Die Chancellor
Vater?« sind seine nächsten Worte.
Ich versichere ihm, daß sein Vater auch seinen Teil
hat . . . ich den meinen, daß ich ihm morgen . . . die fol-
genden Tage auch noch so viel würde zukommen las-
sen können . . .! Er möge es nur nehmen . . . nur neh-
men . . .!
André hat mich nicht gefragt, woher dieser Zwieback
komme, und hat ihn schleunig zum Mund geführt.
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Und diesen Abend habe ich trotz Mr. Letourneurs
Angebot nichts gegessen . . . gar nichts!
40
7. Januar. – Seit einigen Tagen spült das Meer fast un-
aufhörlich über die Plattform des Floßes hinweg, und
hat nach und nach die Füße einiger Matrosen wund ge-
macht. Owen, den der Bootsmann seit der Revolte im
Vorderteil gefesselt hält, ist in bejammernswertem Zu-
stand, und seine Bande werden auf unsere Bitten hin ge-
löst. Auch Sandon und Burke haben durch das ätzende
Salzwasser mehr oder weniger gelitten, und wir andern
sind nur deshalb davon verschont geblieben, weil das
Hinterteil des Floßes den Wellen weniger ausgesetzt ist.
Heute hat sich der Hochbootsmann in wütendem
Hunger auf das Segelzeug, sowie auf Holzstücke ge-
stürzt, und noch immer höre ich seine Zähne diese
Stoffe zermalmen. Der Unglückliche sucht nur seinen
Magen zu füllen, um dessen Schleimhäute wieder ein-
mal auszudehnen. Zuletzt findet er an einem der Mast-
stücke, welche die Plattform tragen, ein Stück Leder.
Dieses Leder ist ja eine tierische Materie, deren er sich
bemächtigt, sie verzehrt, und mit der er sich doch ei-
nige Erleichterung zu verschaffen scheint. Alle tun es
ihm nach. Ein Hut aus gummiertem Leder, die Sturm-
riemen der Mützen, jede tierische Substanz wird ange-
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nagt. Uns treibt ein bestialischer Instinkt, dem niemand
zu widerstehen vermag. Einen Augenblick scheint es, als
ob wir aller menschlichen Eigenschaften beraubt wären,
und niemals werde ich diese Szenen vergessen!
Wenn auch der Hunger nicht eigentlich zu stillen war,
so ist doch sein Drängen eine Zeitlang unterdrückt. Ei-
nige unter uns konnten diese Art Nahrung freilich nicht
einmal vertragen und fingen darauf an, an Übelkeiten
zu leiden.
Man verzeihe mir diese Einzelheiten! Ich mag nichts
verhehlen, was die Schiffbrüchigen der ›Chancellor‹ zu
leiden hatten! Man wird aus diesen Berichten erfahren,
welches moralische und physische Elend menschliche
Wesen zu ertragen imstande sind! Das verleihe diesem
Tagebuch seinen Wert! Ich werde nichts verschweigen,
und leider ahnt mir, daß wir unsere Leiden noch nicht
erschöpft haben!
Eine Beobachtung, die ich während der oben er-
wähnten Szene zu machen Gelegenheit hatte, bestärkt
mich in meinem Verdacht gegen den Steward. Obwohl
Hobbart sein Jammern nicht unterbrach, ja es womög-
lich noch übertrieb, hat er sich bei jener Szene nicht be-
teiligt. Wenn man ihn hört, sollte man glauben, daß er
schon Hungers sterbe, und wenn man ihn sieht, scheint
er allein von den allgemeinen Qualen verschont zu sein.
Besitzt dieser Heuchler noch einen geheimen Vorrat?
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Ich habe ihn schon überwacht, aber noch nichts entde-
cken können.
Die Hitze ist immer bedeutend und sogar unerträg-
lich, wenn die Brise sie nicht mäßigt. Unser Wasservor-
rat ist gewiß unzureichend, aber der Hunger ertötet in
uns den Durst. Und wenn ich mir nun gar noch sage,
daß die Entbehrung des Wassers uns noch mehr foltern
wird, als die der festen Nahrung, so kann ich es kaum
glauben, oder mir wenigstens nicht augenblicklich ver-
gegenwärtigen. Doch steht diese Tatsache unzweifelhaft
fest, und Gott wolle es verhüten, daß wir auch das noch
auskosten sollen!
Zum Glück enthält die halb zerbrochene Wasser-
tonne noch immer einige Pinten Wasser, und die andere
ist ja noch unversehrt. Obwohl sich unsere Anzahl ver-
mindert hat, hat der Kapitän dennoch, entgegen dem
Widerspruch von manchen Seiten, die täglichen Ratio-
nen auf eine halbe Pinte herabgesetzt. Ich stimme ihm
hierin vollständig zu.
Vom Branntwein haben wir nur noch eine Viertel-
gallone übrig, die auf dem Heck des Floßes an sicherer
Stelle untergebracht ist.
Heute, am 7., gegen halb 8 Uhr abends, hat wieder ei-
ner von uns aufgehört zu leiden. Wir sind nur noch 14!
Leutnant Walter hat sein Leben in meinen Armen aus-
gehaucht, und weder Miss Herbeys Sorgfalt, noch meine
hat ihm nützen können . . . er hat es überstanden!
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Wenige Minuten vor seinem Tod hat der
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