Die Chorknaben
aufführt!«
»Sam, du kannst mir deine Probleme doch jederzeit erzählen. Mich würden deine Ängste brennend interessieren und …«
»Ich möchte nicht, daß du mein Beichtvater wirst. Ich brauche keinen Beichtvater, Harold.«
»Aber jeder sollte doch jemanden haben, dem er seine Probleme erzählen kann, Sam, und du bist mein bester …«
»Halt, Harald, sprich nicht weiter«, unterbrach ihn Sam und versuchte, sich wieder zu fassen. »Bitte, sag nicht, ich wäre, dein bester Irgendwas. Wir sind nun schon lange zusammen, das stimmt. Ja, das stimmt allerdings.«
»Tut mir leid, Sam, ich werde dich in Zukunft nicht mehr mit meinem Kram belästigen«, sagte Harold kleinlaut.
»Red doch keinen Quatsch. In spätestens zwei Tagen wirst du mir erzählen, du hättest festgestellt, du wärst ein Sadist und ich müsse gut auf dich aufpassen, falls du anfangen solltest, anderen Leuten mit einem Bleistift die Augen auszustechen.«
»Entschuldige, Sam, aber ich wollte dir wirklich nie zur Last fallen.« Für eine Weile saßen die beiden schweigend da, bis Sam fragte: »Harold, hast du Dienstagnacht bei der Singstunde Carolina Moon gevögelt?«
»So in etwa, aber nur, weil ich blau war. Und der erste.«
»Dann kann ich dir nur sagen, daß jeder, der geil genug ist, um mit dieser fetten Kuh 'ne Nummer zu schieben, ganz sicher nicht schwul ist.«
»Weißt du, daran habe ich nie gedacht!« strahlte Harold Bloomguard. »Daran habe ich nie gedacht! Vielen Dank, Sam. Du hast doch immer eine Lösung für mich parat. Wenn es dich nicht gäbe …« Als ihm im Alter von vierzehn Jahren die brutal aussehenden Männer mit ihren käsigen Gefängnisvisagen, die ihn in den Toiletten im Park anstarrten, zum erstenmal auf fielen, konnte Alexander Blaney noch nicht ahnen, daß er mit achtzehneinhalb Jahren als aktenkundiger Homosexueller verhaftet werden würde. Er sollte jedoch bald merken, daß der MacArthur Park mehr war als ein Ort, wo man auf dem Rasen Boccia oder Fußball spielte und an schönen Tagen ein Picknick veranstaltete, um dann mit den Überresten die Enten zu füttern.
Alexander verstand allmählich die verstohlenen Blicke, das herausfordernde Lächeln der Männer, die sich nachts an bestimmten Stellen trafen und sich dann paarweise in die Büsche schlugen. Und er begriff den Sinn der Treffen in den öffentlichen Toiletten, wo die Männer manchmal von getarnten Polizisten verhaftet wurden. Dabei kam es vor den Augen des Jungen nicht selten zu blutigen Schlägereien.
Alexander las gerade in der Nähe einer Toilette ein Buch, als er plötzlich durch den Lärm im Innern aufgeschreckt wurde. Und dann krachte ein riesiger Ex-Häftling, den sie Hippo nannten, durch die Tür, und hinter ihm her kam ein fluchender, stämmiger Polizist, der eine gespaltene Lippe hatte und wie ein Verrückter mit seinem Knüppel auf Hippo eindrosch. Und dies war keineswegs das einzige, was Alexander Blaney in dieser Toilette zu Gesicht bekommen hatte. Einmal sah er einen jungen Mann gegen das Pissoir masturbieren. Alexander beobachtete ihn fasziniert, bis der junge Mann zur Seite trat und gegen die schmutzige Fliesenwand zwischen Pissoir und Klos ejakulierte, woraufhin sich ein alter Mann mit einer, Haut wie Zwiebelschalen und Armen wie Bleistiften von seiner Klobrille erhob, mit seinen Fingern das Sperma von der Wand wischte und dann daran leckte. Dabei lächelte er Alexander Blaney an, so daß dem Jungen übel wurde.
Etwa zu dieser Zeit begannen Alexander Blaneys Besuche auf dem Rampart-Revier. Er kam mindestens einmal im Monat auf die Wache, um irgendeine bizarre sexuelle Handlung zu melden, die sich im Mac Arthur Park zugetragen hatte. In einem Fall behauptete er, einen großen Mann mit heruntergelassener Hose auf dem Klo sitzen gesehen zu haben, der sich seinen Penis in seinen Afterausgang stopfte. Und dann war da dieser Hermaphrodit, der Alexander Blaney im Gras liegend fand, als er gerade Madrigale auf seine Musiklehrerin komponierte. Alexander war damals fünfzehn, und der Hermaphrodit mit der unübersehbaren Oberweite zeigte dem Jungen seinen unterentwickelten Penis. Dabei behauptete er, auf Frauen und nicht auf Männer zu stehen, da ihm seit seiner Geburt männliche Hormone gespritzt worden wären. Das sollte sich jedoch bei hereinbrechender Dunkelheit als Lüge erweisen, da er versuchte, Alexander zu vergewaltigen.
Auf der Wache nahm man die Geschichten des Jungen nicht allzu ernst, bis er mit sechzehn schließlich wieder einmal
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