Die Chorknaben
Liebkind gemacht, indem er ihr einen Blumenstrauß für dreißig Dollar zuschicken ließ, den er allerdings umsonst bekommen hatte, indem er einen japanischen Blumenladen am Crenshaw Boulevard aufgesucht hatte und die frisch eingewanderten Besitzer mit seinem blau uniformierten asiatischen Körper beeindruckte. Eigentlich hatte Francis nur auf einen Strauß Veilchen spekuliert, aber als er dann merkte, wie sehr die Besitzer an ihm Gefallen gefunden hatten, besann er sich eines besseren und bestellte die dezenten Nelken in verschiedenen Farben.
Während sie nun in dem verrauchten Kinosaal saßen, mußte Daphne Simon ständig Francis' Hand zwischen ihren Beinen hervorzerren, wenn dieser sie zufällig dorthin fallen ließ. Er begann bereits zu wünschen, er hätte sich die Nelken für Ora Lee Tingle und die Singstunde aufgehoben. Francis Tanaguchi wurde zunehmend saurer auf Daphne Simon, die ihm jedoch auf fast exotische Weise durch die Art, wie sie seine Hand drückte, bevor sie sie auf die hölzerne Armstütze zwischen den Kinosesseln klatschte, zu einem Blauadrigen verhalf. Aber wenn er anfing, Daphne Simon unsympathisch zu finden, verliebte er sich doch gleichzeitig in Bela Lugosi.
»Wo willst du hin, Francis?« blinzelte Calvin Potts am nächsten Nachmittag argwöhnisch, als Francis es sich auf dem Beifahrersitz ihres Schwarzweißen bequem machte.
»Zu diesem großen Kostümverleih an der Western«, wiederholte Francis.
»Willst du vielleicht auf einen Maskenball?«
»Nein.«
»Ich weiß schon; du willst für dich und Ora Lee einen Eisbärenanzug kaufen, den ihr dann anzieht, wenn ihr euch während der nächsten Singstunde mit kleinen toten Enten bewerft.«
»Ich will mir ein Paar Vampirzähne besorgen«, erklärte Francis.
Drei Wochen lang – so lange dauerten Francis' Spinnereien in der Regel – schlich er dann mit zwei über seine Eckzähne gesteckten, blutigen Vampirhauern durch das Wilshire-Revier, um jedem unterhalb des Rangs eines Sergeants an die Kehle zu gehen.
»Eine Weile fand ich das Ganze ja sogar ganz witzig«, beschwerte sich Spencer van Moot eines Tages bei Calvin Potts. »Wenn nur diese verreckten Zähne nicht wo weh täten. Und mit der Zeit schlägt es einem außerdem ganz schön auf die Eier, Francis ständig am Hals hängen zu haben.« Und während er das gerade sagte, hechtete sich Francis von hinten auf Spencers Rücken und verbiß sich mit seinen Plastikhauern in seinen Nacken.
Schließlich erschien Sam Niles mit einer silbern gestrichenen Kugel im Dienst und ließ Francis zusehen, als er seine Dienstwaffe damit lud.
Harold Bloomguard hängte sich einen Zopf Knoblauch vor seinen Schrank, und dann fing Wasmeinstdu-Dean – und nach ihm alle anderen – damit an, ständig ein Kreuz mit sich herumzutragen, um den asiatischen Vampir in Schach zu halten. Dieser begann auch tatsächlich zu knurren und zu winseln, wenn er ein Kreuz sah, und sank in seinen Schrank zurück, bis er schließlich wieder jemanden entdeckte, der ihm den Rücken zukehrte.
Schließlich packte Spermwhale Whalen Francis am Kragen und fuhr ihn an: »In diesem Umkleideraum gibt es inzwischen so viele Kreuze, daß man meinen könnte, in einem Nonnenkloster zu sein. Und wenn du mit diesem Scheiß nicht sofort aufhörst, Francis, dann stecke ich dir diese Scheißzähne in deinen knochigen Arsch, daß du sie nach dem nächsten Mittagessen rauskotzen kannst.«
»Ist ja schon gut. Langsam gehen mir diese ungewaschenen Hälse ja auch wirklich auf den Geist«, gab Francis zu, womit seine Vampirphase beendet war.
Die Nacht, in der Francis blutige Hände bekam und das U-Boot aus dem Verkehr gezogen wurde, war ein Spätfrühlingsabend mit einer Menge Smog. Er begann wie üblich mit Calvins Vorwürfen, daß immer er fahren müßte.
»Jetzt hör mal, Francis, ich bin schon länger bei der Polizei, und ich bin auch schon länger als du auf dieser Scheißwelt, und ich möchte, verdammt noch mal, wissen, weshalb ich mich von dir eigentlich so herumkommandieren lasse.«
»Was meinst du mit herumkommandieren?«
»Na ja, ich fahr' dich doch jede Nacht wie so ein Scheißchauffeur in der Gegend rum.«
»Ich kann besser Englisch schreiben als du, und dann ist es doch ganz gut, wenn ich mich um die Berichte kümmere, während du fährst.«
»Was? Die meiste Zeit hast du doch eine Rechtschreibung wie ein sitzengebliebener Erstklässler. Du hast doch in deiner Gucano-Schule gar kein Englisch gelernt.«
»Na ja, außerdem
Weitere Kostenlose Bücher