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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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ausartete. Er blieb drohend über Roscoe Rules stehen und brachte den fiesesten aller Chorknaben allein durch seine körperliche Präsenz zum Schweigen. Und den Rest gab er Roscoe dann noch, als er ihn anschnauzte: »Weshalb läßt du die Damen nicht in Ruhe? Wenn du mit deinem verkniffenen Mund so rumhockst, siehst du ja selbst aus wie 'n punktierter Arsch.«
    »Ja, das macht dich häßlich, Roscoe«, stimmte Ora Lee ihm zu. »Wenn du besoffen bist, siehst du noch häßlicher aus als sonst.«
    »Das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen«, zischte Roscoe Rules erbost und rappelte sich auf, um in Richtung Ententeich loszustolpern, wo er eine Ente zu finden hoffte, der er einen ordentlichen Pferdekuß verpassen konnte.
    »Er sieht dann so häßlich aus, daß man meinen könnte, er sei aus dem Buckel von Quasimodo geschnitzt worden«, bemerkte Spencer van Moot.
    »Hey, renn nicht weg, Roscoe!« brüllte ihm Carolina hinterher.
    »Bei jeder Singstunde brauchen sie 'nen Sopran!«
    »Jetzt treib's nicht auf die Spitze«, flüsterte Spermwhale dem pummeligen Mädchen ins Ohr und verhalf ihr dann mit ein paar Küssen auf den Hals zu einem heftigen Anfall von Leidenschaft. Sie nahmen ihre endlose Knutscherei wieder auf und rollten über den Boden, daß die Erde unter dem Ohr von Francis Tanaguchi erzitterte, der sich nichts sehnlicher wünschte, als daß sich diese beiden Urtiere endlich einmal vor seinen Augen paaren würden.
    In diesem Augenblick wanderte ein Schwuler mit Sandalen, langem Haar und Bart mit neugierigen Blicken an der bizarren Gruppe vorbei.
    Die Chorknaben bewunderten seine biblische Erscheinung, und Sam Niles bemerkte: »Glaubt ihr, er wird uns mit in den Himmel nehmen?«
    »Ich würde auch gern mal die Sonnenseiten des Lebens genießen«, meinte Pater Willie, der sich den Kopf zerbrach, wie er endlich Carolina Moon von Spermwhale Whalen weglocken könnte.
    »Ich kann nur sagen, daß ich zu Hause wie ein Hund behandelt werde«, jammerte Spencer van Moot, wieder auf sein Lieblingsthema zurückkommend.
    »Jedes Mal, wenn sie es einem heimzahlen wollen, dann verweigern sie sich einfach im Bett«, stimmte Pater Willie zu, wobei ihn plötzlich eine schreckliche Vision von einer pummeligen Zeugin Jehovas überkam, die ihn sah, wie er betrunken mit Ora Lee Tingles Schenkel spielte.
    »Na ja, was soll's?« zuckte Spencer van Moot mit den Achseln. »Die drei Dinge, die in der Welt am meisten überschätzt werden, sind die eigene Küche, die eigene Möse und das FBI.«
    »Weißt du eigentlich, Spermy, daß du in deiner Nase mehr Haare hast als auf deinem Kopf«, ertönte Carolinas Stimme aus dem Dunkel, wo sie sich mit Spermwhale und Francis Tanaguchi herumwälzte.
    »Welch ein Dialog! Welch ein Dialog! Ich könnte einen Star aus dir machen, Mädchen!« schwärmte Francis. »Antworte ihr irgendwas, Spermwhale! Sag was Romantisches!«
    »Na gut. Ich bete dich an, mein Schatz«, himmelte Spermwhale das stöhnende Mädchen an. »Dein Arsch ist so elastisch wie ein aufblasbares Floß.«
    »Und ich liebe dich, Ora Lee«, platzte Francis Tanaguchi plötzlich heraus und rannte auf die andere Bedienung zu, um ihr mit den Fingern durch ihre auf toupierte Frisur zu fahren, was angesichts der halben Dose Haarfestiger, die ihrer Frisur Halt verlieh, gar nicht so einfach war.
    »Ach, du bist doch nur besoffen, du süßer kleiner Scheißbolzen.«
    »Nein, das stimmt nicht! Ich liebe dich! Ja, ich liebe dich!« verkündete Francis im Brustton der Überzeugung. »Wenn du dir 'ne Hysterektomie machen ließest und die Zähne ziehen und dazu noch einen Schnapsladen hättest, dann schwöre ich, ich würde dich auf der Stelle heiraten!«
    »Vielen Dank, Kleiner«, stieß die Bedienung Francis angewidert von sich. »Du hast diese Liebesszene ja wirklich abgewickelt wie ein echter Profi – Prophylaktiker, meine ich eher.« In diesem Augenblick stieß der bärtige Gnom mit dem asketischen Gesicht, dem schulterlangen Haar und den Sandalen unten am Teich auf Roscoe Rules, der gerade versuchte, eine Ente aus dem Wasser zu locken, um ihr einen Stein auf den Kopf hauen und sie ersäufen zu können. »Hallo«, grüßte ihn der Ersatzchristus.
    »Herr im Himmel«, entfuhr es Roscoe Rules, wobei diese Titulierung gar nicht so unangebracht war.
    »Gehören Sie zu den anderen dort drüben?« fragte der Bärtige und beugte sich zum Wasser hinab, um mit seinen Händen etwas davon zu schöpfen.
    »Ja. Wer zum Teufel sind Sie denn – Johannes der

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