Die Chorknaben
geschlechtsreifen Frauen der Stadt. Wir entwerfen eine Pfeife, die aussieht wie 'n Schwanz, und wo man sie hält, ist sie geformt wie ein Paar Eier mit zwei Dienstabzeichen dran. Und unser Werbeslogan könnte vielleicht lauten: ›Blasen Sie nach Ihrem Kontaktbereichsbeamten.‹«
»Ja, das wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee, Lieutenant!« platzte Francis Tanaguchi heraus.
»Wirklich nicht übel, Spermwhale!« fiel Spencer van Moot ein.
»Ich kenne jemanden, der diese Trillerpfeifen entwerfen könnte!« meldete sich Harold Bloomguard zu Wort.
Lieutenant Finque war zum Heulen zumute. Es war immer das gleiche. Er sprach über irgendeine wichtige Angelegenheit, und am Ende machten sich seine Männer lustig über ihn.
Kontrollbeamter oder nicht, er hätte viel darum gegeben, Spermwhale Whalen einmal ordentlich seine große, zernarbte Nase zu verdengeln. Und er hätte das auch getan, wenn er nicht enormen Respekt vor dem dicken Polizisten gehabt und gewußt hätte, daß dieser ihm den Hals umgedreht hätte.
»Sie sollten sich jetzt besser beeilen, wenn Sie noch rechtzeitig zu Ihrer Verabredung wollen«, erinnerte Sergeant Yanov seinen Vorgesetzten und ersparte ihm damit ein weiteres traumatisches Erlebnis.
Aber bevor Lieutenant Finque endgültig den Raum verließ, sagte er noch: »Eines will ich euch noch sagen. Diese Trillerpfeifen haben auf jeden Fall dazu beigetragen, ein besseres Verhältnis zu den Bürgern zu entwickeln. Wenn ihr also irgendwo in einen Kampf mit einem Verdächtigen verwickelt werden solltet, braucht ihr euch keine Sorgen mehr zu machen. Die Leute werden nicht einfach tatenlos zusehen, wie euch der Schädel eingeschlagen wird!«
»Natürlich nicht; sie werden ihn uns vorher selbst abschneiden und zu einem Schrumpfkopf verarbeiten«, bemerkte Roscoe Rules trocken, während der Lieutenant zitternd die Fliege machte.
Sergeant Yanov gab sich Mühe, die Schußwaffeninspektion erträglich zu gestalten, indem er sich den Lauf von Harold Bloomguards Pistole ansah und bemerkte: »Meine Fresse, Harold, wann haben Sie denn dieses Ding zum letztenmal geputzt? Da drinnen sitzt ja schon so lange eine Spinne, daß sie drei Streifen am Ärmel hat.« Baxter Slate war einer der drei Chorknaben, die einen Collegeabschluß hatten; die anderen beiden waren Sam Niles und Harold Bloomguard. Zwei weitere hatten zumindest verschiedene Seminare besucht, und bis auf Spermwhale Whalen hatte jeder mehr oder weniger Collegeluft geschnuppert. Baxter Slate hatte nicht nur sein Baccalaureat in klassischer Philologie, sondern bereitete sich auch bereits auf ein Universitätsstudium vor, als er in einem plötzlichen Ausbruch des Widerwillens alles hinschmiß und zur Polizei ging. Er war ein ungewöhnlich gutaussehender, siebenundzwanzigjähriger Mann, der jetzt seit fünf Jahren bei der Polizei war. Er lebte allein in einem kleinen Apartment. Er hatte weder Heiratspläne, noch legte er, was seine Beförderung anbelangte, irgendwelchen Ehrgeiz an den Tag. Er erklärte, er arbeite gern als uniformierter Streifenpolizist; auf diese Weise lebte er intensiver, und manchmal habe er das Gefühl, als wäre in einer einzigen Nacht eine ganze Woche oder sogar ein ganzer Monat vergangen. Während zum Beispiel Calvin Potts jedes neue Buch in der Polizeibibliothek las, von dem er dachte, es könnte ihm für die Prüfung zur Beförderung zum Sergeant von Nutzen sein, nahm Baxter Slate kein einziges Buch aus der Polizeibibliothek in die Hand, da sie alle ohne Ausnahme rechtliche und polizeiliche Fragen zum Inhalt hatten. Obwohl Baxter Slate die Arbeit eines Polizisten gern tat, haßte er es, darüber zu lesen. Und obwohl Baxter Slate der Auffassung war, daß seine umfangreiche humanistische Erziehung die größte Geldverschwendung gewesen war, die sich seine Mutter je hatte zuschulden kommen lassen, und daß seine Abschlußurkunde nie auch nur das geringste mehr wert sein würde als das überraschend billige Papier, auf die sie gedruckt war, konnte er dennoch nicht von seinen alten Gewohnheiten lassen. Einfach nur so zum Spaß schlug er sich dann wieder einmal mit Vergil oder Plinius dem Älteren herum, um zu sehen, ob sich ihre Ratschläge auch auf den sinnlichen, autarken, alkoholbestimmten Mikrokosmos der Singstunden anwenden ließen, der für Baxter Slate mehr Sinn hatte als die Welt um sie herum.
Die meisten Chorknaben hatten irgendwann einmal mit Baxter als Partner gearbeitet. Bei der Wilshire-Division war er seit drei
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