Die Chaos Queen
mich sehr wohl beherrschen kann.«
»Ich auch«, sagte Valerie. »Ich ess die auch nicht.«
»Du isst sie bestimmt, wenn wir weg sind«, meinte Lula.
Valerie biss sich auf die Unterlippe. Natürlich würde sie die Chips essen. Sie war auch nur ein Mensch, oder? Und wir waren schließlich in New Jersey. Ach, mitten in Burg! In Burg aß man selbstverständlich Chips. Da aß man
alles.
»Vielleicht nehme ich die Chips besser mit«, schlug Lula vor.
»Wenn ich sie hinterher esse, ist das nicht schlimm, weil ich ja gerade nicht im Abnehm-Programm bin. Ich mach momentan das Zunehm-Programm.«
Valerie holte alle Chipstüten aus dem Schrank und stopfte sie in einen großen schwarzen Müllsack. Sie warf Kekspackungen und Bonbontüten hinterher. Dann waren die zuckerüberzogenen Cornflakes, die Waffeln für den Toaster und gesalzenen Nüsse dran. Anschließend reichte sie Lula den Sack.
»Und heute Abend esse ich nur ein einziges Schweinekotelett. Und ich werde es nicht in Soße ertränken.«
»Gut«, sagte Lula. »Mit so einer Einstellung bist du in null Komma nichts dünn.«
Valerie sah mich an. »Grandma war ganz aufgeregt am Telefon. Sie meinte, sie hätte gerade erfahren, dass du schon seit Jahren Cello spielst.«
Lula fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Willst du mich verarschen? Ich hab nicht gewusst, dass du ein Musikinstrument spielst. Und dann Cello! Das ist ja echt schickimicki. Ganz was Feines! Wieso hast du nie was davon erzählt?«
In meinem Magen entwickelten sich kleine Panikwirbel. Das Ganze drohte mir aus dem Ruder zu laufen. »Ach, nichts Besonderes«, sagte ich beschwichtigend. »Ich bin sowieso nicht sehr gut. Ich komme kaum zum Üben. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zum letzten Mal gespielt habe.«
»Ich kann mich nicht mal erinnern, ein Cello in deiner Wohnung gesehen zu haben«, bemerkte Valerie.
»Es steht im Wandschrank«, erklärte ich.
Meine Güte, konnte ich lügen!
Als Kopfgeldjägerin war das mein einzig nützliches Talent gewesen. Demonstrativ schaute ich auf die Uhr. »Oh, es ist spät geworden, ich muss los.«
»Ich auch«, sagte Lula. »Ich muss hinter diesem Scheiß-BR her.« Sie schlang die Arme um den Müllsack mit dem Junkfood und schleppte ihn nach draußen zum Auto. »Das wäre wie in alten Zeiten, wenn du noch mal mitkämst«, sagte sie zu mir.
»Würde nicht lange dauern, den Wildpisser aufzutreiben, und anschließend könnten wir den ganzen Kram hier essen.«
»Ich muss nach Hause und duschen und mich für die Arbeit umziehen. Und ich muss Rex füttern. Und ich will keine Kautionsflüchtigen mehr jagen.«
»Gut«, sagte Lula. »Kann ich irgendwie verstehen.«
In ihrem Firebird brauste sie davon. Und ich beschleunigte langsam mit dem Buick. Der Buick war wie ein Güterzug. Er brauchte eine Weile, um richtig auf Touren zu kommen, aber wenn er einmal rollte, hielt ihn nichts mehr auf.
Auf dem Heimweg fuhr ich bei Giovichinni’s vorbei. Im Leerlauf wartete ich vor dem Geschäft und sah durch die große Fensterscheibe. Bonnie Sue Giovichinni stand an der Kasse. Ich nahm mein Handy und rief sie an, um nachzufragen, ob einer von den Macaronis im Laden sei.
»Nein«, sagte Bonnie Sue. »Die Luft ist rein.«
Ich huschte hinein und suchte das Notwendigste zusammen: ein Brot, ein paar Scheiben Provolone, ein halbes Pfund geschnittenen Schinken, eine kleine Packung Schokoladeneis, einen halben Liter entrahmte Milch und eine Handvoll grüne Bohnen für Rex. Ich legte noch zwei Tastykakes in den Korb und stellte mich hinter Mrs. Krepier an die Kasse.
»Ich habe eben mit Ruby Beck gesprochen«, sagte Mrs. Krepier. »Sie sagte, du hättest im Kautionsbüro gekündigt, damit du in einem Symphonieorchester Cello spielen kannst. Wie aufregend!«
Ich war sprachlos.
»Und weißt du, ob sie den Leberfleck schon gefunden haben?«, wollte Mrs. Krepier wissen.
Ich bezahlte meinen Einkauf und eilte nach draußen. Die Sache mit dem Cello verbreitete sich in Burg wie ein Lauffeuer. Man sollte meinen, wo es etwas so Aufregendes gab wie eine völlig zerfetzte Mama Macaroni, dürfte keine Zeit mehr sein, um sich über mein Cellospiel Gedanken zu machen. Hier kam man echt nicht zur Ruhe.
Ich fuhr nach Hause und legte den Straßenkreuzer nahe der Hintertür vor Anker. Je näher an der Tür, desto weniger Möglichkeiten, eine Bombe zu deponieren, dachte ich. Ich war mir nicht sicher, dass diese Theorie wasserdicht war, aber ich fühlte mich besser damit. Ich stieg die Treppe hinauf
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