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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Mädchen meinte lachend: »Wie viele Mädchen halten Sie denn an, um Ihnen einen Straf zettel zu verpassen, nur weil ihre Haarfarbe zu der des Wagens paßt?«
    »In so einem Fall habe ich noch kein einziges Mal einen Strafzettel verteilt«, ließ Spermwhale weiter seinen Charme sprühen, während Baxter automatisch nach seiner Waffe griff, als ein Mann, dessen Rechte in der Tasche seines Regenmantels steckte, sich von links dem Funkstreifenwagen näherte.
    Die Außentemperatur war an jenem Abend sicher fünfundzwanzig Grad, aber der Mann hatte den Kragen seines braunen Trenchcoat hochgeschlagen. Außerdem trug er einen breitkrempigen schwarzen Hut, wie sie schon seit mindestens zwanzig Jahren aus der Mode waren; allerdings sah man sie seit neuestem wieder des öfteren. Sein rundes Gesicht wirkte ziemlich verdellt, wie ein Klumpen Kitt, den jemand mit der Faust bearbeitet hat.
    Der Mann griff in die Tasche seines Mantels und holte Spielzeughandschellen und eine Plastikbrieftasche daraus hervor. Letztere enthielt einen dieser Scherzpässe, den er ihnen zeigte. »Ich arbeite hier in dieser Gegend. Haben Sie vielleicht ein paar heiße Tips für mich? Irgend jemand, hinter dem Sie her sind? Ich wäre Ihnen gern bei Ihrer Arbeit behilflich.« Baxters Hand entspannte sich über der Waffe; immer noch hinter dem Steuer des Funkstreifenwagens sitzend, sah er zu dem Mann auf, dessen verschwommene, blaue Augen unter der Hutkrempe hervorlugten, wobei ein leicht mongoloider Einschlag unverkennbar war. Von seiner psychischen und emotionalen Entwicklung her schätzte Baxter den Mann auf etwa zehn Jahre.
    Spermwhale wandte sich nur kopfschüttelnd an seinen Partner und sagte: »Du bist wirklich der geborene Blutspender.« Baxter blätterte nämlich sein Notizbuch durch, wo er ein paar Fotos von Kriminellen fand, die längst im Gefängnis saßen. Er überreichte sie dem Trottel, der sein Glück kaum fassen konnte.
    »Du meine Güte, vielen Dank!« sprudelte es aus dem selbsternannten Detektiv heraus. »Ich werde mich gleich auf die Socken machen. Ich werde diese Burschen finden! Darauf können Sie sich verlassen!«
    »Wunderbar. Rufen Sie uns einfach an, wenn Sie sie ausfindig gemacht haben, ja?« Baxter mußte grinsen, als der Mann mit den Fotos davonschlurfte.
    Nachdem es ihm nicht gelang, dem lachenden Mädchen in dem gelben Porsche die Telefonnummer zu entlocken, sah Spermwhale nach ihrem Nummernschild und ließ sich über Funk ihre Adresse durchgeben. Dann beugte er sich aus dem offenen Fenster des Polizeiautos und sagte: »Wissen Sie, daß Sie mich an ein Mädchen erinnern, das ganz in meiner Nähe gewohnt hat, in Hollywood, in der Fountain?« Das Mädchen sah ihn verdutzt an. »Sie haben in der Fountain gewohnt?«
    »Ja«, nickte Spermwhale voller Überzeugungskraft. »Da war so ein Mädchen; sie hat im Sechstausenderblock gewohnt. Ich hab' sie des öfteren aus ihrer Wohnung kommen sehen. Ich habe zwar nie ihre Bekanntschaft gemacht, aber ich habe mich im Lauf der Zeit richtig in sie verliebt. Ich habe sogar mal den Hausmeister nach ihrem Namen gefragt. Sie hieß Norma. Und Sie sehen ihr wirklich verdammt ähnlich.«
    »Ich … aber das muß doch ich sein! Ich heiße Norma!« Und dann bemerkte sie Baxters Grinsen, und sie wurde rot, als sie sagte: »Also, woher wissen Sie das? Ach so, mein Nummernschild. Eine kleine Durchsage über Funk. Klar.«
    »Aber es hätte doch tatsächlich so sein können.« Spermwhales zernarbte, buschige Augenbrauen senkten sich zerknirscht. »Nachdem Sie ja nun schon meinen Namen und meine Adresse wissen, kann ich Ihnen ja auch gleich noch meine Telefonnummer geben«, meinte das Mädchen mit dem kanariengelben Haar, beeindruckt von den Möglichkeiten des Gesetzes und dem guten Aussehen Baxters.
    Während Spermwhale also weiter flirtete, schlürfte Baxter seinen Kaffee und dachte an den Smog während der Dämmerung. Wie blau und sogar purpurn er im Schatten gewesen war. Gift kann sehr reizvoll sein, dachte Baxter Slate.
    In diesem Augenblick bog ein weiterer Streifenwagen in das Drive-in-Restaurant ein und stellte sich an einen der hintersten Plätze. Baxter entschloß sich, Spermwhale mit seiner Blondine alleinzulassen und sich auf einen kurzen Schwatz zu den Insassen des neu angekommenen Wagens zu gesellen.
    Er hatte eben seine Mütze und die Taschenlampe auf dem Fahrersitz zurückgelassen und schlenderte mit seinem Kaffee auf den Funkstreifenwagen zu, als vor seinen Augen das hintere Seitenfenster

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