Die Chancellor
Ge-
spräch; jeder von uns bestrebt sich nach Kräften, sie
durch alle möglichen Zuvorkommenheiten vergessen
zu lassen, daß sie diejenigen verloren, die naturgemäß
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ihre Beschützer sein sollten. In Mr. Letourneur hat das
junge Mädchen einen verläßlichen Freund gefunden,
wie nur ein Vater einer sein könnte, und zu ihm spricht
sie mit der hingebenden Offenheit, die ihr dessen Alter
gestattet. Auf sein Ersuchen hat sie ihm ihre Lebensge-
schichte erzählt, – die Geschichte eines Lebens voll Mut
und Selbstverleugnung, das so häufige Los der meisten
armen Waisen. Seit 2 Jahren war sie im Haus von Mr.
Kear, und jetzt ohne alle Mittel, ohne Aussichten auf die
Zukunft, doch immer voller Vertrauen, da sie sich ge-
gen jede Prüfung des Schicksals gewappnet fühlt. Miss
Herbey erzwingt sich durch ihren Charakter, ihre mora-
lische Energie die ungeteilteste Hochachtung, und auch
gewisse ungebildetere Leute an Bord hüten sich vor je-
dem Wort und jeder Geste, die sie unangenehm berüh-
ren könnten.
Vom 12. bis 14. Dezember ist keine Änderung in
der Situation eingetreten, in wechselnder Stärke hat
der Wind fortwährend aus Osten geweht. Eigentliche
Schiffsmanöver sind auf dem Floß überflüssig; selbst
das Steuer, oder vielmehr der Bootsriemen braucht in
seiner Stellung nicht geändert zu werden. Unser Appa-
rat läuft mit dem Wind im Rücken, und seine Form ver-
hindert das Schwanken nach der oder jener Seite. Im
Vorderteil bleiben stets einige Matrosen auf Wache, die
den Auftrag haben, das Meer mit peinlichster Sorgfalt
zu beobachten.
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7 Tage sind nun verflossen, seit wir die ›Chancel-
lor‹ verlassen haben, und ich gestehe, daß wir uns an
die Rationen schon gewöhnt haben – wenigstens be-
züglich der festen Nahrung. Freilich sind unsere Kräfte
auch nach keiner Seite hin in Anspruch genommen. Wir
»nutzen uns nicht ab«, – um den volkstümlichen Aus-
druck zu gebrauchen, der meine Gedanken recht tref-
fend bezeichnet, – und unter derartigen Verhältnissen
braucht der Mensch nur wenig zu seiner Erhaltung. Am
meisten empfinden wir die Beschränkung des Wasser-
genusses, und bei der großen Hitze ist die uns zugeteilte
Quantität notorisch unzureichend.
Am 15. Dezember wimmelt es plötzlich rund um
das Floß von einer großen Menge Fische, sogenannter
Seebrassen. Obwohl unser Angelgerät nur aus langen
Schnüren besteht, an denen ein umgebogener Nagel mit
einem Stückchen gedörrten Fleisches als Lockspeise
befestigt ist, gelingt es uns doch, eine nicht unbeträcht-
liche Menge dieser Brassen zu fangen.
Der Tag bescherte uns einen wahrhaft wunderbaren
Fischzug und veranlaßte ein wirkliches Fest an Bord.
Ein Teil jener Fische wurde geröstet, ein anderer in
Meerwasser über einem auf dem Vorderteil angezünde-
ten Holzfeuer gekocht. Oh, das gab eine Mahlzeit! Und
dabei sparten wir an unseren Vorräten. Diese Brassen
erscheinen in solcher Unmenge, daß wir binnen 2 Ta-
gen über 200 Pfund von ihnen einfangen. Wenn jetzt
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noch Regen fallen sollte, müßte sich alles für uns zum
Besten wenden.
Leider hielt sich jener Schwarm von Fischen nicht
lange in unserer Nähe auf. Am 17. sind einige große
Haie, von der 4 bis 5 Meter langen Art der sogenann-
ten Tigerhaie, an der Oberfläche des Meeres erschie-
nen. Ihre Kiefern und der untere Teil des Körpers sind
schwarz mit weißen Flecken und Querlinien. Die Ge-
genwart solcher gefährlicher Quermäuler hat immer et-
was Beunruhigendes, denn wir befinden uns bei dem
geringen Emporragen des Floßes fast auf einem Niveau
mit ihnen, und schon mehrmals haben sie mit dem
Schwanz heftig gegen unseren Bau geschlagen. Zwar ist
es den Matrosen gelungen, sie durch Schläge mit Pfählen
zu vertreiben, doch sollte es mich sehr wundern, wenn
sie uns nicht, wie eine Beute, die ihnen nicht entgehen
kann, hartnäckig nachfolgten. Geschöpfe »mit solchem
Ahnungsvermögen« liebe ich aber keineswegs.
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18. bis 20. Dezember. – Heute hat das Wetter sich geän-
dert und der Wind aufgefrischt. Wir klagen nicht darü-
ber, denn er ist uns günstig. Nur wird der Mast aus Vor-
sorge noch mehr verstärkt, um ein Brechen infolge des
Segeldrucks zu verhindern. Nachdem das geschehen ist,
bewegt sich unsere schwerfällige Maschine mit größe-
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rer Schnelligkeit fort und läßt eine Art langen Kielwas-
sers hinter
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