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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Jahren. Zuvor war er neun Monate bei der Jugendabteilung gewesen, bis er jedoch feststellen mußte, daß er ein lausiger Jugendbeamter war. Baxter hielt sich im übrigen auch für einen lausigen Streifenpolizisten. Niemand sonst bezeichnete Baxter als einen lausigen Irgendetwas; außer Roscoe Rules, der Baxter nicht ausstehen konnte, da er Gedanken äußerte, die Roscoe durcheinanderbrachten. Während der Singstunden warf Roscoe in seinem Suff Baxter oft vor, er redete immer nur so geschwollen daher, um bei Ora Lee Tingle Eindruck zu schinden, die jedoch von Gin und Wodka bereits so hinüber war, daß es für sie auch keinen Unterschied mehr gemacht hätte, wenn Baxter Latein gesprochen hätte. Im übrigen war Baxter tatsächlich in der Lage, auf lateinisch Zoten zu erzählen, die außer Roscoe alle Chorknaben erheiterten.
    »Du und dein geschwollenes Gequatsche«, dröhnte Roscoe Rules eines Nachts, als er sich gerade seine Füße im Ententeich kühlte und achtsam über seine Zehen wachte, damit sie nicht von einer Ente attackiert wurden.
    »Ach Quatsch, Baxter redet auch nicht unverständlicher als jeder andere von uns«, mischte sich Spermwhale Whalen ein. Dabei sah er aus, als hätte er Roscoe Rules, der Spermwhale sogar noch mehr haßte und fürchtete als kleine Enten, am liebsten pulverisiert.
    »Na, da bin ich aber etwas anderer Meinung«, widersprach Roscoe, gab sich aber Mühe, Spermwhale anzulächeln, während er dies sagte.
    Baxter lag in etwa zehn Meter Entfernung im Dunkeln auf seiner Decke und schüttelte verwundert über die Tatsache den Kopf, daß es selbst hier, in der idyllisch friedlichen und total losgelösten und künstlich geschaffenen Welt der Singstunde, nicht möglich war, ohne Feindseligkeit und Gewalttätigkeit miteinander zu leben.
    »Ich finde es einfach eingebildet und tuntig, so zu sprechen«, quengelte Roscoe Rules weiter, während die anderen Chorknaben tranken oder Ora Lee Tingle den Hof machten oder mit konfiszierten und illegalen Fünfundzwanzig-Zentimeter-Stiletts im Gras Stich-dich-nicht-ins-Fingerchen spielten oder, wie Spermwhale Whalen, kleine Steinchen ins Wasser warfen, um die Kreise zu beobachten und mit Carolina Moon zu schmusen.
    Schließlich richtete Baxter seinen schlanken Körper auf, strich sich sein dichtes dunkelbraunes Haar zurück, das länger war als das aller anderen mit Ausnahme Spencer van Moots – dem der Schichtcommander im übrigen ständig wegen seiner Frisur in den Ohren lag – und sagte: »Wirklich, Roscoe, es liegt mir absolut fern, geschwollen daherreden zu wollen.«
    »Da! Habt ihr's gehört? Schon wieder!« fuhr Roscoe Rules auf und hieb auf den Arm seines Partners Dean Pratt ein, der auf seiner Decke vor sich hin döste. »Siehst du, eben hast du schon wieder gesagt: ›Es liegt mir fern.‹ Scheiße, so was sagt doch kein normaler Mensch. Höchstens Tunten faseln solchen Quatsch, aber kein normaler Mensch.«
    »Ich wollte doch die Kameraden nur fragen …«
    »Da! Schon wieder!« kreischte Roscoe Rules in seinem Suff und stieß Dean in die Seite, um ihn zu wecken. Aber sein Partner wimmerte nur leise im Schlaf vor sich hin. »›Kameraden‹? Hast du je einen anderen Polizisten ›Kameraden‹ sagen hören? Polizisten sagen ›Jungs‹ oder ›Typen‹ oder ›Kerle‹ oder ›Leute‹, aber kein Polizist in der Geschichte der Polizei von Los Angeles hat je ›Kameraden‹ gesagt. Niemand außer dir, Baxter Slate.«
    »Ich habe Baxter bisher noch nie was Tuntiges sagen hören«, meldete sich plötzlich Calvin Potts zu Wort. Der große schwarze Polizist stand dabei direkt hinter Roscoe, der gerade dachte, daß es außer einem Nigger nichts Schlimmeres gab als eine Tunte, und wie er gerade Lust gehabt hätte, Calvin Potts in die Kniekehlen zu treten, seine Nieren zu punktieren und die Milz zu zermatschen wie einen verfaulten Pfirsich.
    »Um Himmels willen, Baxter, jetzt erklär Roscoe schon, was du eigentlich sagen willst. Ich möchte endlich meine Ruhe haben«, ertönte es zwischen den ausladenden Brüsten von Ora Lee Tingle hervor, wo Francis Tanaguchi sie gerade dazu zu überreden versuchte, für ein paar Chorknaben die Beine breit zu machen. Sie trug jetzt nichts mehr als Spermwhales T-Shirt und ihre eigene, knallenge, schwarze Hose, während sie Francis Tanaguchi im Arm hielt und ihm ins Ohr flüsterte, wie schrecklich süß doch Japsen wären.
    »Jetzt hör mal, Roscoe«, sagte Baxter geduldig. »Ich habe doch nur gesagt, daß Polizisten

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