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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Mann zu, der mit Harolds Hilfe schon fast wieder auf seinen Beinen stand.
    »Sind Sie gestolpert, hm?« Scuz beugte sich über den Zeitungsverkäufer, zog ihn mit der einen Hand hoch, als wöge er nichts, und hob mit der anderen den Packen Zeitungen vom Boden auf. »Die Böden in dem Laden hier sind ja auch verdammt rutschig. Hier ist schon öfter mal einer zu Boden gegangen.« Fast trug er den Mann zu seiner Bank in der Nähe des Hinterausgangs und setzte ihn hin. Der Zeitungsverkäufer schwitzte und keuchte, unfähig zu sprechen, während Scuz die Zeitungen neben ihn legte.
    »Haben Sie 'ne Spätausgabe?« fragte Scuz. Dann fischte er eine Münze aus seiner Hosentasche, legte sie dem Mann in den Schoß und nahm schließlich eine Zeitung von dem Packen. Er faltete sie zusammen und steckte sie in die weite Tasche seiner Gabardinehose. »Alles in Ordnung, Chef? Soll ich Sie vielleicht irgendwohin bringen?« Der Mann lächelte mühsam und schüttelte den Kopf, worauf sich Scuz mit einem Nicken verabschiedete: »Also, bis später.« Im nächsten Augenblick schlurfte er neben Harold Bloomguard, die zwei anderen Chorknaben hinter ihm, weiter den Korridor hinunter.
    Als Scuz an einem alten Mann vorbeikam, der neben dem Lift auf einer Bank saß und einfach nur so die Leute beobachtete, nahm er die Zeitung wieder aus der Tasche und legte sie neben den alten Mann. »Was halten Sie davon, guter Mann? Ist 'ne Spätausgabe, aber ich habe leider keine Zeit, sie zu lesen.«
    »Oh, vielen Dank«, erwiderte der Rentner, während Scuz die Tür des Abstellraums öffnete und die Chorknaben zu ihrem Logenplatz führte.
    Zwei Männer fanden vor der von der anderen Seite getarnten Öffnung, die etwa dreißig auf sechzig Zentimeter maß, Platz. Man konnte durch sie die Toilette überblicken, wo Ladendiebe ihre Beute unter ihren Kleidern versteckten und wo Männer in aller Öffentlichkeit masturbierten oder es sich gegenseitig besorgten.
    Sie waren noch keine zehn Minuten in der Falle, als ein Mann in gestreiftem Hemd und zweireihigem blauem Blazer hereinkam, nervös in jedes Toilettenabteil blickte und schließlich, als er sich allein glaubte, seinen Penis herauszog und damit ein großes S über den Boden der Toilette pinkelte.
    »Der Kerl hat einen Schuß verdient«, flüsterte Scuz hinter dem Guckloch. »Mal sehen, ob ich auch nicht vergessen habe, sie zu füllen! Nee, es ist Wasser drin. Gut.« Und er hielt seine Wasserpistole gegen das Guckloch und feuerte zwei Salven auf den Mann ab.
    Der Mann sah zur Decke hoch, ob dort vielleicht ein Rohr leckte. Da er jedoch keines entdeckte, machte er einfach weiter. Als Scuz zwei weitere Salven auf ihn abfeuerte, entfuhr ihm ein überraschter Schrei, und er sah noch einmal in jedes einzelne Toilettenabteil. Als Scuz daraufhin noch einmal schoß, rannte der Mann kreischend aus der Toilette.
    »Das war weiter kein Problem«, meinte Scuz und machte Sam Niles vor dem Guckloch Platz. »Der Grund, weshalb ich ihn laufenlassen habe, ist ganz einfach der, daß der Kerl sowieso nur in der Gegend rumpinkelt. Pißt auf den Boden und verdünnisiert sich. Solange er dabei allein ist, kann so ein Kerl ja praktisch alles machen, ohne daß man ihn dafür belangen kann. Man muß sich die Kerle schnappen, die ihre Nummer abziehen, wenn jemand anderer dabei ist. Dann können wir ihn verhaften, womit die Sache erledigt wäre. Und wir können dann wieder aus diesem miesen Scheißhaus abhauen und uns sagen, wir wären heldenhaft für Moral und Anstand eingetreten. Bis uns die nächste Anzeige ins Haus flattert. Toller Job, was, Jungs?«
    »Allerdings«, murmelte Baxter Slate, während Sam Niles eine angewiderte Grimasse schnitt und sich nach einer Zigarette sehnte.
    »Wißt ihr was, Jungs«, fuhr Scuz fort. »Ich lasse euch zwei hier und nehme Harold mit rüber zur Western Avenue. Mal sehen, ob wir uns nicht 'ne Nutte schnappen können. Allerdings möchte ich euch zwei Anfänger nicht ganz allein hier rumsitzen haben; ich werde euch eines meiner Teams herschicken, daß die euch ein bißchen Gesellschaft leisten. Wartet ihr also mal hier, bis die anderen kommen. Und verhaftet währenddessen niemanden, wenn nicht gerade jemand vor euren Augen ermordet wird, verstanden?«
    »Mhm«, nickte Sam Niles.
    Scuz öffnete die Tür, die nach draußen führte, ließ erst Harold hinausgehen und wandte sich dann noch einmal um: »Wenn es euch langweilig wird, könnt ihr ja zur Abwechslung wetten, ob der nächste Typ ein Helm ist

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