Die Chorknaben
Leuten, die für unsere Gehälter aufkommen, weis, daß wir die Moral der Bürger vor diesem degenerierten Gesocks schützen, das nun mal sein Geld dafür ausgeben will, zu spielen, zu wetten und mit jemandem, mit dem sie nicht verheiratet sind, außerhalb des eigenen Schlafzimmers zu ficken. Man arbeitet nur achtzehn Monate bei der Sitte, und dann ist man seine Illusionen los. Meiner Ansicht nach bringt es zwar zumindest mal 'ne kleine Abwechslung mit sich, aber letztlich habe ich keinerlei Illusionen mehr, ich könnte bei der Sitte vielleicht meinen Teil dazu beitragen, ein paar Maden wegzuräumen. Woher soll ich schließlich überhaupt wissen, daß ich nicht selbst so 'ne Made bin, wenn man die ganze Sache aus einem gewissen Abstand betrachtet?«
Die Chorknaben warfen einander vielsagende Blicke zu, ohne Scuz zu widersprechen.
»Na ja, das ist es ungefähr, was ich über meine Arbeit bei der Sitte denke. Und ihr werdet jetzt also ein paar Wochen für mich arbeiten. Und da ihr 'ne Arbeit tut, die sowieso niemandem nützt, möchte ich auf keinen Fall, daß euch was passiert, versteht ihr? Nehmen wir mal an, ihr lauft so 'ner Einen-Meter-achtzig-Tunte mit einem Fünfzig-Zentimeter-Bizeps über den Weg, und der Kerl ist dann auch noch ein Fußfetischist. Und er kauft in der Schuhabteilung von diesem Kaufhaus, von dem ich eben gesprochen habe, ein Paar schwarze Satinschuhe, und dann geht er damit ins Scheißhaus rauf und zieht 'ne Sprühdose mit Sahne raus, und die leert er dann über die Schuhe. Und dann steht er da und leckt die Sahne wieder ab. Was wollt ihr da schon machen, wenn ihr praktisch wie hinter einem durchsichtigen Spiegel stehen würdet und diesen Kerl auf dem Klo beobachten könntet. Wie wolltet ihr da die öffentliche Moral schützen?«
»Wie bitte?« entfuhr es Harold Bloomguard. »Ich habe gefragt, was ihr mit diesem Verrückten anfangen würdet?«
»Keine Ahnung, Scuz«, meinte Harold und pustete ein Spuckebläschen in die Luft, während Sam Niles an seinem Schnurrbart herumspielte und angewidert den Kopf schüttelte. Baxter Slates Grinsen wurde breiter und breiter, je sympathischer Scuz ihm wurde.
»Harold, mein Junge«, fuhr Scuz fort. »Zuallererst, ich habe Ihnen doch einen Hinweis gegeben. Ich habe gesagt, dieser Irre hätte 'nen Fünfzig-Zentimeter-Bizeps!«
»Ach so, jetzt kapiere ich!« Harolds Gesicht leuchtete auf. »Ich tu' so, als hätte ich nichts gesehen, und lasse den Burschen laufen.«
»Genau!« strahlte Scuz, während er mit kaum dreißig Stundenkilometern dahinfuhr, so daß Sam Niles langsam nervös wurde. »Selbstverständlich kann hier nicht von einem Vergehen die Rede sein. Es kommt eben hin und wieder vor, daß so ein Typ was daran findet, von schwarzen Satinschuhen Schlagsahne abzuschlecken. Mir war's nur lieber, wenn die Jungs das bei sich zu Hause täten, damit uns deshalb nicht ständig jemand ruft. Aber diesen Kerlen macht das nun mal in der Öffentlichkeit mehr Spaß. Außerdem gibt es, soviel ich weiß, kein Gesetz dagegen; also könnt ihr nur hoffen, daß er sich möglichst schnell mit Schlagsahne vollstopft und abhaut, bevor jemand auf der Wache anruft, weil die den Fall natürlich uns zuschieben. Noch so 'n kleiner hypothetischer Fall?«
»Klar, Scuz«, grinste Baxter Slate und nahm eine Zigarette von dem lethargischen Sam Niles an, der sich bereits zu wundern begann, wie er sich jemals hatte wünschen können, bei der Sitte eingesetzt zu werden.
»Also, ihr seid jetzt in der Falle und schaut durch den Wandschirm, und dann kommt so ein Typ aufs Klo, zieht seine Jeans runter, und in seiner Unterhose hat er 'ne Zahnbürste und 'ne Feder stecken. Und seinen kleinen Herrn hat er kräftig mit alten Fetzen und Gummibändern umwickelt, daß er ordentlich groß aussieht unter seiner Hose. Dann setzt er sich auf den Pott und langt ins Klowasser unter sich, und nachdem er seinen Pimmel ausgepackt hat, fängt er an, ihn mit kaltem Wasser zu bespritzen. Und dann bürstet er ihn mit der Zahnbürste ab. Als nächstes zieht er die Feder raus und kitzelt sich damit an den Eiern, und wenn er das alles getan hat, kann er endlich pinkeln. Er macht das im Sitzen. Und dann geht er wieder. Irgendeine Gesetzwidrigkeit?«
»Nein«, antwortete Baxter Slate.
»Gut, aber was ist, wenn die einzelnen Toiletten keine Türen haben, weil der Geschäftsführer von diesem Kaufhaus verhindern will, daß sich auf seinem Scheißhaus die ganzen Schwulen treffen und ihre Schwänze durch die
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