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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Slate der erste der zehn Chorknaben wurde, der im Dienst einen Menschen tötete.
    Im Gegensatz zu den gewohnten Darstellungen in Filmen und Romanen bedienen sich Polizisten nur in den seltensten Fällen ihrer Schußwaffen, und selbst Spermwhale Whalen und Spencer van Moot mit ihren neunzehn, beziehungsweise sechzehneinhalb Jahren bei der Polizei hatten im Dienst noch niemanden getötet. Die Fleischwunde, die Spermwhale dem ›Reuigen Vergewaltiger‹ zugefügt hatte, war der einzige Fall gewesen, in dem Spermwhale außerhalb des monatlichen Schießtrainings seinen Revolver abgefeuert hatte, und das, obwohl er an der Niederschlagung des Watts-Aufstandes beteiligt gewesen war. Deshalb wurde es natürlich zum Gesprächsthema Nummer eins während der Singstunde, als Baxter Slate einen Mann tötete.
    An dem betreffenden Abend war einiges los. Zehn Minuten, nachdem sie nach dem Appell um 15 Uhr 45 ihren Dienst antraten, sandten Roscoe Rules und Dean Pratt in der Chesapeake Avenue in der Nähe der Dorsey High-School einen ›Beamte-fordern-Unterstützung-an‹-Ruf aus.
    Auf solch einen Funkspruch hin wendet in der Regel jede Funkstreife reifenquietschend an dem Punkt, an dem sie sich gerade befindet, und so kämpften sich auch jetzt sämtliche Wagen durch den dichten Abendverkehr auf den angegebenen Punkt zu, da die Kollegen vermuteten, Roscoe Rules hätte möglicherweise in der Schule wieder einmal einen mittleren Aufstand verursacht.
    Wie sich herausstellte, war der Urheber des Funkspruchs tatsächlich Roscoe Rules gewesen. Er und Dean waren am Schulgelände vorbeigefahren, damit Roscoe sich in seiner maßgeschneiderten blauen Uniform und dem blitzenden Dienstabzeichen an seiner Brust vor den High-School-Girls etwas in Positur werfen konnte, als sie einen jungen Schwarzen entdeckten, der sich an den Schalensitzen eines Porsche zu schaffen machte, der auf dem Parkplatz für die Lehrer stand. Beim Aussteigen ließ Wasmeinstdu-Dean versehentlich seinen Knüppel fallen, und auf das Geräusch hin sah sich der Dieb um, so daß sein Blick auf die ›Mickymaus-Ohren‹ auf dem Dach des Polizeiautos fiel, wie die Studenten die Blaulichter nennen. Der junge Dieb legte einen Spurt hin, mit dem er mit Sicherheit hundert Meter in 9,9 zurückgelegt hätte und folglich Dean weit hinter sich ließ, während Roscoe über Funk Verstärkung anforderte.
    Auf seiner Flucht rannte der Dieb direkt in die Arme einer hübschen, fünfundzwanzigjährigen weißen Lehrerin für Geschichte namens Pamela Brockington, die den erschöpften Polizisten keuchend hinter dem Jungen herhetzen sah. Sie schob den Burschen ins Innere des Schulgebäudes und machte sich dann vor der Tür breit, als der schlaksige Rotschopf auf sie zuhechelte.
    »Ist der Kerl da rein?« stieß Dean außer Atem hervor. »Ich kenne diesen Jungen, Officer«, hielt ihm Pamela Brockington entgegen. »Was auch immer er angestellt haben mag, ich glaube, wir können die Angelegenheit klären, ohne daß Sie auf dem Schulgelände herumrennen und für eine Menge Aufregung sorgen.«
    »Weg … gehen Sie schon aus dem Weg«, keuchte Dean.
    »Jetzt hören Sie mal; Sie befinden sich liier auf dem Grund und Boden der Erziehungsbehörde.« Die Lehrerin spreizte aufmüpfig ihre Beine, was ihr angesichts ihres engen Rocks jedoch nicht allzu leicht fiel.
    »Wenn Sie ihn kennen, dann ist das Ganze ja weiter kein Problem.« Dean kam allmählich wieder zu Atem. »Dann brauchen Sie uns ja nur seinen Namen zu sagen; dann können wir ihn zu Hause abholen.«
    »Was hat er denn eigentlich angestellt?« Zum erstenmal wirkte die junge Lehrerin etwas verunsichert.
    »Er hat versucht, aus einem weißen Porsche auf dem Parkplatz die Schalensitze zu klauen. Wie heißt der Junge denn?«
    »Oh«, entgegnete die Lehrerin kleinlaut.
    »Ist das Ihr Wagen?«
    »Nein, der von Mister Krump.«
    »Und wie heißt der Junge nun?«
    »Wissen Sie, ich weiß eigentlich seinen Namen gar nicht, aber er treibt sich immer hier nun.« Pamela Brockington trat zur Seite, um Dean den Weg freizugeben. Aber es war bereits zu spät, und der jugendliche Dieb hatte längst durch eine andere Tür das Weite gesucht.
    »Aber er geht doch hier zur Schule, oder nicht? Sie würden doch sein Foto auf dem Schülerbogen erkennen.« Dean nahm seine. Mütze ab und wischte sich den Schweiß von seiner sommersprossigen Stirn.
    »Wissen Sie, ich glaube, er geht eigentlich hier gar nicht zur Schule, aber …« und die junge Frau schien unter Deans

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