Die Chorknaben
Bloomguard und beraumte eine Singstunde an, als sie sich nach Dienstschluß umkleideten. Es war eine kühle Nacht für eine Singstunde, so daß nur die Hälfte der Chorknaben daran teilnahm. Aber zumindest kam Carolina Moon.
11
Sergeant Dominic Scuzzi
M it klopfendem Herzen trat Harold Bloomguard am ersten Abend seiner zwei Wochen bei der Sitte durch die offene Tür zum Bereitschaftsraum der Sittenpolizei. Harold erschien fünfundzwanzig Minuten zu früh zum Dienst. Er trug einen altmodischen, grauen Anzug, weißes Hemd, blaue Krawatte und dazu passende Lederschuhe.
Der Bereitschaftsraum war bei Harolds Ankunft zwar aufgesperrt, aber leer. Er sah ganz anders aus als der Bereitschaftsraum der Kriminaler. Er war wesentlich kleiner, aber zugleich stand wesentlich mehr darin herum. An einer Wand hingen drei große Stadtpläne, die mit verschiedenfarbigen Stecknadeln förmlich übersät waren. Entlang bestimmter Straßen häuften sich vor allem grüne Nadeln; das wies auf beliebte Prostituiertenreviere hin.
Andere Straßen waren sporadisch mit Nadeln gekennzeichnet, die vermutliche Buchmacherstellen anzeigten – in den südlichen, hauptsächlich von Schwarzen bewohnten Viertem Zahlstellen, im nördlichen Teil, wo mehr Weiße angesiedelt waren, telefonische Annahmestellen. Außerdem waren Bars und sonstige Etablissements markiert, in denen Straßenbuchmacher und Agenten verkehrten.
Über die Tür war folgendes Motto gepinselt: »Was du hier sagst, was du hier siehst, was du hier hörst; laß es hier, wenn du hier weggehst.« Diesen Wahlspruch las Harold Bloomguard mit leuchtenden Augen. Er schüttelte sich sein dünnes, rötliches Haar aus der Stirn und lächelte verklärt. Einen verträumten Augenblick lang schlürfte er in Bombay, Macao oder Port Said genußvoll einen exotischen Drink: weiße Leinenanzüge, von Menschen wimmernde, enge Gassen, der Duft unzähliger Gewürze, herrliche tropische Früchte, dunkelhäutige, üppige Frauen, ein Anflug von Gefahr. Ein Hauch von Geheimagentendasein schwebte im Raum.
In ebendiesem Augenblick trat ein unrasierter, dunkelhäutiger, übergewichtiger Mann ein. Er war um die fünfzig und trug ein kurzärmeliges Hemd. Er betrachtete Harold von Kopf bis Fuß und brummte: »Sie sehen ja nicht gerade aus, als ob Sie genug Mumm zum Rumprügeln oder Rumficken hätten. Sind Sie einer von den Neuen?«
»Ich bin … ich bin … sind Sie Polizist?«
»Ich bin ein Sergeant; ich bin für die Nachtschicht zuständig.«
Der Mann schlurfte an einen Schreibtisch und kramte in einem Stapel Papiere herum, bis er eine Zigarre fand. Dann rülpste er erst dreimal, bevor er Harold Bloomguard seine Hand entgegenstreckte und sich vorstellte: »Ich bin Dom Scuzzi. Sagen Sie ruhig Scuz zu mir. Sind Sie Slate, Niles oder Bloomguard?«
»Bloomguard … Sergeant.«
»Ich hab' doch gesagt, Sie sollen mich Scuz nennen. Wir halten hier bei der Sitte nicht viel von Förmlichkeiten. Zumindest nicht, seit wir diesen Idioten von Lieutenant Cotton-Balls Klingham losgeworden sind. Ich werde nie begreifen, wie so ein Typ zur Sitte kommt. Cotton-Balls. Hundertprozentig steril, wie schon auf der Verpackung steht. Alles an ihm war steril, und vor allem seine Unterhaltung.« Sergeant Scuzzi machte eine Pause, die lange genug war, um an seiner Zigarre zu saugen und ein paarmal zu rülpsen, bevor er fortfuhr: »Jedenfalls sind wir ihn losgeworden. Wie, das kann ich Ihnen allerdings nicht sagen. Aber ich bin dafür einem von Ihren Streifenpolizisten wohl bis an mein Lebensende zu Dank verpflichtet. Die Idee dazu stammte von Spermwhale Whalen. Wie lange sind Sie schon in der Wilshire?«
»Fast zwei Jahre. Wissen Sie, Searge … Scuz, ich hab' Sie schon öfter mal gesehen, aber …«
»Was, aber?«
»Wissen Sie, ich dachte immer, Sie wären vielleicht ein …«
»Ein Hausmeister vielleicht?«
»Ja, so etwas in der Art.«
»Machen Sie sich nichts draus. Mein Vater war Hausmeister. Hat mit seiner Besenschieberei neun Kinder großgezogen. Er hat kaum ein Wort Englisch gesprochen. Mir macht es jedenfalls nichts aus, wenn die Leute mich für 'nen Hausmeister halten. Sehen die anderen zwei Neuen auch so gut aus wie Sie?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie sehen gut aus. Ich meine, wirklich gut. Wie groß sind Sie?«
»Eins dreiundsiebzig.«
»Und Sie wiegen so knapp siebzig Kilo?«
»Ja, ungefähr.«
»Wie zum Teufel haben Sie's dann geschafft, zur Polizei zu kommen?«
»Ich hab' mich ein bißchen
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