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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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größer gemacht und Bananen und so Zeugs gegessen.«
    »Sie sehen tatsächlich gut aus. Hier.« Scuz zog die Schublade seines Schreibtisches heraus, legte seine Füße auf den Tisch, lehnte sich zurück, sog an seiner Zigarre und forderte Harold auf: »Probieren Sie das mal an.« Harold nahm die Hornbrille, hielt sie an seine Augen und sagte:
    »Das ist ja reines Fensterglas.«
    »Klar. Damit sehen Sie noch weniger wie ein Polizist aus, wenn das überhaupt noch möglich ist. Die Nutten werden nur so auf Sie fliegen, kann ich Ihnen sagen. Gut, daß Sie heute abend 'nen Anzug anhaben. Sie sind genau der Anzug-mit-Krawatte-Typ. Erzählen Sie, Sie wären Steuerprüfer. Hier.« Scuz griff neuerlich in die Schublade und brachte nach kurzem Stöbern ein Päckchen Visitenkarten zum Vorschein. Die Aufschrift lautete: ›Krump, Kramp und Leekly, vereidigte Steuerprüfer‹.
    »Wenn eine von den Mädels Lunte riecht, daß Sie vielleicht von der Polizei sein könnten, dann schieben Sie ihr unauffällig eine von diesen Karten hin. Sagen Sie ihr, das wäre ihre private Geschäftsnummer, unter der sie Sie während der Bürostunden erreichen könnte. Wenn sie dann anruft, kriegt sie allerdings uns an die Leitung. Wir haben hier während der Tagschicht ein Mädchen, das ganz gut mit solchen Anrufen umgehen kann. Wenn eines von den Liebesmädchen also nicht gleich heute abend mit Ihnen kommt, dann kommt sie morgen abend mit, nachdem sie bei unserer Spezialistin Erkundigungen über Sie eingezogen hat.«
    »Ich weiß über die Arbeit bei der Sitte überhaupt nichts, Scuz.«
    Harold entspannte sich allmählich in seinem Sessel vor dem unrasierten Sergeant, der in sein Hemd griff und sich seinen Bauch kratzte, der fast so umfangreich war wie der Spermwhale Whalens. Dabei sog er mit geschlossenen Augen und einem genüßlichen Gesichtsausdruck an seiner Zigarre. »Na, machen Sie sich deswegen mal keine allzu großen Sorgen. Wie heißen Sie übrigens mit Vornamen?«
    »Harold.«
    »Also gut, Harold, machen Sie sich mal weiter keine Sorgen. Ich lasse nicht zu, daß meinen Leuten was passiert, und schon gar nicht einem ausgeliehenen Beamten wie Ihnen, den ich dem Lieutenant von der Streifenpolizei in ein paar Wochen im selben Zustand zurückschicken möchte, wie ich ihn bekommen habe. Für die Arbeit mit den Nutten müssen Sie nicht viel wissen. Sie bieten Ihnen Sex für Geld an. Kapiert? So einfach ist das. Sex, Geld. Waren Sie beim Militär?«
    »Bei den Marines.«
    »Übersee?«
    »Ja. Vietnam.«
    »Gut«, nickte Scuz. Er kaute an seiner Zigarre, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Die Mädels in Übersee haben es da ja leicht. Fickie-fickie, fünf Dollar. Die sagen nichts weiter als das, was seit fünftausend Jahren, ob Krieg oder Frieden, jede Nutte gesagt hat. Sex, Geld. Inzwischen haben die Mädels aber herausgekriegt, daß es so etwas wie 'ne Sittenpolizei gibt, die ihnen das Handwerk legen will. Aus diesem Grund ist es ihnen lieber, wenn sie nur noch fickie-fickie zu sagen brauchen, und Sie dann den Preis nennen. Oder sie nennen einen Preis und lassen Sie fickie-fickie sagen . Kapiert?«
    »Ich denke schon.«
    »Das Ganze ist nur ein Spiel, aber ich möchte nicht, daß Sie meineidig werden, nur um so eine kleine Nutte einzulochen. Lassen Sie sich also auf nichts ein. Sorgen Sie dafür, daß sie die ganze Litanei herunterbetet: Fickie-fickie, fünf Dollar. Natürlich kostet es heute nicht mehr fünf Dollar, sondern zwanzig.
    Und fickie-fickie sagen sie in der Regel auch nicht mehr. Eher fallen so Wörter wie französisch oder halbe – halbe oder Gemeinschaftsnummer und dieses ganze Zeug, das sich diese schwarzberobten Wichser einfallen lassen, um nur ja auf dem neuesten Stand der Dinge zu bleiben, was sexuelle Anspielungen betrifft. Sobald so ein Mädel also eines von diesen Wörtern in den Mund nimmt und dabei von Geld spricht. Paff! Ab mit ihr ins Loch. Dann haben Sie sie am Kragen. Kapiert?«
    »Ich hoffe schon«, erwiderte Harold. »Sie brauchen sie nur auszutricksen. Natürlich gibt es auch Typen, die sagen, Scheiße, sie sagt fickie-fickie und mit dem Preis druckst sie dann rum, aber ich hol' einfach meinen Ausweis raus und loch sie ein. Dazu kann ich nur sagen: nein. Keine krummen Touren.«
    »Fickie-fickie, fünf Dollar«, nickte Harold brav. »Ganz richtig. Ich wußte ja, daß Sie ein heller Junge sind!« lobte Scuz und schob seine Zigarre vom linken in den rechten Mundwinkel.

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