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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Spitzenhöschen, Leibchen und Mieder hingen nass und schneeweiß in Reih und Glied auf der Wäscheleine.
    Fast zärtlich zupfte Micheline eines von Isabelles Höschen glatt. »Was hätte ich in meiner Jugend darum gegeben, so etwas tragen zu können. Aber für wen?«
    Isabelle, die gerade den Waschbottich leerte, schaute die ältere Frau an. »Darf ich fragen, warum Sie …, also, ich meine …«
    »Warum ich nie geheiratet habe?«, beendete Micheline ihre Frage mit leichtem Ton. »Es war, wie es oft ist: Der, den ich haben wollte, hat eine andere geheiratet. Und die Männer, die sich für mich interessierten, an denen lag mir nichts. Als dann klar wurde, dass Marie und mein Bruder kinderlos bleiben würden, hielt ich es für die beste Lösung, auf dem Weingut zu bleiben. Sie wissen ja, zwei Hände mehr können bei der vielen Arbeit nie schaden.«
    Isabelle nickte lächelnd. Doch gleich darauf wurde sie wieder ernst. »Ihr Bruder und Marie waren bestimmt sehr traurig, als sie feststellten, dass der liebe Gott ihnen keine Kinder schenkte.«
    »Oh, sie hatten ein Kind«, erwiderte Micheline zu Isabelles ­Erstaunen. »Aber das Kleine war nicht ganz gesund. Nicht … normal, verstehen Sie?« Micheline wirkte mit einem Mal niedergedrückt, so als stünde plötzlich wieder das Unglück vergangener Tage vor ihrem inneren Auge. »Der Junge starb nach drei Wochen – schrecklich war das. Der Arzt meinte, es bestünde die Gefahr, dass auch das nächste Kind nicht gesund zur Welt kommen würde. Da beschloss Marie, es nicht mehr darauf anzulegen. Von da an hielten wir drei noch enger zusammen.«
    Isabelle hatte bei Michelines Erzählung zu frösteln begonnen. Die große Liebe im Alter – die würde sie Micheline von Herzen gönnen.
    »Ja, es lief in unserem Leben nicht alles so, wie wir es uns erträumt hatten. Aber manchmal bekommt man eine zweite Chance. Und ganz gleich, was Marie dazu sagt, ich werde sie nutzen!« Michelines glänzende Augen richteten sich erneut auf das Fenster, als hoffte sie, Claude Bertrand draußen zu entdecken.
    »Hat Monsieur Bertrand Ihnen gegenüber erwähnt, dass er sich eine neue Stelle suchen möchte?« Isabelle hielt den Atem an.
    Micheline schaute sie verwundert an. »Nein! Sollte er etwa?«
    Eilig verneinte Isabelle.
    »Nun haben Sie mir aber einen Schrecken eingejagt«, sagte Micheline lachend. »Nicht auszudenken, wenn Claude fortziehen würde. Genug davon! Sie sagten vorhin, Sie hätten noch viel Arbeit vor sich – wenn Sie mögen, helfe ich Ihnen gern ein bisschen. Drüben muss ich mir nur wieder Maries Vorwürfe anhören, wie unschicklich eine Liaison in meinem Alter sei, und darauf habe ich keine Lust.«
    Kurze Zeit später waren die beiden Nachbarinnen dabei, mit einer triefenden Flüssigkeit und einem alten Lumpen die Salonmöbel zu bearbeiten. Die Politur bestand aus ein paar Löffeln Öl, Rotwein und einer Prise Salz – ein Geheimrezept von Micheline, das den vielen Kratzern und dem stumpfen Holz den Garaus machte. Als Isabelle eine Stunde später im golden einfallenden Sonnenlicht ihr Werk betrachtete, verspürte sie Stolz und Zufriedenheit.
    »Es hört sich vielleicht seltsam an, aber ich bin in dieses Haus verliebt«, murmelte sie vor sich hin. »Wann immer ich durch die Räume gehe, möchte ich die Möbel berühren. Oder über die Samtvorhänge streichen. Wann immer ich an einem der vielen Fenster vorbeikomme, muss ich stehen bleiben und die herrlichen Ausblicke genießen.« Isabelle lächelte Micheline verlegen an. »Schon heute kann ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder woanders zu leben. Ich fühle mich so … angekommen!«
    »Sie fühlen sich hier zu Hause, so einfach ist das«, erwiderte die ältere Nachbarin lächelnd.
    Isabelle nickte nachdenklich. Die Berliner Villa, auf die ihr Vater so stolz gewesen war, war einzig für repräsentative Zwecke erbaut worden. Wie gemütlich ein Zuhause sein konnte, hatte Isabelle erst in Josefines kleinem Häuschen verstanden.
    Kurz darauf zeigte Micheline Isabelle, wie man richtig Kartoffeln und Kaffee kochte. Und sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als Isabelle sie fragte, ob Kürbisgemüse drei oder mehr Stunden kochen müsse.
    »Dann können Sie es nur noch an die Hühner verfüttern! Es reicht völlig aus, Kürbis eine halbe Stunde lang zu kochen.«
    »Es gibt so viel zu lernen, im Haus, im Hof, in den Weinbergen, in Jacques’ Büro. Und alles ist auf seine Art wichtig. Ob ich das jemals hinbekomme?«, rief

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