Die Chorknaben
anderem aufgewacht bin als mit 'ner schlaffen Makkaroni.«
»Du wirst also bei der nächsten Singstunde in der Potenzrangliste ganz unten eingestuft werden«, richtete Sam Niles einen Bloomguardismus gegen seinen Partner.
»Du bist wirklich gemein, Sam, weißt du das?«
»Harold, du bist nicht impotent. Das kannst du mir glauben.
Und du wirst auch nicht in 'ner Gummizelle enden wie deine Mutter. Allerdings kann das mir blühen, wenn du mich weiter als einen Kopfschrumpfer heranziehst. Wenn du schon unbedingt mit 'nem Steifen aufwachen willst, dann bitte doch den Captain, dich für die Tagschicht einzuteilen. Wenn du dann bei Sonnenaufgang auf Streife bist und in deinem Schwarzweißen aufwachst, nachdem du mit einem nervösen Magen von den verrückten frühen Morgenstunden und den fettigen Spiegeleiern, die du dir um zwei Uhr früh hineingewürgt hast, zu schlafen versucht hast, und wenn du dann in irgendeinem Hinterhof in deinem Wagen pennst und doch kaum schlafen kannst vor Angst, daß dich ein Sergeant erwischt, und wenn du dich dann nach all dem sehnst, was normale Leute um diese Zeit machen, wie zum Beispiel sich an einen warmen, weichen Frauenkörper zu kuscheln, weißt du, was dann? Dann wirst du mit dem härtesten Diamantenschneider aufwachen, den du dir nur vorstellen kannst. Versuch's mal, wenn du mir nicht glaubst.«
»Mich für die Frühschicht einteilen lassen, hm? Wäre vielleicht gar nicht mal so schlecht. Wie sieht das mit dir aus; würdest du auch mitmachen?«
»Nein, das mußt du schon allein probieren und dir 'nen neuen Partner suchen. Wer weiß? Vielleicht hast du Glück und erwischst 'nen Spezialisten für abnorme Psychologie.« Harold ließ sich diesen Vorschlag fünf Sekunden durch den Kopf gehen und sagte dann: »Ich glaube, ich bleibe lieber bei dir, Sam. Wir werden uns eben eine andere Lösung für meine Impotenzprobleme ausdenken müssen.« Dann erhielten sie einen Routineruf ins South End, wo ein Schwarzer mit einem Topf heißer Suppe nach seiner Tochter geworfen und seiner Frau den Deckel auf den Kopf gedroschen hatte. Aber da sich der Schuldige aus dem Staub gemacht hatte und das Mädchen bereits mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht worden war, gab es für die beiden nicht mehr viel zu tun, außer die Aussage der Mutter zu Protokoll zu nehmen und wegen der Behandlung der Tochter im Krankenhaus anzurufen. Nach Einbruch der Dunkelheit kam ein weiterer Routineauftrag herein, diesmal ins North End zu einem kleinen Haus, in dem eine verwahrloste weiße Frau wohnte, die ein zerschlissenes, löchriges Kleid trug und barfüßig war. Immerhin hielt der Stoff des Kleides noch genügend aus, daß sich drei kleine Kinder daran festklammern konnten. Die Frau schwankte beim Gehen leicht, was zum einen auf die Kinder an ihrem Rockzipfel, zum anderen auf die Flasche Bourbon zurückzuführen war, die sie im Verlauf des Abends bereits konsumiert hatte.
Sam Niles ließ Harold Bloomguard sich um die Sache kümmern, da der so etwas immer irgendwie hinkriegte. Er stürzte sich immer begeistert in eine Unterhaltung mit einem zerstrittenen Paar oder dem Opfer eines Einbruchs, wobei es immer zu einem regen Austausch von guten Ratschlägen kam. Harolds Notizbuch quoll förmlich über mit Adressen von Stellen, die offensichtlich Abhilfe für jedes Übel wußten, mit dem Los Angeles aufwarten konnte.
Die Frau mit den müden Augen hatte sie rufen lassen, um zu melden, daß ihre Tochter im Teenageralter gedroht hatte, mit dem neunundvierzigjährigen Klavierstimmer durchzubrennen, der nebenan wohnte. Harold Bloomguard versprach ihr, für den nächsten Morgen eine Verabredung mit den Beamten vom Jugenddezernat zu vereinbaren. Außerdem riet Harold der Frau, sie solle versuchen, der Polizei dabei behilflich zu sein, den Nachweis zu erbringen, ob das Mädchen von dem älteren Mann mißbraucht worden war.
»Ob sie was?« fragte die Frau, als Sam Niles seine Taschenlampe anknipste, um die Stufen der Veranda hinabzusteigen. »Ob sie mißbraucht worden ist«, wiederholte Harold, während Sam bereits halb die Treppe hinunter war und auf den Streifenwagen zuging.
Die Frau nickte einfältig, worauf Harold sich verabschiedete:
»Also bis dann, Ma'am.« Harold nahm seine Mütze ab und winkte der Frau noch einmal zu, als er die Tür des Wagens öffnete. Inzwischen schien sie fast durch den Boden der Veranda zu sacken, da sich nur unter dem kalten Licht der nackten Glühbirne ganze sieben Kinder um sie versammelt
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