später kam die Wirtin wieder an ihren Tisch, um die Teller abzutragen. Mit hochgezogenen

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