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Die Chancellor

Die Chancellor

Titel: Die Chancellor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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häßliche Falten
    tief gefurcht.
    Dieser verläßt zuerst seinen Posten.
    Fünf oder sechs Kameraden folgen seinem Beispiel;
    unter ihnen bemerke ich den Koch Jynxtrop; ebenfalls
    ein verdächtiges Subjekt.
    Auf den Befehl Robert Kurtis’, an die Pumpen zurück-
    zukehren, antwortet Owen mit einem trotzigen Nein.
    Der Kapitän wiederholt seinen Befehl.
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    Owen bleibt bei seiner Weigerung.
    Robert Kurtis nähert sich dem aufsässigen Matrosen.
    »Ich rate Ihnen, mich nicht anzurühren«, sagt Owen
    in kaltem Ton und steigt nach dem Vorderkastell hin-
    auf.Robert Kurtis begibt sich nach dem Oberdeck, geht
    in seine Kabine und kehrt mit einem geladenen Revol-
    ver in der Hand daraus zurück.
    Einen Moment sieht Owen Robert Kurtis an, doch
    Jynxtrop macht ihm ein Zeichen, und alle nehmen ihre
    Arbeit wieder auf.
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    4. Dezember. – Der erste Versuch einer Meuterei ist
    durch das energische Auftreten Robert Kurtis’ vereitelt
    worden. Wird der Kapitän in Zukunft ebenso glücklich
    sein? Man muß es hoffen, denn eine undisziplinierte
    Mannschaft müßte die ohnehin ernste Situation ganz
    unerträglich machen.
    Auch während der Nacht dürfen die Pumpen nicht
    ruhen. Die Bewegungen des Schiffes sind schwerfällig;
    da es sich kaum mit den Wellen erhebt, überfluten es
    auch häufig Sturzseen, deren Wasser durch die geöffne-
    ten Luken eindringt und das schon im Frachtraum vor-
    handene vermehrt.
    Unsere Lage wird nun bald ebenso bedrohlich wie in

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    den letzten Tagen der Feuersbrunst. Passagiere, Mann-
    schaften, alle merken es, daß das Fahrzeug ihnen un-
    ter den Füßen schwindet, und sehen langsam, aber un-
    unterbrochen das Wasser darin steigen, das ihnen jetzt
    eben so furchtbar erscheint, wie früher die Flammen.
    Dennoch arbeitet die Mannschaft unausgesetzt un-
    ter den Drohungen Robert Kurtis’, und wohl oder übel
    kämpfen die Matrosen zwar mit aller Energie, doch fan-
    gen ihnen die Kräfte an zu schwinden. Ausschöpfen
    können sie dieses Wasser, das sich unablässig erneuert,
    und dessen Niveau von Stunde zu Stunde steigt, doch
    nicht mehr. Die, welche die Eimer handhaben, sind ge-
    zwungen, den Raum zu verlassen, wo sie, schon bis an
    den Leib im Wasser stehend, zu ertrinken befürchten
    müssen. Nun gibt es nur noch einen Ausweg, zu dem
    man sich am nächsten Tag, dem 4., nach einer Beratung
    zwischen dem Leutnant, dem Hochbootsmann und Ro-
    bert Kurtis entschließt, nämlich den, das Schiff zu ver-
    lassen. Da die Jolle, das einzige uns verbliebene Boot,
    nicht alle zu fassen vermag, soll sofort ein Floß gezim-
    mert werden, die Mannschaft indessen an den Pumpen
    tätig bleiben, bis zu dem Augenblick des Befehls zur
    Einschiffung.
    Der Zimmermann Daoulas wird in Kenntnis gesetzt,
    und man kommt dahin überein, das Floß aus den Re-
    serverahen und dem entbehrlichen Mastwerk, das vor-
    her in Stücke von gewünschter Länge zerschnitten wer-
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    den soll, zu erbauen. Das verhältnismäßig ruhige Meer
    erleichtert dieses selbst unter den günstigsten Umstän-
    den ziemlich schwierige Werk.
    Ohne Zeitverlust gehen Robert Kurtis, der Ingenieur
    Falsten, der Zimmermann und zehn Matrosen mit Sä-
    gen und Äxten daran, die Rahen zu zerschneiden, be-
    vor sie ins Meer geworfen werden. So braucht man sie
    nur noch haltbar zu verbinden und eine Unterlage her-
    zustellen, auf welche die Plattform des Floßes zu liegen
    kommen soll, die man in einer Länge von 40 und einer
    Breite von 25 Fuß geplant hat.
    Wir anderen Passagiere und der Rest der Mannschaft
    bleiben fortwährend an den Pumpen beschäftigt. Neben
    mir müht sich André Letourneur nach Kräften ab, den
    sein Vater fortwährend mit zärtlicher Erregung ansieht.
    Was soll aus seinem Sohn werden, wenn er gegen die
    Wellen ankämpfen muß, unter Umständen, aus denen
    sich kaum ein gesunder und kräftiger Mensch zu retten
    vermag? Jedenfalls werden wir zwei sein, die ihn nicht
    verlassen.
    Mrs. Kear hat man die drohende Gefahr verhehlt, da
    eine anhaltende Ohnmacht ihr fast jedes Bewußtsein
    raubt.
    Mehrmals ist Miss Herbey auf dem Verdeck erschie-
    nen, doch nur während einiger Augenblicke. Zwar ha-
    ben die Strapazen sie blässer gemacht, doch immer ist
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    sie stark und mutig. Ich empfehle ihr, sich auf alles ge-
    faßt zu machen.
    »Ich bin immer bereit, mein Herr Doktor«, antwor-
    tet mir Miss Herbey, und kehrt sofort zu Mrs. Kear zu-
    rück.
    André Letourneurs Blicke folgen dem

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