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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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auf der Beifahrerseite mit einem lauten Knall zersplitterte. Und dann schepperte der vordere Kotflügel von 7- A-77: PONG!
    Calvin Potts brüllte: »WIR WERDEN BESCHOSSEN!« Baxter Slate warf sich zu Boden, während gleichzeitig die Türen des Schwarzweißen aufflogen. Und im nächsten Augenblick krochen auch schon Calvin Potts und Francis Tanaguchi auf ihren Bäuchen mit ihm über den Asphalt, ohne daß irgend jemand, auch nicht Spermwhale Whalen, der gerade einen Blauadrigen hatte, etwas davon gemerkt hätte.
    Dann stellte Spermwhale den Funk leiser, da er ihm zu laut wurde. Und als er dann über den Parkplatz zu den drei auf dem Bauch liegenden Chorknaben hinübersah, flog auch in seinem Wagen plötzlich das Seitenfenster auf der Beifahrerseite heraus, woraufhin Spermwhale schneller aus dem Schwarzweißen war als Lieutenant Grimsley nach der Attacke durch die Enten aus dem MacArthur Park.
    »Hast du den Lichtblitz gesehen?« brüllte Baxter, der sich inzwischen wieder auf die Knie aufgerichtet hatte und hinter seinem Streifenwagen Deckung suchte, während um sie herum alles seinen gewohnten Lauf nahm, als wäre nichts geschehen. Verschiedene Autoradios tönten disharmonisch durcheinander. Teller klirrten, Tabletts klapperten. Menschen schlürften cremige Milchshakes; kauten selig an fettigen Hamburgern; unterhielten sich. Niemand war sich einer Gefahr bewußt. Niemand bemerkte die vier blau uniformierten Männer, die auf dem Bauch über das Gelände krochen. Schließlich beugte sich eine miniberockte Bedienung zu Baxter herab und fragte: »Haben Sie Ihre Kontaktlinsen verloren, oder was ist?« Und dann waren die vier Polizisten mit einem Mal auf den Beinen und rannten auf den Zaun zu, der das Gelände des Drive-in von dem Hinterhof trennte, aus dem die Schüsse gekommen waren.
    Baxter faßte schließlich als erster wieder einen klaren Gedanken und schrie Spermwhale zu: »Shermwhale, fordere über Funk Verstärkung an.« Und dann leuchtete Francis Tanaguchi mit seiner Taschenlampe vorsichtig in das Dunkel und brüllte: »Da liegt eine Knarre im Hinterhof!« Calvin Potts kroch in das Dunkel und verschwand für ein paar Minuten, bis er geduckt wieder zurückgehetzt kam, ein umgebautes 22kalibriges Gewehr im Arm, mit einem Spezialgriff und einem Infrarot-Zielfernrohr. Die Waffe hätte an sich so schnell feuern können, wie man den Abzug drückte, aber was die Polizisten vermutlich gerettet hatte, war der Umstand, daß der Heckenschütze in seiner Aufregung den Abzug verklemmt hatte.
    Als erster schlug Baxter Slate vor, mit den Autos die Gegend abzusuchen, und während Calvin und Francis noch die Glassplitter von ihren Sitzen wischten, raste Baxter bereits davon, daß die Kaffeetassen nur so durch das ganze Gelände flogen.
    Gleichzeitig wurde in der Ferne bereits die Sirene des ersten Einsatzwagens vernehmbar.
    Spermwhale stieg vor der Einfahrt zum Hinterhof des nächsten Wohnblocks aus, während Baxter noch ein Stück weiter fuhr. Er ging davon aus, daß ein Mann, der gerade ein paar Polizisten aus einem Hinterhalt beschossen hatte, ziemlich weit und auch schnell würde laufen können.
    Auf dem St. Andrew's Place sah Baxter Slate dann auch tatsächlich einen dunklen Schatten, der davonrannte. Er stieg aufs Gas, und die nächsten sechzig Sekunden gerannen zu einer bruchstückhaften Folge von Eindrücken, bis er mit quietschenden Bremsen neben der laufenden Gestalt anhielt und mit gezogenem Revolver in das Dunkel hinaussprang. Er wurde von dem, wie sich später herausstellte, unbewaffneten Mann mit lautem, hysterischem Gebrüll empfangen, und dieses eine Mal dachte Baxter Slate nicht erst lange nach. Er folgte einfach seinen Instinkten und leerte das Magazin seiner Waffe in den Körper des Angreifers, wobei drei von sechs Geschossen ihr Ziel erreichten. Eine Kugel durchschlug den vorderen Gehirnlappen und tötete den Mann fast auf der Stelle. Er mußte feststellen, daß im Gegensatz zu der choreographierten Zeitlupengewalt, wie man sie aus dem Kino kennt, die wirkliche Sache rasch und unzusammenhängend vonstatten geht.
    Nachdem er von den Beamten des Morddezernats intensiv verhört worden war und seinen eigenen Bericht geschrieben hatte, stieß ein blasser und angespannter Baxter Slate zu den anderen neun Chorknaben im MacArthur Park und versuchte, sie so gut wie möglich in die einzelnen Details einzuweihen. Das Problem war nur, daß es keine gab.
    Der Name des jungen Mannes war Brian Greene, und zu Baxters Glück

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