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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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machen, bekam sie bereits Roscoes nicht vorschriftsmäßigen Knüppel zu spüren. Während des Monats seiner Rekonvaleszenz, war Roscoe aufgrund der stechenden Schmerzen in seinen Lenden unfähig, einen, wie Harold Bloomguard es nannte, ›Diamantenschneider‹ zustande zu bringen oder auch nur einen ›Blaublütler‹. Einer besorgten Nachbarin erzählte seine Frau, es wäre ihr in ihrer Ehe noch nie so gut gegangen.
    Aber Roscoe trug die Sache mit seiner Art von Humor. Während er noch vom Dienst freigestellt war, um sich von den Folgen seiner Verletzungen zu erholen, lud er Wasmeinstdu-Dean auf seine Ranch östlich von Chino zu einem urigen Garten-Barbecue ein.
    »Nicht diesen Niggerfraß, den du in diesen ganzen Klitschen in der Stadt kriegst«, versprach er, sondern ein richtiges Barbecue, wie es eines amerikanischen Farmers aus dem Mittelwesten würdig war, als der sich Roscoe immer noch fühlte.
    Als Wasmeinstdu-Dean Roscoe dann auch fragte, ob er vorhätte, sich nach seiner Pensionierung wieder in den Mittelwesten zurückzuziehen, polterte Roscoe los, verdammt noch mal, nein, diese Scheißhinterwäldlerschwulen würden doch nur fertig, wenn sie in der Bibel lesen könnten, während sie einem den Arsch malträtierten. Als er schließlich sogar philosophisch wurde, gab er zu, daß er sich eigentlich nur in Vietnam wirklich glücklich gefühlt hätte und daß er am liebsten nach Afrika gegangen wäre, um sich dort als Söldner zu verdingen, wenn er nicht so blöd gewesen wäre, seine Alte schon so früh anzupuffen und dann zu heiraten.
    »Stell dir vor, du wirst dafür bezahlt, Nigger abzuknallen«, sinnierte er.
    Und dann bewies er, daß er immer noch Humor besaß, als sein achtjähriger Sohn Clyde heulend in den Hinterhof gerannt kam, wo Roscoe und Wasmeinstdu-Dean Bier aus der Dose tranken und an einem ferngesteuerten Modellflugzeug herumfummelten, das Roscoe vor zwei Jahren seinem Sohn zum Geburtstag gekauft hatte, um ihn dann allerdings nicht damit spielen zu lassen, weil er dafür noch zu klein war. Roscoe liebte nichts mehr, als vor dem Haus zu sitzen und das Pony zum Wahnsinn zu treiben, indem er das Spielzeugflugzeug immer wieder zum Sturzflug auf seinen Kopf ansetzen ließ. Es war eine Messerschmitt mit deutschen Abzeichen und einem Hakenkreuz am Heckruder.
    »Daddy!« heulte sein Sohn Clyde. »Schau mal Pookie an!«
    »Was ist denn mit ihm, mein Kleiner?« fragte Roscoe mit einem besorgten Blick auf die kleine Schildkröte in den Händen seines Sohns. Das arme Tier war bereits halb tot.
    »Das Vieh verreckt doch sowieso; schaff es weg«, befahl Roscoe, ohne die Schildkröte anzurühren.
    »Nein, Daddy!« schluchzte der Junge. »Er wird schon wieder werden! Pookie kommt schon durch!«
    »Gib ihn mal her.« Roscoe blinzelte Wasmeinstdu-Dean kurz zu. »Ich werde mal sehen, was sich machen läßt.« Er entriß seinem Sohn die Schildkröte und schnippte ihr mit der Zange, mit der er eben den Motor des Flugzeugs repariert hatte, an der Öffnung des Panzers den Kopf ab, so daß ihre Beine im Todeskampf kurz aufzuckten. »Jetzt können wir Pookie als Briefbeschwerer verwenden«, meinte Roscoe stolz.
    Am nächsten Tag erzählte er jedem in der Wilshire-Station davon, um zu beweisen, daß er das fieseste, mieseste Arschloch war, das je eine blaue Uniform getragen hatte, während Wasmeinstdu-Dean ohne es zu wissen, genau die Charakterisierung Roscoes gab, die auch dessen fünf frühere Partner gegeben hatten. Er flüsterte, Roscoe sei ein absolut unerträglicher Kotzbrocken.
    Trotz seines Waterloo durch die beiden Bauhilfsarbeiter machte Roscoe ziemlich genau im gleichen Stil weiter wie zuvor. Er stellte einen Antrag, wieder in 7-A-85 arbeiten zu können, wo es immer besonders hoch herging. Und da Roscoe so viele betrunkene Autofahrer schnappte und eine unglaubliche Anzahl an Strafzetteln austeilte, war er nach wie vor bei den Verwaltungsbeamten äußerst beliebt, die glaubten, mindestens einen Strafzettel pro Tag auszustellen, sei der beste Beweis für die Eignung eines Mannes zum Polizisten.
    Roscoe verhaftete sogar mehr betrunkene Fahrer als die Verkehrsstreifen. Und natürlich mußte er auch sehr oft vor Gericht aussagen, da er auch die sogenannten ›Grenzfälle‹ einkassierte. Im übrigen stellte er immer, wenn es nur irgendwie ging, solche Strafzettel aus.
    »Alles, was ich mitbekomme, und einiges, was ich nicht mitbekomme«, pflegte es Roscoe immer auszudrücken.
    An dem Abend, an dem Roscoe Rules eine

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