Die Chaos Queen
verschwand im Lager und kam mit einer Rolle schwarzem Isolierband zurück. »Not macht erfinderisch«, sagte er, drückte mir das Headset auf den Kopf und wickelte mehrmals das Isolierband darum. »Jetzt kannst du den Hut aufsetzen und tucki sein, und das Headset verrutscht nicht mehr.«
»Willkommen bei Tucki-Chicken«, sagte ich zum ersten Kunden.
»Ich hätte gerne einmal krrchtra krrchsprig, zweimal Pommes und eine krrche Cola.«
Mann stand hinter mir. »Das war einmal Chicken extra knusprig, zwei Pommes und eine große Cola.« Er schlug mir auf die Schulter. »Nach ein paar Kunden hast du den Dreh raus. Du musst sie einfach nur aufrufen, das Geld entgegennehmen und die Bestellung rausgeben. Fred hinten macht die Bestellungen fertig.« Mit diesen Worten war Mr. Mann fort.
»Sieben fünfzig«, sagte ich. »Fahren Sie bitte vor.«
»Was?«
»Sieben fünfzig. Fahren Sie bitte vor!«
»Sprechen Sie mal deutlich! Ich verstehe kein einziges Wort!«
»
Sieben fünfzig!
«
Das Auto kam an den Schalter. Ich nahm das Geld entgegen und reichte dem Fahrer die Tüte. Er sah hinein und schüttelte den Kopf. »Da sind nur einmal Pommes drin.«
»
Fred!
«
,
rief ich ins Mikro, »die bekommen noch einmal Pommes!«
Fred kam mit den Pommes herübergelaufen. »Entschuldigung«, sagte er zu dem Mann im Wagen. »Ich wünsche Ihnen noch einen tucki-schnucki Tag.«
Fred war ein paar Zentimeter größer als ich und ein paar Pfund leichter. Er hatte eine teigig weiße, mit Brandwunden verunstaltete Haut, blassblaue Augen und rostrote Dreadlocks, die unter seinem Hut hervorstanden. Ein bisschen sah er aus wie die Vogelscheuche aus dem
Zauberer von Oz.
Ich schätzte ihn auf achtzehn oder neunzehn.
»Selber tucki«, sagte der Typ zu Fred und fuhr davon.
»Vielen Dank!«, rief Fred ihm nach. »Schönen Tag noch! Tucken Sie sich selbst!« Dann wandte er sich an mich. »Du musst schneller machen. Da stehen ungefähr vierzig Autos in der Schlange. Die Leute werden langsam sauer.«
Nach einer halben Stunde war ich heiser vom Schreien.
»Sieben zwanzig«, krächzte ich. »Fahren Sie bitte vor!«
»Was?«
Ich trank einen Schluck von der riesigen Cola, die neben meiner Kasse stand. »Sieben zwanzig.«
»Was?«
»
Sieben zwanzig, verdammt noch mal!
«
Ein Geländewagen fuhr an den Schalter. Ich griff nach dem Geld und sah plötzlich in Spiro Stivas funkelnde Rattenaugen. Die Beleuchtung war nicht gut, aber ich erkannte, dass sein Gesicht durch den Brand im Beerdigungsinstitut offenbar schlimm verunstaltet worden war. Ich stand da wie angewurzelt, konnte mich nicht bewegen, bekam kein Wort heraus.
Sein Mund war ein schmaler Schlitz in einem vernarbten Gesicht. Er lächelte mich an, aber es war ein künstliches, freudloses Lächeln. Er reichte mir einen Zehner. Seine Hand zitterte, und die Haut war fleckig und glänzte durch die Brandwunden.
Fred reichte mir die Tüte, ich gab sie automatisch an Spiro weiter.
»Stimmt so«, sagte Spiro. Dann warf er ein mittelgroßes, in Scooby-Doo-Papier eingewickeltes und mit einem roten Band verziertes Paket durch das Schalterfenster. Und fuhr davon.
Das Paket hüpfte von der kleinen Theke und landete zwischen Fred und mir auf dem Boden. Fred hob es auf und untersuchte es. »Da ist ein Kärtchen dran. Hey, weißt du was? Ich glaube, das Ding tickt. Kanntest du den Typen?«
»Ja, allerdings.« Ich nahm das Paket und wollte es aus dem Fenster werfen. Keine gute Idee. Da stand schon das nächste Auto.
»Was ist los?«, fragte Fred.
»Das muss nach draußen.«
»Von wegen! Da stehen hunderttausend Autos in der Schlange. Der Chef rastet aus!« Fred griff nach dem Päckchen.
»Gib es mir! Ich bringe es nach hinten.«
»Nein! Da ist vielleicht eine Bombe drin. Ich möchte, dass du ganz unauffällig die Polizei verständigst, während ich das nach draußen bringe.«
»Willst du mich verarschen?«
»Ruf einfach die Polizei, ja?«
»Heilige Scheiße! Das ist dein Ernst, ja? Der Typ hat dir ’ne Bombe gegeben?«
»Kann sein …«
»Die muss unter Wasser«, meinte Fred. »Ich hab eine Sendung im Fernsehen gesehen, da haben sie die Bombe unter Wasser getan.«
Fred riss mir das Paket aus der Hand und warf es in die Friteuse. Das siedende Öl blubberte und lief über. Es breitete sich aus bis zum Grill, dann machte es
Fumm!,
und plötzlich stand der Grill in blauen Flammen.
Fred bekam große Augen. »Feuer!«, kreischte er. Er griff zu einem großen Becher und schöpfte Wasser aus der
Weitere Kostenlose Bücher