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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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gutaussehender Junge, der sogar Baxter Slate in den Schatten stellte. Er hatte dunkle Locken und strahlend blaue Augen, und obwohl er einen Meter achtzig groß war, wog er nur knapp sechzig Kilo, da er kaum etwas aß.
    Die Jugendbeamten von der Rampart Division kannten Alexander Blaney, da er, seit er vierzehn war, immer wieder mit der Beschwerde zu ihnen kam, er würde im MacArthur Park, wo er zeit seines Lebens gespielt hatte, ständig von irgendwelchen Männern belästigt. Alexander, ein Einzelkind, hatte in der Regel allein gespielt. Da in der Gegend um die Alvarado Street hauptsächlich Weiße sowie einige Kubaner und Indianer wohnten, galt das Viertel nicht als Ghetto. Seine Eltern wußten nichts von den Männern, die Jahre hinter Gittern verbracht hatten und sich jetzt im MacArthur Park herumtrieben und jungen Burschen das Leben schwermachten, die nur halb so gutaussehend und verletzlich waren wie Alexander Blaney.
    Damit soll nicht gesagt sein, daß die Umgebung, in der er lebte, Alexander Blaney zu dem machte, was er war. Niemand, nicht einmal Alexander Blaney selbst, wußte, was ihn zu dem machte, was er war. Was er nicht wurde, war der strahlende junge Eroberer gleichen Namens, über den sein Vater in seinen Jugendtagen so viel gelesen hatte, als er noch davon geträumt hatte, mehr zu werden als ein halbinvalider Liftführer. Obwohl der junge Bursche im Gegensatz zu seinem Vorbild keinen Geschmack an Kriegsruhm und Schlachtengetümmel fand, ähnelte er dem großen griechischen Eroberer dennoch, was seine sexuellen Vorlieben betraf. Denn mit achtzehneinhalb Jahren war Alexander Blaney eine Bilderbuchtunte, wie man sie sich schöner nicht hätte träumen können.
    Während Alexander Blaney sich also an sein Schwulsein gewöhnte und auch niemanden über diese Tatsache hinwegzutäuschen vermochte, gelangte Harold Bloomguard gegen Ende seiner zwei Wochen bei der Sitte nach einem reichlich alkoholisierten Abend zu demselben Schluß.
    »Was?« entfuhr es Sam Niles, als sie eines Nachts in einem Wagen von der Sitte ein paar Prostituierten auflauerten. Zuvor hatten sie jeder sechs Glas Bier getrunken.
    »Ich habe Angst, daß ich homosexuell werde, Sam«, sagte der bierselige Chorknabe. »Und das macht mir ganz schön Panik. Wenn ich mich nicht erschieße, dann ende ich vielleicht bei meiner Mutter in der Klapsmühle!«
    »Warum ausgerechnet immer ich? Warum immer ich?« stöhnte Sam Niles. Er sank in seinem Sitz zusammen und schob seine Brille hoch, so daß er zu einem Himmel aufblicken konnte, an den er nicht glaubte, und zu einem Gott, von dem er wußte, daß es ihn nicht gab. »Also gut, dann kämpfen will uns eben auch da durch. Wann hast du festgestellt, daß du schwul bist?«
    »Erst in der Woche, als wir in den Fallen auf der Lauer gelegen sind. Weißt du, ich habe angefangen, darüber nachzudenken, ob man das Ganze, wenn man es ständig sieht, nicht irgendwann einmal akzeptiert und sich damit identifiziert und dann … na ja, jedenfalls habe ich mir mal überlegt, ob ich vielleicht 'nen Blauadrigen kriegen könnte, wenn ich das ständig anschaue, und wenn das so wäre, dann würde das bedeuten, daß ich homosexuell werde. Und dann müßte ich mich umbringen.«
    »Und hast du 'nen Blauadrigen gekriegt?«
    »Natürlich nicht, aber vielleicht sind das nur meine Hemmungen, die das verhindert haben. Verstehst du, was ich meine?«
    »Klar«, nickte Sam und steckte sich eine Zigarette an. »Und was hast du als nächstes vor? Wirst du dich auf Duck Island selbst abknallen?«
    »Ich weiß nicht«, rülpste Harold. »Du weißt ja, daß unsere Familie etwas zum Wahnsinn neigt. Wahrscheinlich werde ich doch bei Mama in der Klapsmühle enden.«
    »Weißt du was, Harold? Ich glaube, deine Gegenwart könnte unter Umständen wirksamer sein als 'ne Elektroschocktherapie. Deine Mutter wird sich vielleicht selbst heilen, nur um von dir wegzukommen.«
    »Komm mir bitte nicht dumm daher, Sam. Du bist der einzige wirkliche Freund, den ich habe. Ich bin ein kranker Mann.«
    »Du bist schon krank gewesen, als du damals in Nam zu meinem Trupp gekommen bist! Ich möchte wetten, daß du schon dein ganzes Leben lang krank gewesen bist. Aber irgendwie überlebst du doch, indem du mir ständig mit deinen verrückten, bescheuerten, neurotischen Ängsten die Hucke vollquasselst. UND ICH WILL DAVON EINFACH NICHTS MEHR HÖREN! Ich kann dir sagen, am Ende bin ich derjenige, der mit deiner Mutter in der Klinik nackt 'nen Steptanz

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